Neustadt Kenntnisse, die Leben retten können ...

Erste Hilfe auf dem Eis: Der Augsburger Eishockey-Profi Christoph Ullmann hatte im März dem schnellen Eingreifen des Düsseldorfe
Erste Hilfe auf dem Eis: Der Augsburger Eishockey-Profi Christoph Ullmann hatte im März dem schnellen Eingreifen des Düsseldorfer Teammediziners Ulf Blecker sein Leben und seine Gesundheit zu verdanken. Ullmann war nach einem Check bewusstlos zusammengebrochen und hatte seine Zunge verschluckt.

«Neustadt/Deidesheim/Weidenthal.» Rückblick: Im Januar 2013 war ein damals 18-jähriger Schüler in Wiesbaden beim Aufwärmen im Sportunterricht zusammengebrochen. Die Sportlehrerin rief den Notarzt. Der traf acht Minuten später ein. In dieser Zeit hat ihn allerdings niemand reanimiert. Wie lange der Schüler noch geatmet hat, ist umstritten. Tatsache ist, dass er seitdem zu 100 Prozent schwerbehindert ist und irreversible Hirnschäden wegen mangelnder Sauerstoffversorgung hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte anschließend in seinem Urteil auf die Erste-Hilfe-Pflicht für Lehrer verwiesen. Doch wie sieht es in den Sportvereinen aus, in denen Übungsleiter ehrenamtlich aktiv sind und nur beim ersten Erlangen ihrer Übungsleiterlizenz einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren müssen? „Wir hatten am 21. März unabhängig vom BGH-Urteil eine Übungsleiter-Zusammenkunft – da ging es um die Ausstattung der Übungsleiter mit einem Notpaket, also mit dem Nötigsten, was für Erste Hilfe gebraucht wird“, erzählt Heinz Ohliger, Vorsitzender des TV Weidenthal. Von 22 Übungsleitern seien 16 dabei gewesen. Thema sei auch eine vereinsinterne Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse gewesen. Ohliger: „Da sind spontan acht Hände hochgegangen – wir müssen jetzt einen Termin finden.“ Beim TuS Haardt gab’s diesen Termin bereits. Vor eineinhalb Jahren haben die Übungsleiter dort ihre Kenntnisse über lebensrettende Maßnahmen erneuert. „Da wir ein sehr aktiver und vielseitiger Verein sind, könnte ich mir vorstellen, dass es nicht bei dem einen Kurs bleibt“, sagt die bisherige TuS-Vorsitzende Andrea Beyer. Besagte Kenntnisse könnten immerhin Leben retten. Bei der TSG Deidesheim „haben wir extra Erste-Hilfe-Kurse bisher nicht angeboten“, informiert TSG-Vorsitzender Holger Leonhard. Er gibt auch zu, „das Problem als solches bislang nicht erkannt zu haben“. Leonhard: „Wir sind davon ausgegangen, dass die Übungsleiter gewappnet sind“, wenn sie ihre Fortbildungen beim Sportbund Pfalz absolvierten, um ihre meist nur drei Jahre lang gültige Übungsleiter-Lizenz zu verlängern. Ähnliches sagt Dieter Hackebeil, Vorsitzender des TV Mußbach: „Ich bin davon ausgegangen, dass die Übungsleiter das Notwendigste wissen.“ Doch sei ihm schon klar, „dass man Dinge, die man gelernt hat, auch wieder vergisst“. Besonders, wenn man sie nur einmal erlerne. Und gerade Erste-Hilfe-Maßnahmen müssten sofort präsent sei, weil man sie ja schließlich in Stresssituationen anwende. Beim TV Mußbach sei nun der Plan, im Spätherbst oder Winter den Übungsleitern eine Auffrischung in Sachen Erster Hilfe anzubieten. Hackebeil: „Bei der Gelegenheit hätte ich auch gerne, dass der Defibrillator mal von der Wand genommen und ausprobiert wird.“ Ein Defibrillator ist eine Maschine, die mit Stromstößen Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern, Kammerflattern, Vorhofflimmern und Vorhofflattern beendet. „Gott sei Dank haben wir den Defi noch nie gebraucht“, betont der Mußbacher. Auch bei der TSG Deidesheim gibt es einen Defibrillator. Leonhard: „Den haben wir vor vier Jahren gekauft und haben damals eine Einweisung erhalten, wie man ihn verwendet.“ Im Sommer 2018 habe es eine Auffrischung für Übungsleiter und Vereinsmitglieder gegeben. „Wir hatten eine gute Resonanz“, erinnert sich der TSG-Vorsitzende. Und jetzt gebe es nicht zuletzt auf Grund des Urteils am Bundesgerichtshof Überlegungen im Verein, den Übungsleitern anzubieten, sich in Erster Hilfe zu verbessern. Wer einen Erste-Hilfe-Kurs zur Auffrischung belege, bekomme diesen nicht für die Verlängerung seiner Übungsleiterlizenz angerechnet, informiert Andreas Eichhorn, Bildungsreferent im Sportbund Pfalz. „Es ist eine generelle Pflicht von jedem Übungsleiter und jedem Bürger, seine Erste-Hilfe-Kenntnisse im Laufe von zwei, drei Jahren aufzufrischen“, betont er. Erste Hilfe zu leisten, sei eine Verpflichtung, die jeden in jeder Lebenssituation betreffe. Er hält es für sinnvoll, dass rührige Vereine ihren Übungsleitern entsprechende Fortbildungen anbieten. Erste-Hilfe-Auffrischungen für die Verlängerung der Lizenzen anzuerkennen, sei in der Umsetzung aber nicht machbar. Eichhorn: „Lizenzen gelten drei, maximal vier Jahre. Innerhalb dieses Zeitraums muss der Übungsleiter mindestens 15 Lerneinheiten in sportartspezifischen Fortbildungen absolviert haben.“ Wenn neun Lerneinheiten für Erste Hilfe anerkannt würden, „müssten wir wohl auf 25 Lerneinheiten für die Lizenzverlängerung erhöhen“.

x