Kaiserslautern Barocke Pracht mit Nachhall

Eine Passionsmusik des Barock-Zeitalters war am Sonntag beim Speyerer Domkapellmeister Markus Melchiori in der Otterberger Abteikirche in allerbesten Händen: Beim Stabat Mater von Vivaldi, einer Solo-Kantate von Bach und zwei Oboenkonzerten des Generalbass-Zeitalters überzeugten in den Aufführungen durch stilistische Kompetenz in Sachen historischer Aufführungspraxis.

Die Programmfolge von zwei Oboenkonzerten als Rahmenprogramm für die Vokalwerke im Zentrum war gut durchdacht. Das Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo (mit Melchiori an der Truhenorgel) von Tomaso Albinoni aus dem italienischen Barockstil offenbarte in der Interpretation durch Jeanine Krause seinen ganzen immensen Reichtum an melodischer Erfindungskraft. Das Streicherensemble des Domorchesters Speyer setzte unter Melchioris Leitung mit solistischer Stimmenbesetzung als Streichquintett ganz auf kammermusikalische Transparenz anstelle sonstiger opulenter orchestraler Klangfülle. Da waren motivische Keimzellen ebenso transparent wie die Dialoge des Soloparts mit den lupenrein intonierenden Streichern. Hinsichtlich Artikulation, Verzierung, melodischer Gestaltung und rhythmischer Akzentuierung war diese Aufführung beispielhaft und gelang nahtlos im klanglich ausbalancierten, punktgenauen Zusammenklang. Dabei stellten sich die Künstler bestens auf die heikle nachhallende Akustik ein: mit atmenden Zäsuren, verhaltenen Tempi und plastischer Deklamation. Dies gilt leider nicht für die Moderation, die ohne die Verstärkung der Beschallungsanlage in der weitläufigen Kathedrale oftmals zu unverständlichem Gemurmel verflachte. Schade. Zumal die Programmhefte in Speyer vergessen wurden. Auch bei Johann Sebastian Bachs Concerto für Oboe d’amore setzte sich diese stilistische Kompetenz und spieltechnische Solidität der Solistin durch, behauptete sich dieser konzise Gestaltungswillen, führte zu eindringlicher Satzcharakteristik. Die Oboe d’amore ist eine kleine Terz tiefer als die Oboe gestimmt, steht somit anstelle der Sopran- in der Mezzosopranlage mit dunklerem Timbre. Anstelle eines üblichen Schalltrichters hat das Instrument ein birnenähnliches Fußstück, das als „Liebesfuß“ bezeichnet wird. Das im Toncharakter dem romantischen Englischhorn ähnelnde Instrument gilt intonatorisch als heikel, was aber hier durch die stets sichere und noch dazu nuancierte und in allen melodischen Finessen bewährte Ansatztechnik der Solistin kein Problem war. Auch die zweite Solistin, die Altistin Bettina Ranch, hatte bei Vivaldis „Stabat mater“ und Bachs Solo-Kantate „Ich habe genug“ reichlich Gelegenheit zur weiteren Profilierung; eine Chance, die sie in stimmlicher Reinkultur entschlossen nutzte: Das Stabat mater ist ein mittelalterliches Gedicht, das die Gottesmutter in ihrer Trauer um den Gekreuzigten zeigt. Im 18. Jahrhundert gab es dazu viele Vertonungen, in Otterberg gewann jene von Antonio Vivaldi durch das innig bewegte Altsolo große Intensität des musikalischen Ausdrucks. Auch dieser Altistin war die Spezialisierung auf den barocken Duktus hinsichtlich Stimmgebung, klar deklamierter Textbehandlung und Phrasierung anzumerken. Auch bei der Bach-Kantate erreichte sie strukturelle Klarheit in gestochen scharfen Melismen und bei deutlicher Aussprache. Es zeigte sich einmal mehr, dass Bachs Stil in dem Wort-Ton-Verhältnis kunstvoller und dadurch mit vielen melodischen Ausschmückungen auch gesangstechnisch anspruchsvoller ist. Eine Herausforderung, die hier mit Bravour bestanden wurde.

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