Kreis Germersheim Radwege für Berufspendler: Skepsis und Rückzug

Knapp 40 Kilometer soll der Pendler-Radweg durch den Kreis Germersheim verlaufen.
Knapp 40 Kilometer soll der Pendler-Radweg durch den Kreis Germersheim verlaufen.

Noch im Dezember 2023 heißt es, die Pendler-Radroute von Schifferstadt nach Wörth sei einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Kurze Zeit später steigen zwei Gemeinden aus dem Projekt aus. Wie geht es nun weiter?

Das Projekt für Radpendler sei politisch vom Land initiiert. Aber „wirklich gewollt“ war es im Bereich der Verbandsgemeinde Jockgrim laut Verwaltung „von Anfang an nicht“. Als absehbar war, dass das Ganze auch noch viel teurer wird als gedacht, haben die Jockgrimer die Reißleine gezogen: Sowohl die Orts- als auch die Verbandsgemeinde sind raus aus dem Projekt.

Die oberrheinische Pendler-Radroute (PRR) soll in Worms starten und ohne große Umwege über Speyer durch den Kreis Germersheim bis nach Wörth und Kandel führen. Die schnelle Verbindung soll Menschen – insbesondere Berufspendler – ermuntern, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen. Sie soll überwiegend auf vorhandenen Straßen und Wegen verlaufen und bei hohem Tempo sicher befahrbar sein.

Es sei signalisiert worden, dass die Radfahrer auf der Trasse Vorrang haben sollen, erläutert Jockgrims Verbandsbürgermeister Karl Dieter Wünstel (CDU) auf Nachfrage. Betroffen wäre die stark befahrene L540, die durch Rheinzabern und Jockgrim verläuft. Es sei „nicht nachvollziehbar“, dass der Schnellradweg „mitten durch die Ortschaften“ gehe. Auch die Befürchtung, dass Parkplätze wegfallen, stand im Raum. Fragen, etwa zur Unterordnung des innerörtlichen fließenden Verkehrs, habe der Landesbetrieb Mobilität (LBM) laut Verwaltung bis Jahresende 2023 nicht beantwortet. „Alles in allem“ sei die Pendlerradroute „aus Sicht der Kommune ein eher unglückliches Projekt“, so Wünstel.

Dann sind da noch die Kosten: Der Anteil der VG war nach einer Machbarkeitsstudie im Jahr 2020 auf 17.500 Euro geschätzt worden. Nach der Ausschreibung, also der Einholung von Angeboten, standen 100.000 Euro im Raum – wohlgemerkt nur für Planungsleistungen. „Man hätte mit weiteren Kosten rechnen müssen“, sagt der Bürgermeister. Für die Ortsgemeinde Jockgrim hätten sich die Kosten fast verzehnfacht: Von 7350 auf 71.000 Euro.

Verkehrsbehörde betritt Neuland

„Zum Einen lag vermutlich die Kostenschätzung des LBM zu niedrig“, teilt die Verkehrsbehörde auf Anfrage mit. Die „Art der Leistungen für die Pendlerradroute“ sei auch für den Landesbetrieb „Neuland“. Die Leistungen seien nicht einfach zu beschreiben. Sie bestehen aus „baulichen Maßnahmen mit unterschiedlichen Standards, Maßnahmen teilweise mit Baurechtsbeschaffung und verkehrsrechtlichen Maßnahmen“. Zudem seien die Baupreise in den letzten drei Jahren gestiegen. Bei Firmen, die ein Angebot abgegeben hatten, hätten „Unsicherheiten über den Leistungsumfang, den Abstimmungsbedarf mit Dritten aber auch der vermutete erhöhte Betreuungsaufwand bei den Projektpartnern zu Sicherheitszuschlägen“ geführt. Die Ausschreibung für den Südabschnitt der Route (Rheinzabern bis Wörth) wurde wegen der deutlich höheren Kosten mittlerweile aufgehoben.

Ist das Projekt nun als Ganzes in Gefahr? Dazu macht der Landesbetrieb keine klare Aussage; ebenso wenig wie auf die Frage, wie sich der Ausstieg der Kommunen auf Streckenverlauf und Zeitplan auswirkt. Nur so viel: „Der LBM ist weiterhin bestrebt, das Projekt gemeinschaftlich voranzutreiben. Dazu sollen weitere Abstimmungen sowie Einzelgespräche mit den kommunalen Projektpartnern stattfinden.“ Ansonsten habe sich noch keine weitere Kommune von dem Projekt zurückgezogen. Einige Gemeinden hätten kritische Fragen und noch etliche Punkte seien zu klären, heißt es.

Zwangspause bei anderer Route

Das Land Rheinland-Pfalz plant Pendler-Radrouten in sieben Regionen. Neben der Trasse entlang der Rheinschiene, die letztlich bis Worms führen und eine Anbindung nach Karlsruhe haben soll, ist ein zweiter Radschnellweg in der Südpfalz zwischen Landau und Neustadt geplant. Dieser soll vornehmlich auf Wirtschaftswegen verlaufen. Neustadter Kommunalpolitiker sind wegen der gemeinsamen Nutzung der Wege durch Winzer, Landwirte, Spaziergänger und Radfahrer skeptisch. Das Thema wurde dort im Dezember vertagt.

Die Pendlerradroute zwischen Wörth und Worms soll rund 40 Kilometer durch den Kreis Germersheim führen. Auf den Abschnitt Germersheim bis Wörth entfallen 27 Kilometer, auf den zwischen Wörth und Kandel elf Kilometer. Die Strecke ist planungstechnisch unterteilt: Im Nordabschnitt (Lingenfeld bis Rülzheim) haben die Kommunen den Planungskosten (473.085 Euro gegenüber geschätzten 246.022 Euro) zugestimmt. Die Auftragsvergabe für die Detailplanung auf diesem Abschnitt wertete der LBM im Dezember als wichtigen Schritt.

Die Kostenanteile der Gemeinden: Lingenfeld 88.291 Euro; Germersheim 79.335 Euro; Bellheim 76.092 Euro; Rülzheim: 79.988 Euro. Die Gemeinden können bei dem Projekt laut LBM mit Zuschüssen von bis zu 90 Prozent rechnen. Für die Strecke Schifferstadt–Wörth wurde in der Machbarkeitsstudie (2020) von Gesamtkosten von 13,7 Millionen Euro ausgegangen.

routek
x