Rhein-Pfalz Kreis Bürgerinitiativen in der Kritik

Mutterstadt. Jedes Jahr am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, besuchen Abgeordnete des Mainzer Landtags Schulen in ganz Rheinland-Pfalz, um mit jungen Menschen über Politik zu diskutieren und ihnen die Bedeutung demokratischen Engagements näherzubringen. Aus terminlichen Gründen haben sich Hannelore Klamm (SPD) und Johannes Zehfuß (CDU) gestern den Fragen der Schüler der Integrierten Gesamtschule (IGS) in Mutterstadt gestellt.

Rund 20 Schüler der vier zehnten Klassen der IGS hatten sich in der Bibliothek versammelt, um die Politiker und deren Arbeit besser kennenzulernen. Hannelore Klamm war als Vertreterin der SPD gekommen. Die 65-jährige Vizepräsidentin des Landtags wohnt in Mutterstadt und ist seit 1994 Mitglied des Gremiums. Der Landwirt und Christdemokrat Johannes Zehfuß wohnt in Böhl-Iggelheim. Der 56-Jährige war im Gemeinderat aktiv und sitzt seit 2011 im rheinland-pfälzischen Landtag. Das breite Spektrum der Themen, über die die Jugendlichen sprechen wollten, erstreckte sich von erneuerbaren Energien über den Alltag eines Landtagsabgeordneten bis hin zur Asylpolitik der Bundesregierung. Auf die Frage, wie auf Landesebene für mehr Arbeitsplätze gesorgt werden könne, antwortete Klamm: „Die Zahl der Menschen in Rheinland-Pfalz, die keiner Arbeit nachgehen, ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Auch in Sachen Jugendarbeitslosigkeit steht das Land gut da.“ Neue Unternehmensgründungen („Start-Ups“) müssten weiterhin gefördert werden, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Reges Interesse bestand auch am Thema „Erneuerbare Energien“. Darüber, dass der Umstieg im Angesicht des Klimawandels unbedingt nötig sei, herrschte Einigkeit bei den Abgeordneten. Beide kritisierten das Verhalten von Bürgerinitiativen, die zwar für alternative Energiequellen seien, aber keine Windräder oder Biogasanlagen vor der Haustür haben wollten. „Es darf nicht nur über andere geschimpft werden, man muss ich auch an die eigenen Nase fassen“, meinte der CDU-Politiker. „Wer A wie Atomausstieg sagt, der muss auch B wie Baugenehmigung sagen.“ Die Volksvertreter waren sich nicht nur bei diesem Thema einig. Zu einem richtigen Streitgespräch kam es nicht. Beide sprachen sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten aus – ungeachtet der Kosten. „Bis vor 60 Jahren war die Pfalz das Armenhaus Europas. Viele sind ausgewandert, weil es hier nichts zu essen gab und haben in Amerika eine neue Heimat gefunden“, sagte Zehfuß. Schon die Geschichte der Region mache die Aufnahme von notleidenden Menschen aus anderen Ländern zur obersten Bürgerpflicht. Unverständnis zeigten die Schüler für das lange Asylverfahren, das Flüchtlinge in Deutschland durchlaufen müssen. „Das wird auf Bundesebene entschieden. Da können wir leider nicht mitreden“, bedauerte Klamm. Den Schülern der IGS ging es aber nicht nur um aktuelle politische Themen, sondern auch um die Persönlichkeit der beiden Gäste. Ob sie Vorbilder hätten, lautete eine Frage. „Ich habe wegen Willy Brandt angefangen, mich für Politik zu interessieren“, gestand Klamm, während Zehfuß ehrenamtlich auf Gemeindeebene engagierte Menschen als Inspirationsquelle nannte: „Gerade das Ehrenamt macht unsere starke Gesellschaft aus.“ Eine andere Schülerin wollte wissen, welche Eigenschaften jemand haben sollte, der als Politiker tätig werden will. „Er soll etwas für die Gemeinschaft tun wollen und sich für Veränderungen einsetzen“, sagte Klamm. Zehfuß pflichtete ihr bei: „Engagiert muss man sein und über den eigenen Tellerrand hinaus blicken können.“ Den Schülern hat der Austausch mit den beiden Politikern gefallen. „Ich fand die Diskussion sehr informativ“, meinte Laura (15). „Sie sind gut auf unsere Fragen eingegangen und waren lockerer drauf, als ich erwartet hatte.“ Nik (15) schloss sich ihrer Meinung an: „Sie haben einen bodenständigen Eindruck gemacht und alles so erklärt, dass man es auch als Nicht-Politiker verstehen konnte.“

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