Rhein-Pfalz Kreis „Der Friedhof ist ein Saustall“

Otto Weisenbach hat „die Nase voll von dem Dreck“ der Saatkrähen und daher die Initiative ergriffen.
Otto Weisenbach hat »die Nase voll von dem Dreck« der Saatkrähen und daher die Initiative ergriffen.

Abgebrochene Äste, Brachflächen, tote Vogelküken und Kot: Otto Weisenbach, der das Grab seiner Eltern auf dem Lambsheimer Gemeindefriedhof pflegt, ärgert sich über die Situation dort und hat einen Aufruf an die Gemeinde formuliert, um sie zum Handeln zu bewegen. Vier Wochen sammelte er Unterschriften und trug 99 zusammen. Warum sich die Situation zuletzt verschlechterte, erklärt Ortsbürgermeister Herbert Knoll (CDU) auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Einiges könne künftig verändert werden – aber nicht alles.

„Vernachlässigt“ wirke der Friedhof, beschwert sich Otto Weisenbach, der in Lambsheim geboren und erst kürzlich nach Maxdorf gezogen ist. „Das fängt bei der Umfriedungsmauer an, wo das Unkraut ziemlich hoch gewachsen ist, und geht weiter auf den Freiflächen und unbelegten Grabstätten. Ein Teil der Gießkannen ist unbrauchbar. Keine einzige Kanne verfügt über einen Aufsatz für den Ausguss“, schildert Weisenbach in seinem Schreiben an die Gemeinde, begleitet von einer Unterschriftenliste mit 99 Namen. Überall lägen Äste herum, und ständig müsse man Blätter entfernen, ergänzt Weisenbach im Gespräch. Die Toiletten seien dreckig und nicht benutzbar. „Das ist kein Friedhof, sondern ein Saustall“, bemängelt er. Die Anlagen in Nachbardörfern wie Maxdorf und Freinsheim befänden sich in besserem Zustand. Zugespitzt hat sich die Lage in den vergangenen Jahren wegen der Saatkrähenkolonie, die zwischen März und Juni dort brütet, allerdings gesetzlich geschützt ist und nicht vertrieben werden darf – wie mehrfach berichtet. „Das Elterngrab ist direkt unterm Baum. Als meine Frau es sauber gemacht hat, ist ihr ein toter Vogel aus dem Nest ins Genick gefallen. Andere Leute mussten auch schon tote Vögel entfernen. Da bekommt man einen Ekel“, erzählt Otto Weisenbach. „Die Leute sagen: Die Vögel müssen fort.“ Vor allem wegen der Saatkrähen hätten so viele beim Aufruf unterschrieben. Dass der Ortsbürgermeister Herbert Knoll (CDU) versichere, dass ihm in dieser Sache die Hände gebunden seien, will Weisenbach nicht akzeptieren. Er schlägt vor, die Bäume regelmäßig zu schneiden, um Astbruch zu verhindern und die Saatkrähen zu vertreiben. Ältere Angehörige seien damit überfordert, ständig Kot und Kadaver zu entfernen. Alternativ solle die Gemeinde regelmäßig die Gräber säubern, fordert er. Die Gemeinde müsse die Beeinträchtigungen beseitigen, sonst müsse sie einen Teil der Friedhofsgebühr zurückerstatten. Die Platanen so zurückzuschneiden, dass die Krähen nicht mehr brüten können, habe das Verwaltungsgericht Neustadt der Gemeinde untersagt, widerspricht Ortsbürgermeister Knoll. Die RHEINPFALZ hatte tatsächlich über die vielen vergeblichen Versuche des Ortsbürgermeisters und der Verwaltung berichtet. Sie scheitern daran, dass die Saatkrähen geschützt sind und auch nur schwer vergrämt werden können, wie ein Umweltgutachter der Gemeinde aufzeigte. Der letzte Schachzug des Ortsbürgermeisters: Er legte beim Kreisrechtsausschuss Widerspruch ein und plädierte für das Fällen mindestens zweier Platanen. Die Saatkrähen störten die Totenruhe durch den Kot und den Lärm und bedeuteten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, argumentierte er nachdrücklich. Ein Termin für die Verhandlung vorm Kreisrechtsausschuss sei im Sommer angesetzt worden, wurde wegen der Ferienzeit aber verschoben, sagt Knoll. Er hofft auf einen neuen Termin im September. Das Reinigen der Gräber könne die Gemeinde allerdings nicht übernehmen: „Darüber haben wir diskutiert, haben aber nicht das Personal. Eigentlich ist es nicht Aufgabe der Gemeinde.“ Wenn ein Grab unter einem Baum liege, müsse man mit solchen Verschmutzungen rechnen. Der Baumbestand auf dem Friedhof sei jedoch nicht ungepflegt. „Es wird regelmäßig im Spätjahr eine Baumschau gemacht und zurückgeschnitten.“ Allerdings könne es sein, dass mehr Äste durch die Hitze und Trockenheit abgebrochen sind. Dazu kam, dass es im Bauhof in den vergangenen Monaten einen Engpass gab. Ein Mitarbeiter sei wegen einer ernsten Erkrankung ausgefallen, in der Ferienzeit sei der Hof ohnehin schwächer besetzt gewesen, und die übrigen Angestellten hätten sich viel ums Wässern und Mähen kümmern müssen. Das werde sich jetzt verbessern. Ein Mitarbeiter kümmere sich sofort schwerpunktmäßig um den Friedhof – „das ist mir ein großes Anliegen“. Seit einigen Jahren dürfe die Gemeinde allerdings Wildkräuter nicht mehr mit chemischen Mitteln bekämpfen. Überlegt werde, entweder ein Flächenpflegegerät anzuschaffen, um Heißschaum zu verwenden, oder einen Friedhofswärter zu bestellen. Die Kosten ermittele die Verbandsgemeindeverwaltung gerade, sodass die Ortsgremien dann abwägen könnten, was sie unternehmen wollen. Der „verwahrloste Eindruck“ in Lambsheim entstehe auch dadurch, dass viele Grabstellen nicht mehr gepflegt würden oder brach lägen, räumt Knoll ein. Die CDU hatte deswegen im Sommer vergangenen Jahres einen Antrag im Rat gestellt, ein Gesamtkonzept zu erstellen und gezielt die Neubelegung zu planen. Bis dadurch größere Freiflächen entstehen, auf denen ein Rasen angelegt werden kann, dauere es allerdings noch einige Jahre, meint Knoll. Ein leidiges Thema seien allerdings die Gießkannen, sagt Knoll und seufzt. Kaum seien welche angeschafft, fehlten die Aufsätze nach einigen Wochen. Entschieden widerspricht er der Behauptung, dass die Toiletten dreckig seien. „Sie werden jeden Morgen gereinigt“, sagt Knoll. „Es stimmt nicht, dass sie nicht benutzbar sind. Letztens war sogar der Pfarrer drauf, das hab ich bei einer Beerdigung gesehen.“

Die Bürger stört auch das Gesamtbild des Friedhofs: Brachflächen und heruntergefallene Äste.
Die Bürger stört auch das Gesamtbild des Friedhofs: Brachflächen und heruntergefallene Äste.
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