Rhein-Pfalz Kreis Fragestunde zum geplanten Supermarkt

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Böhl-Iggelheim. Bekommt Böhl einen Discounter am Ortsrand oder wird es doch noch einen Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte geben? Um diese Frage geht es bei der Bürgerversammlung morgen Abend, 18.30 Uhr, in der Wahagnieshalle.

Der Gemeinderat Böhl-Iggelheim hatte in seiner Sitzung Anfang März über einen Anwohnerantrag entschieden. Das Anliegen der Interessengemeinschaft (IG) Böhl Ost III den Flächennutzungsplan auf einem Gebiet zwischen Weimarer Straße und Landesstraße 528 nicht zu verändern, wurde damals von den Ratsmitgliedern abgewiesen (wir berichteten). Der Discounter Netto möchte dort einen Markt errichten. Der Rat muss noch entscheiden, ob er das will. Bürgermeister Peter Christ (CDU) hatte die Abstimmung über die Planänderung im März vertagt, weil die SPD eine Bürgerversammlung beantragt und die Mehrheit im Gemeinderat dafür gestimmt hatte. Christ möchte das Thema aber erneut auf die Tagesordnung der kommenden Ratssitzung am 20. April setzen. In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern SPD und Grüne im Rat und deren Vorsitzende Pia Möller-Reibsch (SPD) und Joachim Heidinger (Grüne) von der Verwaltung, morgen offene Fragen zu klären: „Können Standortalternativen im Ortszentrum Böhl gefunden werden? Reicht ein kleinflächiger Markt (400 bis 600 Quadratmeter) für die Grundversorgung? Gibt es andere Betreiber, die Interesse an einem Markt in der Ortsmitte haben?“ Die Fraktionen plädieren wie viele Bürger für einen neuen fußläufigen Markt – allerdings im Ortszentrum und nicht an dem von der Planungsfirma Ratisbona vorgeschlagenen Standort am östlichen Ortsrand. Dieser könne von weniger Menschen fußläufig erreicht werden, erklärt Hans-Peter Michels, Sprecher der IG und Vorsitzender des reaktivierten Arbeitskreises Ökologie und Ortsentwicklung. Er sagt: „Zu dem Standort, der im Einzelhandelskonzept als idealer Standort benannt wurde, gibt es noch Alternativen.“ So gäbe es einige leerstehende Gebäude in der Ortsmitte. Und andere Standorte seien im Einzelhandelskonzept mit Verweis auf Lärmbelästigung und Versiegelung von Grünflächen abgelehnt worden. Argumente, die aus Sicht der IG auch auf den nun geplanten Standort zutreffen. Christ hatte dagegen schon bei der Ratssitzung darauf hingewiesen, dass sich bislang kein Interessent für einen Markt in der Ortsmitte gemeldet hätte. Das sei auch immer noch der Stand, erklärt er auf Anfrage. SPD und Grüne plädieren dennoch „im Sinne der Nachhaltigkeit“ für eine solche Lösung. Ein neuer Markt solle ohne Auto erreichbar sein, leerstehende Gebäude genutzt werden, um die Innenentwicklung von Böhl zu fördern, heißt es in der Presseerklärung. Die IG schließt sich an: Sie befürchtet, dass durch den neuen Supermarkt noch mehr Geschäfte aus der Ortsmitte verschwinden könnten. Bei der Versammlung wird Christ den aktuellen Sachstand erläutern, das Ludwigshafener Büro Piske wird sein Einzelhandelskonzept vorstellen. Die IG sowie Befürworter des Marktes, die ebenfalls Unterschriften gesammelt hatten (wir berichteten), werden ihre Sicht erläutern. Auch Netto soll die bisherige Planung vorstellen. Michels und seine Mitstreiter ärgern sich auch deshalb, weil „wir damals von der Gemeinde nicht darüber informiert wurden, dass der Bebauungsplan für unser Gebiet nicht mehr gültig ist“. Zum Hintergrund: Ein offiziell gültiger Bebauungsplan existiert schon seit 1999 nicht mehr für das Gebiet Böhl-Ost III. Damals wurde der Plan unter Bezugnahme auf frühere Urteile des Oberverwaltungsgerichts aufgrund eines Ausfertigungsmangels aufgehoben. Das heißt: Bei Verabschiedung des Bebauungsplans fehlte die entscheidende Unterschrift des Bürgermeisters. Zudem seien die Pläne weder bei der Gemeindeverwaltung noch bei der unteren Baubehörde des Rhein-Pfalz-Kreises vollständig zu finden. Michels schildert das für die IG daraus folgende Problem: Aufgrund des ungültigen Bebauungsplans sei die Gemeinde nicht dazu verpflichtet Böhl-Ost III als reines Wohngebiet anzuerkennen. Bürgermeister Christ sagt dazu: „Es ist allgemeines Wohngebiet, das heißt, es darf auch mal ein Gewerbebetrieb da hin.“ Für reine Wohngebiete würden strengere Lärmschutz- und Emissionsauflagen gelten, sagt Michels. Er forderte daher vom Bürgermeister den Bebauungsplan „zu heilen“, also nachträglich anzuerkennen. Doch der lehnte ab. Denn mit diesem Schritt ginge die Planung so los, als ob Böhl Ost III noch unbebaut sei, erklärt Christ. „Die ganze Planung würde die Gemeinde dann 80.000 bis 90.000 Euro kosten, für nichts“, ergänzt er. Denn der Gemeinderat sei sich darin einig, dass Netto seinen Markt bei Vorliegen eines Bauantrags nur unter Lärmschutz- und Emissionsauflagen bauen dürfe, die auch für ein reines Wohngebiet gelten.

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