Kaiserslautern Ganz erheblicher Dampf

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Die Erfolgsgeschichte der Jazzbühne geht unaufhaltsam weiter. Lange Schlangen bildeten sich am Freitagabend vor der Kasse in der Fruchthalle, denn 450 Besucher wollten die 51. Ausgabe unter dem Thema „Jazzbühne meets Blues“ mit dem Gitarrero Tom Woll und dem Bluesharp-Virtuosen Albert Koch erleben. Ein „Stürmischer Montag“ an einem Freitag.

Seit Jahren prägen sie die Rhythm’n’Blues-Szene im südwestdeutschen Raum, aber sie haben noch nie zusammen gespielt: der Lokalmatador Tom Woll, mindestens 15 Jahre lang Steuermann der legendären Midnight Mover, die jeden Montag in der Kammgarn für Furore sorgten, und der Bluesharp-Könner Albert Koch, der sich bis hinauf in Jazzfestival-Höhen blies. Die Jazzbühne mit Martin Preiser am Klavier, Stefan Engelmann am Bass und Michael Lakatos am Schlagzeug holte sie endlich zusammen. Woll zupft seine Gitarre mit Engagement und messerscharfen Licks, während Albert Koch von Beginn an auf seiner Mundharmonika köchelt. So wird schon bei den Stücken „Cold Duck Time“ und „T-Bone Shuffle“ emotionale Tiefe angesteuert und ausgelotet. Die Songs haben allesamt eine sehr raue Blues/Soul-Basis, ohne einen Moment plump zu wirken. Es swingt, und der Gitarrist zeigt, dass ihm T-Bone Walker nicht fremd ist. Sei cooler, lässiger, jazziger Sound erobert auf Anhieb die Herzen der Hörer. Sein Timing ist unfehlbar, dem Takt immer um einen Sekundenbruchteil voraus. Ein Bluesman mit der Seele eines Jazzers. Sein Shuffle-Blues-Spiel gewinnt seine Eigenart durch elektrisch verstärkte Diskant-Klänge. Eiskristallklar sind seine Single-Notes, seine Modulationen haben einen riesigen Nuancenreichtum. B.B. King schaut da immer ein wenig um die Ecke. Seine Ansagen sind witzig, humorvoll, und abgrundtief ist seine Grabesstimme, die den Eindruck hoher Dramatik und Aufrichtigkeit hinterlässt. Songs wie „Hard To Thrill“ von J.J. Kay oder „Tennessee Whiskey“ sind beste Beispiele dafür, während er gleichzeitig seiner Gitarre Kaskaden von rasanten Tönen entlockt. Der andere Publikumsliebling ist Albert Koch, der sich wieder mal in Bestform präsentiert. Er flattert mit den Fingern über die Zuglöcher, legt die Hände hohlförmig über sein Instrument, macht drehende Bewegungen oder öffnet und schließt sie über der Harp, genau wie Jazztrompeter ihre Dämpfer verwenden, um die gewünschten Tonfälle und Variationen zu erzeugen. Andere Effekte erzielt er durch Atemkontrolle, Manipulationen mit Lippen oder Zunge sowie den Durchzug von Luft durch den Mund. Das ging emotional bis unter die Gürtellinie, das Publikum stand Kopf. Da ließen sich die drei von der Jazzbühne natürlich nicht lumpen. Martin Preisers Kadenzen und Läufe, die Arpeggien und die Ornamentik seines virtuosen Klavierspiels waren genauso mitreißend wie sein starkes Blues-Gefühl. Zuweilen, wie beim „Watermelon Man“, spielte er sogar am Piano und Keyboard gleichzeitig. Und Michael Lakatos am Schlagzeug und Stefan Engelmann am Bass machten, wie beim „Stormy Monday Blues“ und „Route 66“, erheblichen Dampf. Auch wenn sie das zweite Set gemütlicher angingen, ging der rechte Spaß trotzdem nicht verloren, weil auch da die Songs an Intensität und Dichte nicht verloren. Ovationen der Begeisterung.

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