Donnersbergkreis Mit Feuer und Perfektion

Überzeugend: Gerrit Zitterbart am Hammerklavier und Gunhild Hoelscher an der Violine.
Überzeugend: Gerrit Zitterbart am Hammerklavier und Gunhild Hoelscher an der Violine.

«HARXHEIM.» Ein Meisterkonzert: Gunhild Hoelscher, Violine, und Gerrit Zitterbart, Klavier, traten mit Schubert, Mozart und Beethoven im Harxheimer Weingut Janson Bernhard auf, im Kreuzgewölbe des ehemaligen Kuhstalls. Die intime Atmosphäre des zeitlosen Raums – in der Pfalz nicht eben selten – und vor allem die ideale Akustik sind wie geschaffen für Kammermusik. Beide Künstler sind renommierte Solisten und Dozenten mit internationaler Konzerttätigkeit und seit mehr als 40 Jahren Duo-Partner.

Etwas gewöhnungsbedürftig für konzertflügelverwöhnte Ohren wirkt zunächst die historische Aufführungspraxis mit einem Hammerklavier aus der Ära der Wiener Klassik, in diesem Fall der Nachbau eines um 1800 von Anton Walter entwickelten Instruments in edlem Nussbaumgehäuse, dessen Saiten mit Lederhämmerchen angeschlagen werden. Im Vergleich zum späteren „Pianoforte“ bleibt die Dynamik eingeschränkt, und es gibt auch noch kein Pedal – die Balance zur Geige ist damit eine ganz andere. Hoelschers Violine, eine Cappa (kleiner Meister aus der Stradivarizeit) betört mit ihrer fabelhaft sonoren Ausstrahlung und einzigartig warmen Tönung. Und im Verlauf des Konzerts wurde die seinerzeitige Klangfärbung mit jedem Stück interessanter und nachvollziehbarer. In Ermangelung eines gedruckten Programms führte Zitterbart in die Werke und ihr musikalisches Umfeld ein. Zu Beginn der junge Franz Schubert (1797-1828) mit der viersätzigen Duo-Sonatine in g-Moll D 408 – noch ganz vom großen Vorbild Mozart beeinflusst. Der Kopfsatz, „Allegro giusto“, sprüht vor Charme, das folgende, „mozärtliche“ Andante-Thema wird ein Ohrwurm. Die Geige singt, steigert sich immer voluminöser, sinnlicher - und die Künstlerin besticht dabei nicht zuletzt mit ihrem wunderbaren Vibrato. Der Pianist – auffallend feiner, dabei klar beherzter Anschlag, leichtfüßig – begegnet ihr auf gleicher Ebene. Beide musizieren spielfreudig, temperament- und lustvoll, vital. Sie beflügeln einander, verschmelzen, schwelgen im Melodienreichtum und in klangfarbigen Überraschungen. Besonders reizvoll: das „Menuett“ mit dem Triosatz, der ganz der emphatischen Geige gehört. Dem jungen Schubert folgt der reife W. A. Mozart (1756-1791) mit der Sonata in Es-Dur KV 481, entstanden 1785 in den Wiener Jahren. Der Spaß, die schiere Freude an dieser so filigran-kunstvoll komponierten wie transparenten und leicht verständlichen Musik schlägt sich bildhaft in Hoelschers Mienenspiel nieder. Heitere bis übermütige Konzertanz, perlende Klavierläufe zur Untermalung – bis sich dramatische Ambivalenz andeutet. Ein typischer Mozart eben, zwischen Tragik und genialer Leichtfertigkeit. Die Fortissimo-Akkorde im Klavierbass werden barsch, der Diskant klingt in den düsteren Passagen gläsern und abweisend. Das ausdrucksvolle, ernste „Andante“ fesselt mit seiner tief angelegten Gesanglichkeit, die Finale-Variationen über ein schlichtes Thema führen eine schillernde Bandbreite unbeschwerten Musikantentums auf, gespielt mit Feuer und Perfektion. Ludwig van Beethoven (1770-1827) betritt eine neue Klangwelt, kreiert einen deutlich massiveren und kompakteren Klavierstil, der bald Epoche macht und immer spannendere Dialoge aufwirft. Seine Sonate in c-Moll op. 30 Nr. 2 wurde zum aufwühlenden Höhepunkt des Duo-Konzerts. Düster und schroff poltert der Einsatz, das eruptive, packende Kopfmotiv („Allegro con brio“) klingt unerbittlich und ausweglos, ja schicksalhaft. Es entsteht eine leidenschaftliche Auseinandersetzung, die Stimmen streiten und wachsen an- und miteinander. Das Hammerklavier läuft jetzt zu ungeahnter Fülle auf. Brüche zwischen vehementer Wut und tiefem Schmerz, dazwischen Lichtblicke und hoffnungsvolle Passagen, bewundernswert unparfümiert und feinfühlig ausgeführt, und später ein fast übermütig tänzerisches „Scherzo“ berühren bis zu Gänsehauteffekten. Der fulminante Finalsatz („Presto“) wird vom Publikum mit Bravo-Rufen und stürmischem Beifall bedankt. Zugabe ist das zauberhafte „Andante“ aus Schuberts 1. Sonate in D-Dur D 384 – es sollte noch lange nachklingen.

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