Kaiserslautern Mondrian? Passt gerade nicht so!

Wer die Uffizien besucht, der möchte die Schöne in der Muschel sehen. Botticellis „Geburt der Venus“ gehört zum Pflichtprogramm eines Florenz-Besuchs. Ähnlich verhält es sich mit Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ im Louvre, Rembrandts „Nachtwache“ im Amsterdamer Rijksmuseum oder der Nofretete auf der Berliner Museumsinsel. Sind solche Meisterwerke einmal nicht zu sehen, weil sie restauriert oder die Museumsräume umgebaut werden, ist die Enttäuschung groß. Jedes Museum, das über eine ordentliche Kunstsammlung verfügt, hat solche Werke, es sind die Ikonen der Sammlung, Werbeträger, Marketinginstrument und wichtiger Grund für den Kauf einer Eintrittskarte. Das Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen hat vor allem mit der Sammlung seines Namensgebers einige dieser millionenteuren Hochkaräter der Kunstgeschichte erhalten. Lange Zeit bildeten diese das unerschütterliche Fundament der Sammlungspräsentation, bei Reinhard Spieler mussten sie sich in wechselnden Konstellationen der Konkurrenz aus dem Depot erwehren, was ihnen stets souverän gelang. Unter dem neuen Museumsleiter René Zechlin wurden sie jetzt bis auf eine klägliche Nachhut ins klimatisierte Lager verbannt. Bis Ende des Jahres soll es also für die Besucher, denen das Hack-Museum vielleicht noch als wichtiger Standort der Avantgarde-Kunst der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts erinnerlich ist, keinen Mondrian geben und keinen Picasso. Miro und Chagall sucht man ebenfalls vergebens, ebenso Beckmann, Max Ernst, Herbin, Heckel, Macke. Kirchners „Urteil des Paris“ ist gerade nach Mannheim ausgeliehen, hätte vermutlich aber auch kein Wohlwollen gefunden. Und die beiden Bilder von Kandinsky und Malewitsch, die – wie berichtet – von Ludwigshafen in die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen kommen, werden auch nicht mehr lange in dieser Sammlungspräsentation zu sehen sein. Die Verlustliste ist lang. Aber warum macht ein Museum so etwas, warum versteckt man die Schlüsselwerke der Sammlung und zeigt stattdessen weit weniger Bekanntes und Wertiges? Alles zeigen, was es besitzt, das kann natürlich auch das Hack-Museum mit seiner einschließlich Grafik rund 10.000 Werke umfassenden Sammlung nicht. Zechlins Vorgänger hat dies zu Beginn seiner Amtszeit einmal gemacht und dafür das ganze Haus leer geräumt. Die Aktion war ein gelungener Werbegag für den Neuanfang, mehr nicht. Schließlich will man ja nicht bloß die Sammlung präsentieren, sondern in wechselnden Ausstellungen immer wieder neue Kunst und neue Themen ins Museum holen. Weil die Mittel für diese aktuellen Ausstellungsprojekte aber immer knapper werden, die Zahl der Ausstellungen damit auch (im Hack-Museum sind es noch vier pro Jahr), soll der Sammlungsbereich zusätzliches Besucherinteresse wecken. Man holt also Unbekanntes, Neues oder lange nicht Gezeigtes aus den Tiefen des Depots, gruppiert die altbekannten Stars neu, und tut dies nicht nur alle Jubeljahre einmal, sondern in immer kürzeren Abständen. Da dürfen sich Kuratoren spannende Themen ausdenken und die Werke statt in langweiliger kunstgeschichtlicher Chronologie in immer neuen Konstellationen inszenieren. Das machen inzwischen viele Museen so, aber dass dabei fast alle Preziosen der Sammlung aussortiert werden, kommt dann doch eher selten vor. „Material und Möglichkeit“ lautet der Titel der neuen Ludwigshafener Sammlungspräsentation, das zielt natürlich eher auf künstlerische Entwicklungen nach 1945 und nicht auf russische Konstruktivisten, französische Kubisten oder deutsche Expressionisten. Immerhin durfte die Mittelalter-Abteilung bleiben und bietet unter dem Unterthema „Gold“ auch noch Bildern von Erich Buchholz, Otto Freundlich und Robert Delaunay ein halbherziges Exil. Mondrian hätte mal mit Gold malen sollen.

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