Kaiserslautern Der Ritter und sein Meister

Die Nachricht, dass Hansrudi Wäscher am Donnerstag 87-jährig in Freiburg im Breisgau gestorben ist, mag bei Jüngeren auf Achselzucken stoßen. Wer dagegen seine Jugend in den ersten drei Nachkriegsjahrzehnten im Westen Deutschlands verlebte, kennt Wäschers Comicgeschichten um den Ritter „Sigurd“.

Comics im eigentlichen Sinn hat es – trotz der Pioniertaten Wilhelm Buschs, der Reklamefigur „Lurchi“ und dem zunächst im Kino agierenden Mecki-Igel – hierzulande lange nicht gegeben. Ihr Siegeszug setzte erst mit dem Aufkommen „typisch amerikanischer“ Unterhaltungsformen ein. Im Lauf der 1950er Jahre etablierte sich mit Karikaturisten wie dem „Nick Knatterton“-Schöpfer Manfred Schmidt, dem deutlich britisch geprägten Loriot sowie Rolf Kaukas „Fix und Foxi“-Heftchen eine genuin deutsche Spielart des Comics. Hansrudi Wäscher – als Sohn eines Deutschen und einer Schweizerin in St. Gallen geboren und in Hannover aufgewachsen – setzte weniger auf Heiterkeit, sondern aufs Heldische. Nach einem Studium der Gebrauchsgrafik zeichnete er Comics zur Verkehrserziehung, ehe er für den Lehning-Verlag die aus Italien importierten Abenteuergeschichten um Tarzan-Verschnitt „Akim“ fortführte. Ende 1953 schlug die Geburtsstunde von „Sigurd“, einem Recken aus undefinierter Ritterzeit, der mit seinen Begleitern Cassim und Bodo ein Abenteuer nach dem anderen übersteht. Dabei tritt Sigurd von Eckbertstein entweder gegen Fabelwesen oder schurkische „Schergen“ an, die meist in unseliger Verbindung zu seinem Erzfeind Laban stehen. Kennzeichen des unerschrocken-kühnen Titelhelden ist nicht nur eine flott aufwehende (natürlich blonde!) Haartolle, sondern ein naives Sendungsbewusstsein, das auch bei größter Gefahr durch nichts und niemanden zu erschüttern ist. Als Hohelied auf die Freundschaft begeisterte die von Wäscher pompös als „Ritterepos“ titulierte Reihe vor allem Jugendliche. Da trotzdem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften mehrfach Anstoß an den Heftchen nahm, stellte sie der Verlag schließlich ein. Wäscher schickte jedoch sofort als Nachfolger „Falk, dem Ritter ohne Furcht und Tadel“ auf Abenteuerfahrt. Außerdem schrieb und zeichnete er Comics um „Tibor, den Helden des Dschungels“ und „Nick, den Weltraumfahrer“. So blieb er, von Fans stets ehrerbietig „der Meister“ genannt, aktiv bis ins hohe Alter. 2008 wurde er beim Comic-Salon in Erlangen für seine „Pionierleistung für den deutschen Comic“ mit dem Max-und-Moritz-Preis geehrt. (Foto: Picture Alliance/Sueddeutsche Zeitung Photo)

x