Kreis Germersheim Arm oder arm gerechnet? – Streit um Finanzlage des Kreises

Ist das viel oder wenig Geld? – Das scheint auch eine Frage des Blickwinkels zu sein.
Ist das viel oder wenig Geld? – Das scheint auch eine Frage des Blickwinkels zu sein.

Der Versuch der SPD, die Zahlungen der Gemeinden an den Kreis zu senken, ist im Kreistag gescheitert. Beim Blick auf dem Kreishaushalt trennen sich Welten.

Der Kreis weise über die letzten drei Jahre in der Summe einen Überschuss von 7 Millionen Euro aus, obwohl Defizite eingeplant waren. Dieses Geld solle er mit den Gemeinden teilen. Dafür sollen die Zahlungen der Gemeinden an den Kreis entsprechend gesenkt werden. Mit diesem Vorschlag ging die SPD am Montagnachmittag in die Diskussion um den Nachtragshaushalt. Ihr Vorwurf: Das immer wieder behauptete „strukturelle Defizit“ – das Land bürde den Kreisen Aufgaben auf, verweigere aber das nötige Geld – gebe es nicht (die RHEINPFALZ berichtete).

Landrat Fritz Brechtel (CDU) leitet die Debatte mit der Bemerkung ein, dass „jeder Haushalt eine Prognose“ für die nächsten 12 Monate sei. Grundlage sei eine „sorgfältige Schätzung“, die „nach bestem Wissen und Gewissen von langjährigem Personal“ vorgenommen werden. Abweichungen von 1 bis 2 Prozent seien „haushälterisch eine Punktlandung“. Dies bezog er auf den Gesamthaushalt mit einem Umfang von 240 Millionen Euro.

Kleine schwarze Null

Zwar sei es dem Kreis gelungen, im Schnitt der letzten 15 Jahre eine kleine schwarze Null zu schreiben, so Brechtel. Aber dennoch stehe er vor einem Schuldenberg von 123 Millionen Euro. Hätte der Kreis jährlich – wie jetzt von der SPD vorgeschlagen – auf 3,5 Millionen Euro verzichtet, wäre der Schuldenberg 175,5 Millionen Euro hoch.

Brechtel kritisierte die RHEINPFALZ dafür, dass sie über den Vorschlag der SPD ohne vorherige Rücksprache mit der Kreisverwaltung berichtet hatte. „Hätten sie vorher mich gefragt“, sagte Brechtel mit Blick auf die seiner Meinung nach falsche Argumentation der SPD.

Abschließend hob Brechtel darauf ab, dass rund 1,8 der quasi zurückgeforderten 3,5 Millionen Euro an die Stadt Wörth gehen würden – wohl mit Blick darauf, dass der SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Dennis Nitsche, der den Antrag für seine Fraktion einreichte, Bürgermeister der Stadt Wörth ist.

Streit um „strukturelles Defizit“

Nitsche blieb bei der Auffassung, dass es das von der Kreisverwaltung behauptete „strukturelle Defizit“ nicht gebe. Im Gegensatz zum Kreis hätten die Kommunen in den vergangenen Jahren reihenweise finanziell Federn gelassen und dennoch angesichts der behaupteten Haushaltsmisere versucht, den Kreis zu unterstützen. Für die Opposition sei es schwierig, an die Zahlen zu kommen. Für die Tabelle mit den Haushaltsergebnissen 2019 bis 2021 habe die SPD vier Mal anfragen müssen, so Nitsche.

„Sie waren bei allen Sitzungen dabei und haben in der Regel auch die Rechnungsprüfung mit beschlossen“, konterte CDU-Sprecher Martin Brandl. Ansonsten werde auch der nächste Haushalt wieder ein strukturelles Defizit aufweisen.

„Ich würde Strafantrag stellen“

„Ich würde einen Strafantrag stellen“, sagte Reiner Hör (FWG). Damit nahm er den Kreis-Kämmerer Martin Schnerch in den Blick. Denn die Argumentation der SPD würde unterstellen, dass die Kreishaushalte nicht nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Grundsatz der Haushaltswahrheit aufgestellt worden seien. Hör erlebte deshalb am Montag nach eigenem Bekunden den „schwärzesten Tag“ seiner kommunalpolitischen Karriere.

Ein „Sternstunde der Demokratie“ sah dagegen Andreas Wondra (AFD): „Es gibt unterschiedliche Interessen, es geht darum, dass wir um Budgets kämpfen.“

Für den Antrag der SPD votierten nur ihre Fraktionsmitglieder, alle anderen Kreistagsmitglieder waren dagegen. Die Abstimmung über den Nachtragshaushalt erfolgte dann ohne weitere Diskussion. Nur SPD und AfD stimmten dagegen, der parteilose Matthias Joa enthielt sich. Damit war der Haushalt mit großer Mehrheit angenommen.

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