Kreis Kaiserslautern „Das sind wir unseren Bürgern schuldig“

Nun ist es amtlich: Der Landkreis Kaiserslautern hat gestern Klage gegen den Landesfinanzausgleich beim Verfassungsgerichtshof (VGH) des Landes in Koblenz eingereicht. „Das Land muss endlich seiner verfassungsmäßig verankerten Pflicht zur angemessenen Finanzausstattung der kommunalen Ebene nachkommen“, fordert Landrat Paul Junker (CDU).

In seiner Sitzung am 3. Februar hatte der Kreistag beschlossen, sich der Klage des Landkreises Südliche Weinstraße gegen das Landesfinanzausgleichsgesetz anzuschließen (wir berichteten). „Das Gesetz befolgt nicht das Urteil des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz, der am 14. Februar 2012 das Land aufgefordert hatte, die Landkreise finanziell so auszustatten, dass sie ihre sozialen Lasten angemessen schultern können“, sagt Junker. 2013 hatte der rheinland-pfälzische Landtag entschieden, dass die Kommunen bei Sozialausgaben mehr unterstützt werden. Diese Reform war nach einem VGH-Urteil notwendig geworden. Die Mittel, die im Haushalt des Landes für die Kommunen daraufhin festgelegt wurden, reichen aber nach Ansicht ihrer Spitzenverbände nicht aus. Der Kreistag Südliche Weinstraße hatte im Dezember auf Antrag der CDU-Fraktion die Verwaltung beauftragt, eine Klage gegen das Gesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs auf den Weg zu bringen. Die SPD-Kreistagsfraktion hatte übrigens an der Abstimmung nicht teilgenommen, die Grünen und Landrätin Theresia Riedmaier (SPD) hatten mit Nein votiert. Auch im Lauterer Kreistag wurde intensiv über eine Klage diskutiert. Gegen die Stimmen von SPD und Grünen beschloss der Kreistag schließlich, sich der Klage der Südpfälzer anzuschließen. Nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände hat das Land lediglich 50 Millionen Euro zusätzlich in den Finanzausgleich eingebracht. Angesichts einer jährlichen Finanzierungslücke in den kommunalen Haushalten von 900 Millionen und einem Bestand an Kassenkrediten von über 1,4 Milliarden Euro allein bei den rheinland-pfälzischen Landkreisen könne dies unmöglich als spürbarer Beitrag zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise angesehen werden, so die Ansicht des Landkreistages. Auch im Landkreis Kaiserslautern sieht es finanziell düster aus. Die Fehlbeträge summieren sich seit dem Jahr 2000 auf über 188 Millionen Euro, wie Junker berichtet. Der Stand der Kassenkredite wird nach der Haushaltsplanung Ende 2014 voraussichtlich 195 Millionen Euro betragen. Das negative Eigenkapital in der Bilanz des Landkreises Kaiserslautern wird bis Ende 2014 voraussichtlich auf 182 Millionen Euro anwachsen. Die Nettobelastung des Landkreises im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe stieg von 2000 bis 2014 laut Junker von 25,19 Millionen pro Jahr auf 53,20 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum stiegen die Schlüsselzuweisungen des Landes von 15,93 Millionen auf 19,65 Millionen. Alleine hier vergrößere sich die Finanzierungslücke von 9,26 Millionen auf 33,55 Millionen, kritisiert der Landrat. Diese „unzureichende Finanzausstattung durch das Land“ könne der Landkreis Kaiserslautern schon seit Jahren nicht mehr durch seine eigenen Ertragsquellen, allen voran die Kreisumlage, ausgleichen. Insbesondere bei der Kreisumlage, mit der die Steuerkraft der kreisangehörigen Kommunen abgeschöpft wird, komme der Landkreis Kaiserslautern an seine Grenzen, so Junker. Das Umlageaufkommen wird 2014 auch konjunkturbedingt einen Höchststand von über 40 Millionen Euro erreichen. Dennoch muss der Kreis auch in 2014 unterm Strich über 14 Millionen mehr ausgeben als er einnimmt. „Die Gesetze verpflichten uns zu diesen Ausgaben – Bund und Land bestellen und wir müssen dafür bezahlen“, klagt der Landrat. Zudem führe jede Anhebung des Umlagesatzes dazu, dass den kreisangehörigen Kommunen Finanzkraft entzogen werde. 2012 wiesen 48 der 59 kreisangehörigen Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden defizitäre Haushaltspläne auf. Junker: „Dies zeigt, dass im Landkreis Kaiserslautern fast die gesamte kommunale Ebene unterfinanziert ist.“ Laut Landesverfassung Rheinland-Pfalz habe das Land den Gemeinden und Gemeindeverbänden auch die zur Erfüllung ihrer eigenen und übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Finanzausgleichs zu sichern, so Junker. Für eigene Aufgaben stünden den meisten Kommunen aber keine Finanzmittel mehr zur Verfügung, da die Einnahmen bereits für die von Bund und Land übertragenen Aufgaben nicht ausreichen. Der Landrat sieht darin einen „fatalen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung“. Gerade die Finanzsituation der kommunalen Ebene im Kreis zeige das „ganze Dilemma des rheinland-pfälzischen Finanzausgleichs“ auf. Zur Klage sagt der Landrat: „Das sind wir unseren Bürgern schuldig, denen wir auch in Zukunft einen lebenswerten Landkreis bieten möchten.“ Hierzu gehören für ihn gut ausgestattete Schulen, Kindergärten, Feuerwehren, eine intakte Infrastruktur oder ein gut funktionierender öffentlicher Personennahverkehr. „Diese Leistungen können wir auf Dauer jedoch nur zuverlässig und zufriedenstellend bieten, wenn uns das Land noch die Luft zum Atmen lässt. Dies gilt in gleicher Weise auch für unsere Gemeinden. Dafür kämpfen wir. Denn wir sitzen alle im gleichen Boot“, so Junker. (ssl)

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