Kaiserslautern Einblicke ins Privatleben

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50 Jahre Lutherkirche, inzwischen die größte protestantische Kirchengemeinde im Dekanat Kaiserslautern, war für die Gemeinde am Messeplatz am Wochenende ein Grund zum Feiern. Von Freitagabend mit einem Rockkonzert der Gruppe „Overdrive“ bis hin zum Sonntag mit einem Festgottesdienst mit Oberkirchenrat Michael Gärtner erstreckten sich die Festivitäten.

Ein Schmankerl war am Samstagabend eine Begegnung mit dem Namensvetter der Kirche und deftiger Kost aus Pfälzer Küche. Kein anderer als Martin Luther war es, der mit seiner Ehefrau Katharina von Bora im schwarzen talarähnlichen und mit Pelz besetzten Gewand samt Barett bedächtigen Schritts den gut besuchten Gemeindesaal betrat. „Der Name verpflichtet“, kündigte Pfarrerin Martina Abel den Auftritt der stadtbekannten Kabarettisten Wolfgang Marschall und Marina Tamássy an. Die ließen sich unterm Kreuz des Gemeindesaals nieder und gaben im Stil der „Untiere“ mit Wortwitz und spitzer Zunge Einblicke in das Privatleben des Reformators und seiner Ehefrau, einer ehemaligen Ordensschwester, die dem Klosterleben entsagte und den früheren Augustinermönch Martin Luther heiratete. „Wie kabarettistisch und als Frau und Mann das rüberbringen? Ein doppeltes Phänomen“, sah sich Marschall als „Luther in Lutrina“ vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Die löste der Theologe, bekannt für seinen Ausspruch „Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz“, gemeinsam mit seiner couragierten Katharina bravourös. Die stellte ihn dem Publikum als barockes Mannsbild voll Testosteron, von hugenottischer Abstammung, als miserablen Mathematiker und leiblichen Genüssen zugetan vor. Erinnerte an sein Gelübde von Armut, Gehorsam und Keuschheit und sein Umdenken, dass eine Frau die beste Lebensgefährtin sei. Gegenseitig ließen die mittelalterlichen Gestalten die Besucher an ihren Eigenschaften, Vorlieben und Lastern teilhaben. Von der gemeinsamen Sache Gottes war die Rede, von der Zeit im Kloster, von der Keuschheit, aber auch von der Lust, die aufstieg, und der Einsicht, wie schwer es ist zu lieben. Erheiternd die Episode, beim 80. Geburtstag der Tante von Martin Luther. Als dieser sich als Sensenmann maskiert, die Tante beim Anblick von Gevatter Tod sich zu Tode erschreckt und er in seiner Kostümierung durch eine falsche Bewegung im dornigen Rosenfeld landet. „Eine kafkaeske Erfahrung und die Erkenntnis, mitten im Leben vom Tod umfangen“, so die Einsicht des Neffen. Lust und Sünde wurden thematisiert, Sex und Schädlichkeit der Masturbation dabei nicht ausgeklammert. Mit der Einsicht zur Umkehr und zur Buße und der Einführung des Buß- und Bettages. „Prosit auf 50 Jahre Lutherkirche“ lud Wolfgang Marschall zum Schluss an der Stelle ein, an der er vor 35 Jahren seine kabarettistische Laufbahn startete. Blieb Günter Velden, dem Vorsitzenden des Presbyteriums, sich bei Katharina von Bora mit einer Stange Salami und bei dem Reformator mit roten „Flammenden Käthchen“ zu bedanken. (jsw)

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