Kreis Bad Duerkheim Die Macht der Bilder

In der Zeitung war unlängst zu lesen von einem jungen Dürkheimer Bundestagsabgeordneten, der ein achtminütiges Rededebüt im Deutschen Bundestag gehalten hat. Man sieht die Bundestagsrede eines jungen Abgeordneten, der noch eher in den hinteren Bänken sitzen muss, kaum im Fernsehen. Zu sehen ist er aber auf „Youtube“, einer Internetplattform, man sieht ihn, aber auch ein Ausschnitt zeigt den Plenarsaal. Unschwer dort zu erkennen: Von 631 Abgeordneten waren knapp 30 anwesend – ohne solche Bilder hätte man dies nicht erfahren. Apropos Ausschnitt. Man kann Angela Merkel viel vorhalten, wohl kaum, dass sie in Bezug auf Mode besonders eitel wäre. Dennoch erzielte sie Aufsehen mit einem Auftritt, als der Bildreporter sie „von oben“ in einem Abendkleid fotografierte. Er zeigte wenig Respekt, Angela Merkel dafür mehr von ihrem Ausschnitt als sie vielleicht darstellen wollte, wenn man sie denn gefragt hätte. Auch eine Kanzlerin macht mal einen „Bückling“. Die Bilder kann man „googeln“. Sie sind eher harmlos, andere nicht. Lange her: Von der Beerdigung des ehemaligen jugoslawische Staatspräsidenten Tito gibt es eine Nahaufnahme seiner Witwe im Moment tiefster Trauer: Ein Kritiker nannte dies in einer bundesweit verbreiteten Zeitschrift „obszön“. Inzwischen verstehe ich, was er damit meinte. Selbst in intimsten Augenblicken ist niemand vor Gaffern sicher. Von der Macht und Wirkung der Bilder gibt es täglich neue und eindeutige Beispiele, zumal in Zeiten der „laufenden Bilder“, der mobilen TV-Stationen, I-Phones et cetera. Bilder, die mehr sagen als „tausend Worte“, kennt nicht nur die Werbung. Kommt Bildung von Bild? Aus der Bilderwerkstatt Lukas Cranachs d. J., vor 500 Jahren geboren, kamen Bilder, ohne die die Reformation kaum diese Verbreitung gefunden hätte. „Reformation und Bild“ wird aus Anlass dieses Geburtstages das Jahr 2015 genannt, auf dem Weg in das Jahr 2017, den 500. Thesenanschlag Luthers. Sollen Bilder Argumente ersetzen? Die ersten Berichte mit Bildern kamen von amtlich beauftragten Kriegsberichterstattern – nicht ohne Absicht: „Wer die Bilder beherrscht, beherrscht auch die Köpfe“. Können Bilder Argumente ersetzen? Den ehemaligen Laacher Benediktinerpater und emeritierten Religionspädagogen Fulbert Steffensky beeindruckte jedwede Bilderskepsis, er nennt das Bilderverbot der Bibel „einen Freiheitstext der Weltgeschichte“. „Das Bild lehrt lügen“, warnt der Prophet Habakuk in der hebräischen Bibel. Was er (noch) nicht sehen konnte: Wie Bilder mit „Wahrheit und Lüge“ heute umgehen, und dass Bilder/Fotos/Videosequenzen sich ab dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung fernab jeder Kontrolle weiterverbreiten können Übrigens: Ich freue ich mich über das Bild, in dem meine Enkelin mir zulächelt, auch wenn sie nicht mir gegenüber sitzt. Ich freue mich über Bilder von Landschaften und Begegnungen. Ich freue mich, wenn niemand durch ein Bild verletzt, gekränkt oder bloßgestellt wird. Karikaturen in meiner Tageszeitung finde ich dennoch meist anregend und inspirierend. Aber: Was immer Bilder auch sagen, erhellen, verständlich machen, sie können keine Argumente und kein Nach-Denken über das Gezeigte ersetzen. Sind wir machtlos gegen die Macht der Bilder? Hoffentlich nicht! Nehmen wir sie, sofern sie anstößig sind, als Anstoß zum Nachdenken und Gespräch. (Archivfoto: privat)

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