Kreis Südliche Weinstraße Ein Arzt, der Stimmen untersucht

Er ist promovierter Mediziner und Fraktionsführer der Bündnisgrünen im Kreistag Südliche Weinstraße – und ein kritischer Geist. Kurt Becker (Heuchelheim-Klingen) hat die Wiederwahl des dritten Kreisbeigeordneten Bernd Lauerbach stark, sehr stark beschäftigt. Nicht, weil sein Parteifreund Rainer Wagner mit 19:22 knapp den Kürzeren zog und sich das bürgerliche Lager aus CDU, FWG und FDP einmal mehr durchsetzte, sondern weil er es für schwer vermittelbar hält, dass der Liberale erneut ins Amt gehievt wurde. Seine Kritik macht der Mediziner an mehreren Punkten fest: Erstens habe sich die politische Landschaft derart verändert, dass die FDP nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, nicht einmal mehr im Bundestag vertreten ist und an der Südlichen Weinstraße nur noch auf zwei Sitze kommt. Außerdem gibt Becker zu bedenken, dass der seit Jahrzehnten für die Schulen zuständige Lauerbach trotz seines hohen Bekanntheitsgrades ein desaströses Stimmenergebnis verbuchen musste. Von den 2.079.735 abgegebenen Stimmen für Kreistagskandidaten bekam der Offenbacher gerade einmal 3971. „Das ist von allen Spitzenkandidaten der Parteien und Gruppierungen mit Abstand das schlechteste Ergebnis“, sagt der Grüne und nennt die folgenden Ausbeuten als Beleg: Dietmar Seefeldt (CDU) 25.022, Alexander Schweitzer (SPD) 21.349, Kurt Becker (Grüne) 12.033, Kurt Wagenführer (FWG) 10.701, Eugen Ziegler (Alternative für Deutschland) 8973, Ernst Kuntz (Linke) 4722, doch Bernd Lauerbach nur 3971 Stimmen. Trotz allem werde Lauerbach als Kreisbeigeordneter bestätigt. „Der nicht erkennen will, wenn die Zeit gekommen ist, dass man eine Tür hinter sich schließen sollte – auch wenn es schwer fällt“, haut Becker mächtig auf den Putz. Die kleine FDP gefalle sich einmal mehr in der Rolle, mit den Größeren Bündnisse zu schließen, um selbst an der Macht beteiligt zu sein. Und weiter: „Ist es nicht dreist, wenn der große Wahlverlierer trotz einer so geringen Zustimmung in der Bevölkerung an seinem Stuhl klebt?“ Becker sieht mit so einer Politik den Wählerwillen ad absurdum geführt. Warum er all seine Bedenken nicht aber schon bei der konstituierenden Kreissitzung loswurde und erst jetzt damit herausrückt, das bleibt sein Geheimnis. Vielleicht wollte der Mediziner aber auch nur erst einmal darüber schlafen, bis er mit seiner geharnischten Kritik ans Licht der Öffentlichkeit tritt.

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