Kaiserslautern Lust geweckt auf Brand und Katastrophe

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Der Bizet-Oper „Die Perlenfischer“ gebührt besondere Beachtung. Am Samstag, 4. Februar, um 19.30 Uhr feiert die Aufführung in französischer Sprache nach Text von Michel Carré und Eugène Cormon am Pfalztheater Premiere. Dass es sich dabei um etwas Außergewöhnliches handelt, war schon bei der Einführungsmatinee am Sonntag zu spüren.

Bis auf den letzten Platz dicht besetzt waren die Reihen, als bei der Matinee Musikdramaturg Elias Glatzle als Moderator und Referent in einer Gesprächsrunde in das Werk einführte. Mozart, Weber und Wagner hierzulande, die Italiener Rossini, Donizetti oder Verdi und Puccini: Diese bilden das Kernrepertoire der Opernhäuser wesentlich mit. Die französische Traditionslinie mit Massenet oder Delibes ist trotz der Verbundenheit mit dem Nachbarland allerdings auch beim Pfalztheater unterbelichtet. Selbst die Spielzeit 2014/15 mit dem europäisch gestimmten Spielplanmotto brachte mit Verdis „Rigoletto“ wieder einen Klassiker aus der „Wiege der Oper“. Der Opernpremiere am 4. Februar kommt daher dank der Aufführung der Bizet-Oper besondere Bedeutung zu. Elias Glatzle brachte bei der Matinee in einem biografischen Abriss den Werdegang des Komponisten Bizet in Einklang mit dessen Opern. Glatzles fundierte und lebendig vermittelte Einführung zur Werk- und Entstehungs- sowie Rezeptionsgeschichte und Gattungscharakteristik war in der gebotenen Kürze und Prägnanz gehalten, sich nicht im Detail verlierend. Demnach handelt es sich um ein Beziehungsdrama, wobei Perlen Tränen assoziieren, wenn zwei Freunde trotz Schwur auf ewige Verbundenheit sich in dieselbe Frau verlieben. Wenn die noch eine Tempelpriesterin ist, die ein (Keuschheits-) Gelübde abgelegt hat – dann ist dies ein Stoff, der zu dramatischen Ereignissen führen muss. Im Pfalztheater – so viel darf verraten werden – sind die Ereignisse mit einem echten Brand und einer Hinrichtung spektakulär. Wobei sich hier verschiedene Themenkreise verquicken lassen: Der Bruch von Schwur und Gelöbnis als Auslöser der Katastrophe führt aber letztlich zum überdauernden Freundschaftsbekenntnis des Perlenfischers Zurga zu den beiden Liebenden. Zurga rettet dem Paar das Leben, wird er doch an beider statt hingerichtet. Verzicht und Entsagung ist schon bei Wagners „Meistersingern“ ein wesentliches Thema. Wie in der späteren Oper „Carmen“ von 1875 bringt Bizet auch in den 1863 uraufgeführten „Perlenfischern“ mit der Tempelpriesterin Leila eine tragische Frauenrolle auf die Bühne. Die Inszenierung von Pfalztheater-Intendant Urs Häberli belässt den Handlungsrahmen dem Exotismus und Orientalismus des 19. Jahrhunderts entsprechend an der Küste des früheren Ceylon – heute Sri Lanka. Allerdings verlegt Häberli die Handlung in die Gegenwart, was mit der in der Inszenierung angedeuteten und in der Matinee dargestellten Problematik von unterbezahlten Textilproduktionen dort eine neue Dimension erhält. Begründet wird das damit, dass trotz des Titels das Fischen von Perlen inhaltlich keine Rolle spiele, so die Quintessenz der Ausführungen, und daher der heutige wirtschaftliche und gesellschaftliche Hintergrund entscheidender sei. Die aktuelle Produktion basiert auf der bereits 2013 von Urs Häberli inszenierten Aufführung am Tiroler Landestheater Innsbruck. Gleichwohl bietet das Pfalztheater wegen unterschiedlicher Bühnenverhältnisse eine neue Ausstattung und somit eine neue interpretatorische Auseinandersetzung, wie Bühnenbildner Thomas Dörfler erläutert. Der Ausstattungsleiter selbst, Kostümbildner Michael Zimmermann sowie drei der Hauptdarsteller hatten bereits vor knapp vier Jahren an der Inszenierung von Intendant Häberli in Innsbruck mitgewirkt. Dagegen fand Gastdirigent Samuel Hogarth in der Partitur mit Blick auf die Orchestrierung (Erweiterung des Schlagwerks etwa) Analogien zum Exotismus in der klassischen Musik, der schon bei Mozarts „Entführung“ zum Einfließen orientalischer Idiome führte. Neben diskutierten Analogien zu Wagners Leitmotivtechnik fand der am Klavier wie auch rhetorisch einen besten Eindruck hinterlassende Brite aber auch Parallelen zu Verdis Chromatik, wie er an einem Ausschnitt aus „Rigoletto“ demonstrierte. Insgesamt war diese Matinee eine Veranstaltung, die inhaltlich und musikalisch gut zur Premiere hinführte.

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