Kreis Südwestpfalz „Bürger werden ausgenommen wie Weihnachtsgänse“

Die Anhebung der Grundsteuer kritisiert Reiner Hohn im Kreisausschuss.
Die Anhebung der Grundsteuer kritisiert Reiner Hohn im Kreisausschuss.

Heftige Kritik im Kreisausschuss am neuen kommunalen Finanzausgleich der „Sozialromantiker in Mainz“

„Wir stehen mit 70- und 80-Jährigen da, pflegen unsere Grünanlagen, um Geld zu sparen“, beschrieb Reiner Hohn (FDP) am Montag im Kreisausschuss die Realität in Hornbach und vielen anderen Kommunen, wenn es um die Gemeindefinanzen geht. Den Menschen mit dem neuen kommunalen Finanzausgleich zu kommen, diese über die Grundsteuer B erheblich zur Kasse zu bitten, könne nicht sein, machte Hohn seinem Ärger über das Reformpaket des Landes Luft, das allein den Landkreis Südwestpfalz voraussichtlich um 2,2 Millionen Euro schlechter stellen wird.

In einer Phase, in der die Grundsteuer grundsätzlich neu ermittelt wird, viele Bürger nicht wissen, woher sie das Geld für die erhöhten Energiekosten nehmen sollen, jetzt noch den Grundsteuerhebesatz von 365 auf 465 Prozent anheben, „da werden unsere Bürger ausgenommen wie eine Weihnachtsgans“, monierte Hohn. Für ihn stelle sich die Frage, welchen Sinn die kommunale Selbstverwaltung noch mache. „Auf der anderen Seite sehe ich dann die Sozialromantiker in Mainz mit dem neuen Kita-Gesetz. Die sollten sich mal mit den Betroffenen vor Ort unterhalten“, schimpfte Hohn. Fakt sei doch, dass viele Kindergärten stundenweise immer wieder geschlossen werden müssten, weil Personal fehlt. „Da stimmt doch was nicht“, so Hohn.

Müller: Umlagegrundlage ist hinterhältig

Die Zahlen, die der Beigeordnete des Landkreistages Jürgen Hesch dem Kreisausschuss präsentierte, brachten nicht nur Hohn, der für seine Ausführungen Beifall von CDU-Ausschusskollege Michael Köhler erhielt, emotional wieder auf die Palme.

In Wahrheit, sagte Ausschussmitglied Christof Müller (FWG) sei dieses neue Konstrukt hinterhältiger, als es auf den ersten Blick erscheine. Die Ortsgemeinden müssten nun bereits Umlagen auf dieser neuen Grundlage bezahlen, und hätten gar keine Chance gehabt, diese Gelder einzunehmen. Verbands- und Kreisumlage werden schon so berechnet, als würde für die Grundsteuer B der Satz von 465 Prozent erhoben. Umlagegrundlage sind das vierte Quartal 2021 und die ersten drei Quartale 2022. „Da wusste noch niemand, wie die Steuerhebesätze auszusehen haben. Das nenne ich hinterhältig“, sagte Müller.

Klagen sind erst ab Herbst 2023 möglich

Den Ärger verstehend, wies Landrätin Susanne Ganster darauf hin, dass sie Hesch eingeladen habe, um die Ausschussmitglieder über die Hintergründe des geplanten Finanzausgleichgesetzes zu informieren, der zum 1. Januar in Kraft treten soll. Solange es nicht beschlossen sei, habe man ein kleines bisschen Hoffnung, dass es nicht ganz so schlimm kommt, wie für den Landkreis prognostiziert, verdeutlichte die Landrätin. Wichtig sei, dass die Ausschussmitglieder wissen, wie sich die Sachlage darstelle, um gegebenenfalls Maßnahmen einleiten zu können. Juristisch vorzugehen, werde frühestens im Herbst 2023 möglich sein, erläuterte die Kämmererin des Landkreises, Elisabeth Hüther. Dann komme der Bescheid des Landes über die Schlüsselzuweisungen. Gegen diesen Bescheid bestehe Widerspruchs- und Klagemöglichkeit.

Ob auch Ortsgemeinden wegen des Grundsteuerhebesatz B (bebaute und bebaubare Flächen) klagen können, wollte Hohn wissen. Grundsätzlich stehe auch einer Ortsgemeinde der Klageweg offen, sagte Hesch.

Kreis will noch einmal das Gespräch suchen

Ganster ließ anklingen, dass der Kreis noch mal das Gespräch mit dem Land suchen wolle, um über eine Härtefallregelung zu reden. Wie vorgegangen wird, entscheidet letztlich der Kreistag. Der Kardinalfehler bei der Reform sei, so Hesch, dass festgestellt worden sei, dass die Finanzierung der Kommunen in Rheinland-Pfalz entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nicht ausreiche. Zudem bedienen sich auch andere aus den Finanzausgleichsmitteln. Zum Beispiel das Land selbst, das etwa 500 Millionen Euro entnimmt, um seinen Anteil an den Kindergartenpersonalkosten zu decken. „Im Grund zahlen die Gemeinden diese Kosten also allein“, resümierte Hesch. Obwohl klar unterfinanziert, werde das bisherige Budget im Grunde nur umverteilt.

Entscheidende Größe im Finanzausgleich sind künftig die Soziallasten, die ein Landkreis trägt – nicht mehr die Einwohnerzahl. Das hat für den Kreis, der wirtschaftlich ordentlich gearbeitet hat, finanziell sehr negative Folgen. Im Grunde, so Ganster, werde man für vernünftiges Handeln bestraft. Auch vom Altschuldenerlass, die Kassenkredite betreffend, profitiert der Kreis nicht. Er hat keine solchen Schulden. Die bestehenden Investitionskredite des Kreises bewegen sich bei 50 Millionen Euro. Vor allem in die Schulen wurde investiert.

Dass einer der strukturbedingt steuerschwächsten Landkreise in Deutschland durch eine solche Reform noch Geld verliere, zeige, dass das System falsch ist, unterstrich Hesch. Für den Kreistag hat die Reform eine konkrete Auswirkung: Im Dezember wird erstmals kein Haushalt verabschiedet, weil die entsprechenden Zahlen noch nicht vorliegen.

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