Otterstadt Deichklage: Wie die Parteien vor der Abstimmung argumentiert haben

Darum geht’s: Variante 0 ist die Ertüchtigung des bisherigen Deichs, Variante 1 ist der Deichneubau, den die SGD vorsieht. Gegen
Darum geht’s: Variante 0 ist die Ertüchtigung des bisherigen Deichs, Variante 1 ist der Deichneubau, den die SGD vorsieht. Gegen den wollen nun neun Landwirte weiter klagen. Sie plädieren für Variante 0.

CDU, SPD, BIO-Fraktion, FDP und grüne kommunale Liste nehmen auf RHEINPFALZ-Anfrage Stellung, wie sie zu den Deichneubauplänen stehen und in der Klage-Frage entschieden haben.

„Zweifel an Dringlichkeit und geschlossenes Vorgehen erwünscht“

Die CDU-Fraktion war nach Angaben ihres Vorsitzenden Lothar Ritthaler einstimmig für ein Fortführen der Klage. Er begründete dies damit, dass Rechtsanwalt Thomas Jäger und Christoph Künast mehrere Anhaltspunkte sahen, die bei einem Gerichtsverfahren vorgebracht werden könnten. „Ein geschlossenes Vorgehen von Gemeinde und Bauernschaft wurde dabei als vorteilhaft angesehen“, sagte Ritthaler. Künast hatte die Gemeinde in naturschutzfachlichen Fragen beraten und ausgearbeitet, wie ein Deichausbau an bisheriger Stelle erfolgen könnte. Die CDU überzeugten auch die Aussagen von Vertretern der Landwirtschaftskammer und des Bauern- und Winzerverbands zu zukünftigen Druckwasserverhältnissen beim Deichneubau „mit einer erhöhten Gefahr von Überschwemmungen für Siedlungsbereiche bis zur Speyerer Straße“. Außerdem sagte Ritthaler, dass viele Deiche, gerade auch auf der rechtsrheinischen Seite, auf mehrere Jahre noch nicht auf das vereinbarte Schutzniveau ausgebaut sein werden, und verwies darauf, dass von Fachleuten Zweifel an der Dringlichkeit der Deichertüchtigung geäußert worden seien – „zumal die planende Behörde SGD Süd aus eigenem Anlass das Verfahren seit 2008 beziehungsweise seit 2014 nicht gerade straff führte“.

„Jahrelanges Nichthandeln und jetzt (Zeit)Druck“

Das fraktionslose Ratsmitglied Eckhard Sans (gkL) war auch dafür, weiter zu klagen. Er hält die Ertüchtigung des bestehenden Deichs nach wie vor für die beste Lösung. Er kritisierte das „jahrelange Nichthandeln und die Verschleppung des Verfahrens seitens der SGD Süd“ und führte aus, dass nun „(Zeit)Druck erzeugt wurde, der im Dorf zur Spaltung führte“. Er stimmte für die Klage, weil er wollte, dass „Vernunft die Oberhand behält und er die Hoffnung auf das Gericht gesetzt hatte“. Sans verwies zudem darauf, dass mit der Gefahr einer Überflutung des alten Deichs in 1000 Jahren nur drei bis viermal gerechnet werde.

„Konsequenten Hochwasserschutz rasch umsetzen“

Die SPD-Fraktion stimmte laut ihrer Chefin Bianca Staßen gegen eine Klage. Staßen begründete das mit der Ungewissheit, wie viele Jahre es noch dauern wird, bis das Gericht ein Urteil fällt. Und selbst bei einer Klage sei nicht sicher, ob die bisher gewünschte Deichertüchtigung auf der derzeitigen Linie käme. Zudem würden wieder viele Jahre ohne sicheren Hochwasserschutz ins Land gehen, sagte Staßen. Die SPD-Sprecherin äußerte die Sorge, dass ein ähnliches Szenario wie im Ahrtal möglich sein könnte, beziehungsweise es nicht auszuschließen sei. Aus ihrer Sicht ist ein konsequenter Hochwasserschutz rasch umzusetzen, ohne hohe Klage- beziehungsweise Prozesskosten. „Wer gegen einen zügigen Deichausbau klagen möchte, muss auch bereit sein, die Verantwortung in einem Katastrophenfall zu übernehmen“, sagte Staßen.

„Gemeinwohl über Einzelinteressen“

Die BIO-Fraktion, die sich seit Jahren für einen „sicheren Hochwasserschutz“ einsetzt, hat sich ebenfalls gegen eine Klage ausgesprochen. Dass die Gemeinde nicht weiter klagt, sieht BIO-Fraktionssprecherin Birgid Daum als Erfolg an. „Mit dieser Entscheidung wurde das Gemeinwohl über die Einzelinteressen einiger Landwirte gestellt“, sagte Daum. Sie merkte an, dass für die Gemeinde nun keine Anwalts- und Gerichtskosten mehr entstehen. Die Gemeinde hat für dieses Klageverfahren bislang rund 170.000 Euro ausgegeben. Daum verwies allerdings selbst darauf, dass die Landwirte weiter klagen wollen. Sie teilte dazu mit, dass dadurch „dem legitimen Sicherheitsanspruch von mehreren Hundert Bürgern in Otterstadt, Waldsee, Altrip und dem Binsfeld auf einen schnellen und effektiven Hochwasserschutz ihrer Wohnbebauung, von kritischen gemeindlichen Infrastrukturanlagen (wie Abwasserpumpwerk, zentrale Schalthäuser und Trafostationen für die Stromversorgung) sowie dem Schutz von mehreren Hundert Hektar wertvoller Ackerflächen durch den Aus- und Neubau des Rheinhauptdeiches auf die zwischen den Ländern vereinbarte Höhe dennoch nicht zeitnah entsprochen werden kann“.

„Beide Positionen schlüssig, letztlich für Katastrophenschutz“

Philipp Jaspers, der als Fraktionsloser für die FDP im Gemeinderat sitzt, konnte viele Argumente beider Seiten nachvollziehen. Für ihn sei es am Ende eine schwierige Abwägung zwischen beiden – schlüssigen – Positionen gewesen. „Im Sinne der gesamten Ortsgemeinde Otterstadt stand für mich schlussendlich der Katastrophenschutz im Vordergrund und ich habe daher gegen eine Klage gestimmt“, sagte Jaspers.

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