Kaiserslautern Bahnheim: Dinner-Special mit den Untieren

Wer sich in Lauterns quantitativ (noch) üppiger Kulturszene behaupten will, braucht nicht nur einen langen Atem, entsprechende Qualität und Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch zündende Ideen der Vermarktung. Die Kabarettisten der Untiere haben bewiesen, dass sie in dichter Folge Programme aus dem sprichwörtlichen Hut zaubern können. Mittlerweile erproben sie auch verschiedene Auftrittsarten und Lokalitäten: So war das Dinner-Special im Lautrer Wirtshaus am Samstag im Bahnheim ein weiterer Anlauf, guten Programmen einen anderen Rahmen zu geben.

Zum Fünf-Gänge-Menü servierten die Kabarettisten wieder ihre bewährte Mischung aus Parodie, Persiflage, Selbstironie und Realsatire. Wer glaubt, dass die im Tonfall und Habitus perfekte Nachahmung Marina Tamássys als Kanzlerin Merkel und die überspitzte Überzeichnung des Oberbürgermeisters Klaus Weichels durch Philipp Tulius sich irgendwann abnutzt, wurde am Samstag eines Besseren belehrt. Was Parteilisten und Wählergunst wahrscheinlich nie erreichen werden: Die Untiere haben diese lokal- und bundespolitischen Größen gemeinsam auf die Kabarettbühne gestellt, auch wenn sie auf der politischen Bühne völlig unterschiedliche „Rollen“ ausüben. In fröhlicher Weinseligkeit skandieren beide in harmonischer Eintracht. Tulius als OB-Parodie: „Geht mir das Rathaus aus dem Leim, trink ich ein Gläschen Wein.“ Und die „Ersatz-Kanzlerin“ tönt: „Auch ich will manchmal frei sein, darum trink ich ebenfalls Pfalz-Wein.“ Für die in Weinseligkeit schwelgenden Duette hatte Keyboarder Edwin Schwehm-Herter die launigen Texte harmonisiert, so dass sich die Untiere auch musikalisch als Band wieder profilieren konnten. Wolfgang Marschall erwies sich nicht nur als befähigter Aushilfskellner, er schwelgte auch selbst genüsslich in kulinarisch-nostalgisch verklärten Rückblicken der goldenen 60er Jahre: Marschalls Rückblick ins bürgerliche Wohnzimmer auf die Häppchen-Kultur mit schwofenden Paaren ließ kein Auge trocken, und so mancher fühlte sich an eigene Erlebnisse dieser Art zu Rex Gildos „Hossa“ erinnert. Dessen Refrain „Alle Freunde sind hier, feiern heut mit mir“ wurde zum Motto des gelungenen Abends. Marschall neigt allerdings zu überraschenden Wendungen, platzt als Erzähler in diese Idylle in einer Mischung aus Loriot, Ludwig Thoma (Lausbubengeschichten) oder Astrid Lindgrens „Michel aus Lönneberga“. Da stand der Saal Kopf. Ähnlich der Sketch mit dem Familienausflug in den Mannheimer Luisenpark frei nach dem Motto „Da brat mir einer einen Storch“. Marschall hat bekanntlich philosophische Anwandlungen, zitiert beispielsweise mit Vorliebe Ludwig Wittgenstein. Ebenso ist er literarisch bewandert, schmökert in Lyrik und Prosa und setzt seine vermischten Kenntnisse geschickt für kabarettistische Zwecke ein. So auch bekannte Redensarten. Beispiel gefällig? „Am Ende des Tunnels ist Licht“ wird auf Lautern bezogen zu „Am Ende des Wimmerns kommt in Lautern die blaue Tonne.“

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