Neustadt Speeddating mit Lokalpolitikern: Was Bürger wissen wollten

Alle paar Minuten ein neuer Gesprächspartner: Beim Speeddating konnten Bürger Fragen zu allen möglichen Themen loswerden.
Alle paar Minuten ein neuer Gesprächspartner: Beim Speeddating konnten Bürger Fragen zu allen möglichen Themen loswerden.

Die Resonanz war eher spärlich – aber diejenigen, die am Freitag zum Speeddating mit Lokalpolitikerinnen und -politikern gekommen sind, konnten Fragen zu allem stellen, was ihnen in Neustadt in der nächsten Legislaturperiode wichtig ist. Die Gelegenheit wurde genutzt.

Ein kurzes und unkompliziertes Kennenlernen: Das ist das Prinzip des sogenannten Speeddatings. Am Freitag geht es in der Volkshochschule allerdings nicht ums nächste Herzblatt, sondern um die Kommunalwahl am 9. Juni. Jede Stadtratsfraktion – FWG, SPD, CDU, FDP und Grüne – hat einen eigenen Stehtisch, an dem sie interessierten Bürgern Rede und Antwort stehen. Es wird unter anderem um Mobilität, Hertie-Ruine, die Souveränität der Weindörfer, Sicherheit, Energieversorgung, politisches Engagement, Radwege, digitaler Bürgerservice, Künstliche Intelligenz und Innenstadtentwicklung gehen.

Sechs Bürger sind der Einladung gefolgt. Einer von ihnen ist der 23-jährige Jonas, der sein FSJ in Neustadt leistet und heute spontan vorbeigekommen ist, um „mal mit den Parteien ins Gespräch zu kommen“. Das erste „Date“ hat er am Tisch der FDP mit Anna Hartig. „Es gibt in Neustadt wenig Berufs- und Ausbildungsperspektiven. Viele Junge ziehen weg. Wie könnte man die Stadt attraktiv halten?“, will Jonas wissen. „Das ist kein einfaches Thema“, sagt Hartig und verweist auf den Konflikt mit Anwohnern, wenn mehr Veranstaltungen und Partys in der Innenstadt gefeiert werden. Dennoch setze sich die FDP für längere Öffnungszeiten des Weihnachtsmarkts bis 23 Uhr ein, nennt sie ein Beispiel. Zudem werde der Neubau der Realschule Plus in Böbig vorangebracht, und die Handwerkskammer wolle im Neustadter Osten ein Berufs- und Technologiezentrum. „Das bringt neue Perspektiven“, meint Hartig. Dann bimmelt der Alarm, die Zeit ist um. Auf zum nächsten Stehtisch.

„Stadt für alte Leute“?

Dort fragt der 19-jährige Malte ebenfalls nach Angeboten für die Jungen: „Neustadt hat ja eher den Ruf, eine Stadt für alte Leute zu sein.“ Die CDU-Männer Dirk Herber und Clemens Stahler räumen ein, dass es für 17- bis 25-Jährige nur wenig Freizeitangebote gibt. „Es braucht Mut, sich zu positionieren“, sagt Herber und meint damit zum Beispiel die Auslegung von Lärmschutzrichtlinien bei Festen. „Wir sollten da Spielräume nutzen.“ Als Chance sieht er den DLR Weinbau-Campus in Mußbach. „Den müssen wir so entwickeln, dass er auch Berufe rund um den Weinbau herum einschließt.“ Insgesamt müsse die Infrastruktur für junge Familien da sein. Politik könne aber nicht morgen für Veränderungen sorgen, wirft Clemens Stahler ein. „Ich verstehe auch, dass es in zehn Jahren für Sie zu spät ist.“

Am Nebentisch wird Andreas Böhringer von einem Bürger nach den wichtigsten Themen für die Sozialdemokraten gefragt und kann etliche aufzählen: bezahlbarer Wohnraum, die Ertüchtigung der Schulen und mehr Stadtgrün zum Beispiel. Aber auch abteilungsübergreifende Projekt- und Prozessarbeit in der Verwaltung seien ihm wichtig, ebenso wie die Energiewende, auch wenn „nicht alle damit glücklich sein werden“. Für Böhringer essenziell: „Wenn wir etwas machen wollen, müssen wir es auch finanzieren können.“ Das geht aus seiner Sicht nur über Gewerbeansiedlung und damit höhere Steuereinnahmen. Böhringer wünscht sich, dass Gewerbe- und Baugebiete erst ausgewiesen werden, wenn sie in städtischer Hand liegen. „Bei uns kriegt derjenige das Grundstück, der die meiste Kohle hat.“

Wie mit AfD umgehen?

„Wir wollen die Energiewende und brauchen dafür Windräder“, sagt Elke Kimmle am Tisch der Grünen. Das Problem: In Neustadt gibt es dafür kaum passende Flächen, nur ein Gebiet liegt auf dem Tisch. Die Grünen wollen, dass die strengen Regularien gelockert und Vorrangflächen für Windkraft gemeinsam mit umliegenden Gemeinden ausgewiesen werden, erklärt Rainer Grun-Marquardt zwei jungen Frauen. Die eine stimmt ihm zu: „Die Windräder erfüllen ihren Zweck – schön sind sie aber nicht.“ Ob die Energiewende mit zwei Anlagen gelingen würde? „Das reicht nicht, aber es hilft schon“, antwortet Kimmle.

Wie wird die FWG damit umgehen, wenn die AfD nach den Wahlen in den Stadtrat einziehen sollte? Für Margarete Hoffmann ist im Bürgergespräch klar: „Wir müssen auf ihr Wahlprogramm eingehen und die Partei sachlich stellen.“ Christoph Bachtler ergänzt: „Das Perfide ist, dass wir selbst die Munition liefern, dass sich die AfD in die Opferrolle stellen kann.“ Parteivertreter seien als gewählte Volksvertreter zu behandeln, „aber wir werden kruden Behauptungen im Rat vehement widersprechen“. Interessant werde es ja, so wirft der Bürger ein, wenn eine Entscheidung von AfD-Stimmen abhängt. „Ich hoffe, dass der Ton im Rat nicht entgleist“, sagt Hoffmann.

x