Kaiserslautern Mit Stolz geschwellter Brust

Jean Sibelius, hierzulande im Schatten seines Zeitgenossen Richard Strauss, wurde am Donnerstag zu seinem 150. Geburtstag von drei aufstrebenden Künstlern im Theodor-Zink-Museum ein Liederabend gewidmet.

Wie das aufwändig erstellte und akribisch eingeübte Konzertprogramm verdeutlichte, bestand zwischen dem finnischen Komponisten Sibelius und dem nur ein Jahr älteren Strauss ein Spannungsverhältnis. Die Vortragsfolge stellte vor allem die gemeinsame spätromantische Tonsprache bei Liedern im Volkston heraus. Wie erlesene Prädikatsweine reifen Interpreten mit den Jahren. Gilt dies mehr oder weniger auch für Instrumentalisten, dann aber in besonderem Maß für Vokalisten – weil sich deren „Instrument“, die Stimme, verändert. Der beim hiesigen Pfalztheaterchor engagierte niederländische Bariton Ralph Jaarsma gehört offenbar zu jenen Sängern, die auch nach ersten Bühnen- und Konzerterfahrungen sowie Festanstellungen unermüdlich weiter an ihrer stimmlichen Substanz arbeiten, bei namhaften Gesangspädagogen Anregungen suchen und im Vergleich zu früheren Liederabenden enorme gesangstechnische, stimmliche und stilistische Fortschritte erkennen lassen. Bei ausgewählten Liedern von Sibelius und Strauss strömte eine klare, voluminöse und strahlende Stimme voller Energie, mit schwärmerischem Pathos, aus seiner stolzgeschwellten Brust: Im Überzeugungston gereifter Tonsprache deutete dieser Bariton alle textlichen und analog musikalischen Stimmungsbilder differenziert und in sich schlüssig aus. Dabei machte immer wieder die Leichtigkeit der Stimmgebung ohne jegliches Forcieren und Nachsetzen staunen. Über 150 Lieder – viele für seine in Liederabenden auftretende Frau – komponierte Strauss, und die elegant fließende Vertonung etwa beim beseelten Ständchen oder bei zelebrierten Nocturnes (Nachtmusik) weisen ihn als bedeutenden Liedkomponisten aus. Die Lieder von Sibelius erreichen nicht ganz diese Wirkung, wobei die Texte in der Originalsprache ohnehin etwas heikler sind. Die Sopranistin Neungmi Lee aus Südkorea hatte nach dortigen Studien hierzulande mit Christoph Prégardien von der Hochschule Köln einen prominenten Lehrer, der wiederholt in der Fruchthalle erfolgreich konzertierte. Sie ließ vordergründig auch mit stimmlicher Hochbegabung, großer Leuchtkraft und sprühender Vitalität aufhorchen. Was bei Jaarsma hinsichtlich Vibrato und Messa di Voce (Schwelltöne) im Dienst der Aussage steht, neigt bei der Sopranistin zu opernhafter Drastik und etwas zur Selbstdarstellung. So etwa beim Strauss-Lied „Ich schwebe“ mit einigen Übertreibungen dieser Art. Anderseits gelangen ihr wieder bei verinnerlichten Liedern, etwa beim „Wiegenlied“, feinste Nuancen. Liedbegleiter packt oft am weit geöffneten Konzertflügel der konzertante Ehrgeiz. Nicht so der ebenfalls aus Südkorea stammende Pianist Younggeun Yoon, der wohltuend im dezenten Klanghintergrund verweilte, durch die feinsten Differenzierungen leise Zwischentöne entdeckte und von den Gesangssolisten einforderte. Selbst bei den ausgewählten Miniaturen der ebenfalls unbekannteren Klavierliteratur von Sibelius entging er der Gefahr der Selbstdarstellung: Charakterstücke wie Valse und Capriccio zeigten ein analytisches Aufschlüsseln thematischer Substanz bis in feinste motivische Aufspaltungen und figurative Umspielungen.

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