Kreis Kaiserslautern „Hoch qualifizierte Marzipankartoffel“

Einen Kulturabend gab es am Samstag im Schwedelbacher Bürgerhaus. Zu Gast war der lyrische Tenor, Hörfunk- und Hörbuchsprecher Hans-Erich Halberstadt. Die musikalische Bühne überließ er seinem alten Weggefährten, dem Meistergitarristen Leon Kappa. Auf Gagen hatten beide verzichtet.

„Ein Umstand, der immer seltener passiert. Jeder will Veranstaltungen, immer schwieriger wird es jedoch, sie zu finanzieren“, meinte Ortsbürgermeister Dieter Hirsch über die Geste. Zur 675-Jahr-Feier soll der Veranstaltungserlös den Kinder- und Seniorenprojekten des Ortes zufließen. Halberstadt schlüpfte in die Rolle des Erzählers. Lesungen über den Tenor Leo Slezak, den Romantiker Carl Michael Bellmann, den spanischen Dichter Federico García Lorca und Eugen Roth waren schon Teile erfolgreicher Programme. „Heiter-skurrile Geschichten des großen Humoristen Loriot“ gab es diesmal. Unweigerlich tauchten dabei die bekannten Bilder aus den TV-Sketchen vor dem geistigen Auge auf. Etwa wenn Hans-Erich Halberstadt im Bürgerhaus damit begann, „Das Frühstücksei“ zu rezitieren. „Garderobe (Wie findest du mein Kleid)?“ war die nächste Kurzgeschichte. Zwischen Fingernagellackieren und Lesen entspinnt sich der drängende Dialog zum „Aufbruch“. Kunst des Ganzen ist es, die im Gedächtnis haftenden Stimmen mit eigenem Ausdruck zu belegen. Das schaffte Halberstadt mit spitz gesetzten Betonungen, Pausen und Fingerzeigen. Klippen der Eintönigkeit umschiffte er, indem er sich den Musiker Leon Kappa an die Seite stellte. Mit spanischen Impressionen, musikalischen Gedankenspielen und heimatlichen Klängen füllte der Improvisationskünstler die Zeit zwischen den Texten. Forscher, schneller, streitlustig, mit allen Facetten einer eigenständig atmenden Musik umspielte der Gitarrist die Erzählungen. Dass Geiger und Trompeter praktisch beide Instrumente spielen können, war einem weiteren Textbeitrag zu entnehmen. „Ich mache nichts … ich sitze hier“ waren Sätze missverständlich angelegter „Feierabend“-Diskussionen. Vom „Fernsehabend“ über die „Steuerermäßigung“, den „Heiratsantrag eines Filmschauspielers“ bis zu den Briefen eines Ehemannes, Astronauten und Beamten reichte das weitere Spektrum. Auch Schritte in die Opernwelt, den Bundestag und nach Bayreuth („Pausengespräch“) sparte Halberstadt nicht aus. Die Essays „Hasch“ und „Der Vampyr“ waren der besonderen Deutungssprache Loriots geschuldet. In satirisch-bizarre Formulierungskunst verpackt waren die „Marzipankartoffeln“ von Reporter Klaus Schmoller („Rein produktionstechnisch besteht zwischen unserem Schützenpanzerwagen MS0872 und einer hoch qualifizierten Marzipankartoffel kein nennenswerter Unterschied. Das ist letzten Endes nur eine Geschmacksfrage.“). Nicht nur zum Abschluss mussten die Besucher im nur zum Teil besetzten Saal herzlich lachen. „Wie dehääm!“ fühlten sie sich bei den vielen Familien- und Kommunikationsgeschichten. Und weil das zweite Halbjahr gerade begonnen hat, gab es als skurrile Zugabe Loriots Adventsgedicht („Es blaut die Nacht“) gleich obendrauf. „Und als das Rehlein ging zur Ruh’, das Häslein tat die Augen zu, erlegte sie direkt von vorn den Gatten über Kimm und Korn.“ Spätestens da sah man die rümpfende Knollennase aus dem Fernseh-Cartoon im Großformat vor sich.

x