Kaiserslautern Jungforscherteam der TU Kaiserslautern will Medikamentenrückstände im Abwasser abbauen

Ist genetisch recht leicht zu verändern: die Alge Chlamydomonas reinhardtii.
Ist genetisch recht leicht zu verändern: die Alge Chlamydomonas reinhardtii.

Mikroplastik ist für Gewässer ein zunehmendes Problem. Aber auch Arzneimittel – etwa schmerzstillende Medikamente – können Rückstände im Abwasser hinterlassen und so die Umwelt beeinflussen. Noch sind entsprechende Reinigungsverfahren in Kläranlagen aufwendig und teuer: Eine Forschergruppe an der Technischen Universität Kaiserslautern will das mit Hilfe einer Alge verbessern.

Nein, es ist kein Déjà-vu: Bereits im vergangenen Jahr hat eine Gruppe junger Wissenschaftler mit der Alge Chlamydomonas reinhardtii versucht, die Welt ein bisschen besser zu machen. Die damalige Projektgruppe hatte sich unter dem griffigen Namen „Chlamy Yummy“ zum Ziel gesetzt, Mikroplastik in Gewässern abzubauen. Dazu wurden Algen gentechnisch so modifiziert, dass sie Plastikteilchen in biologisch abbaubare Bestandteile aufspalten. Daran wird von einigen Teammitgliedern weiter geforscht, auch wenn sich nun die Nachfolgegruppe formiert hat.

„Wir haben uns ein ganz reales Problem gesucht, für das wir eine Lösung erarbeiten wollen“, erklärt Emily Becker, „Diclofenac wird nur in wenigen Kläranlagen abgebaut, weil das Verfahren sehr aufwendig ist.“ Spuren des Schmerzmittels ließen sich in vielen Gewässern finden – Tendenz steigend. Das sei zwar für Menschen weitgehend unproblematisch, könne aber für Wasserorganismen gefährlich werden, erläutert die Freiburgerin, die in Kaiserslautern studiert.

Die Lösung? Eine gentechnisch veränderte Alge

Die Lösung des Problems, so die Grundannahme der zehn jungen Forscher zwischen 20 und 27 Jahren, könnte die gentechnisch veränderte Chlamydomonas reinhardtii sein, erklärt Becker: „Wir wollen die Alge so modifizieren, dass sie Proteine produziert, die Mikroschadstoffe im Wasser abbauen – in erster Linie sollen das eben die Schmerzmittel sein.“ Der Wirkstoff Diclofenac werde beispielsweise nur zu etwa 30 Prozent vom menschlichen Körper verstoffwechselt.

Derzeit stehen die Studenten in den Startlöchern, wie Helena Schäfer erläutert: „Unsere Hauptarbeit findet im Labor statt, das aktuell allerdings noch geschlossen ist.“ Eine Corona-Folge. Wird das Labor freigegeben, soll in drei Gruppen geforscht werden, um die Organismen dazu zu bringen, die richtigen Enzyme zu produzieren. Schäfer: „Damit die Schadstoffe in ungefährliche Spaltprodukte verfallen.“ Dabei kommt Gentechnik ins Spiel – eine Vorgabe des internationalen „iGEM-Wettbewerbs“, an dem die Gruppe teilnimmt. Schäfer erläutert: „Dabei muss es zwangsläufig um synthetische Biologie, also gentechnisch veränderte Organismen gehen.“

Mit Erklärungen gegen Gentechnik-Klischees kämpfen

Alle Klischees, die jemandem beim Wort Gentechnik durch den Kopf schießen, könne man durch richtiges Erklären schnell widerlegen, sagt Nicolas Freche aus Kerzenheim (Donnersbergkreis): „Deswegen betreiben wir auch verstärkt Öffentlichkeitsarbeit übers Internet. Wir wollen zum Thema Genmanipulation aufklären.“ Dazu gehöre auch, dass die veränderten Organismen im Labor bleiben, nicht in die Natur ausgesetzt werden. Freche: „Wenn alles funktioniert, werden die Enzyme in einem Bioreaktor hergestellt, die Algen kommen nicht ins Wasser.“ Erste vorsichtige Annäherungen an die Stadtentwässerung Kaiserslautern gebe es ebenfalls bereits – ein Teammitglied habe nach einem Praktikum Kontakte an den Blechhammerweg.

Die Jungforscher aus den Fachrichtungen Biologie, Physik und Chemie müssen ihr Projekt bis zum – in diesem Jahr digitalen – iGEM-Kongress Ende Oktober weitgehend abgeschlossen haben. Neben dem Laborzugang fehlt nur noch eine Kleinigkeit: Geld. Für die Anmeldung am Wettbewerb und für Labormaterialien. Freche: „Uns ist klar, dass wir in diesem Jahr keine Massen an Sponsoren bekommen, aber wenn wir mit kleineren Beträgen die gut 5000 Euro zusammen bekommen, wäre das schon super.“

Am Samstag, 30. Mai, wird die Forschergruppe auf der Internetplattform Twitch eine Spendenaktion starten und ab 19 Uhr Rede und Antwort stehen.

Info

  • Internetseite zum Projekt: https://www.uni-kl.de/hochschulgruppen/iGEM/
  • Fundraising auf Twitch am 30. Mai, 19 Uhr: twitch.tv/igem_tuk
Helena Schäfer erläutert: „Unsere Hauptarbeit findet im Labor statt, das aktuell allerdings noch geschlossen ist.“
Helena Schäfer erläutert: »Unsere Hauptarbeit findet im Labor statt, das aktuell allerdings noch geschlossen ist.«
Nicolas Freche: „Wir betreiben verstärkt Öffentlichkeitsarbeit übers Internet, um zum Thema Genmanipulation aufzuklären.“
Nicolas Freche: »Wir betreiben verstärkt Öffentlichkeitsarbeit übers Internet, um zum Thema Genmanipulation aufzuklären.«
„Wir haben uns ein ganz reales Problem gesucht, für das wir eine Lösung erarbeiten wollen“, sagt Emily Becker.
»Wir haben uns ein ganz reales Problem gesucht, für das wir eine Lösung erarbeiten wollen«, sagt Emily Becker.
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