Kaiserslautern Amerikanische Panzer rattern durch die Stadt

Die Amerikaner nehmen Kaiserslautern im März 1945, vor 70 Jahren, kampflos ein. Der Zweite Weltkrieg und der Naziterror sind vorbei. Die Stadt wird französische Besatzungszone. Die Amerikaner kommen 1950, vor 65 Jahren, in die Region zurück. Die zerstörte Stadt wird aufgebaut, boomt und wächst ins Wirtschaftswunder. Die Stadtentwicklung entwirft Projekte, die Kaiserslautern heute prägen. Wenn man den überschaubaren Zeitraum von 100 Jahren, ausgehend von 1915, in Zehn- und Fünfjahresabschnitten aufruft, findet man Daten, die einer Erinnerung wert sind. Im Ersten Weltkrieg, 1915, vor ein-hundert Jahren, beherrschten Hunger, Angst vor einem Gaskrieg und Gerüchte, dass die Franzosen heranrückten, die Kaiserslauterer Bevölkerung. Die Stadt hatte etwa 50.100 Einwohner. 100 Jahre später, 2015, ist Kaiserslautern eine sympathische Stadt mit Hochschulen, weltweiten Partnerschaften, Einwohnern aus rund 140 Nationen und ganz aktuell mit dem Mut, die Innenstadt wieder einmal umzukrempeln. Die derzeit 98.166 Einwohner rücken die Stadt nach den üblichen statistischen Maßstäben in die Reichweite einer Großstadt. Das zentrale Ereignis, das 1945, vor 70 Jahren, auch Kaiserslautern veränderte, war die Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945 und damit das Ende des Zweiten Weltkriegs. Einheiten der 80. amerikanischen Infanterie Division und der 10. Panzerdivision nahmen die Stadt am 20. März 1945, vor 70 Jahren, morgens gegen 9 Uhr von verschiedenen Seiten her kampflos ein. Jeder, der bis zum Ende im Erdloch, im Keller, im Splittergraben oder Bunker durchgehalten hatte, erlebte den Einmarsch aus seiner Sicht. So kamen verschiedene Berichte zustande, auch der, dass ein italienischer Fremdarbeiter den amerikanischen Panzern durch die Bahnüberführung in der Trippstadter Straße den Weg in die Stadt gezeigt haben soll. Am Morgen des 20. März 1945 wurde in den nördlichen Stadtteilen noch die nationalsozialistische Zeitung, die NSZ, ausgetragen. Die Leute lasen, dass „starke Sperrriegel“ die Westfront festigen. Und durch die Fischerstraße ratterten die amerikanischen Panzer. Die von den Panzerketten demolierten Bordsteine wurden teilweise erst in den 1960er Jahren ausgewechselt. Die US-Armee blieb bis Juli 1945. Noch am 6. Juli trat auf deren Anordnung ein Bürgerrat zusammen (SPD, KPD, Zentrum) und am 10. Juli verließen die Amerikaner unter dem Druck der französischen Alliierten die Stadt. Kaiserslautern war seit 1. Juli 1945 französische Besatzungszone. Über militärische Absichten gab es kaum Informationen. Die Besatzungszonen waren neu aufgeteilt worden, und die Franzosen waren einfach da. Mit ihren Erinnerungen an die französischen Jahre nach dem Ersten Weltkrieg schien die ältere Generation nicht sehr glücklich gewesen zu sein. In den wenigen Monaten, während der die Amerikaner in der Stadt waren, beschlagnahmten sie, was sie brauchten, insbesondere private Wohnungen und die Kasernen. Die Franzosen lösten ihren Bedarf eleganter: Die Stadt musste ein Requisitionsamt einrichten, und die Franzosen bestellten, was sie brauchten, wie sich Zeitzeugen erinnern, beispielsweise Fahrräder, Autos, Wohnungen für ihre Offiziere, ganze Einrichtungen von Handwerksbetrieben und Weinfässer. Auch die Demontage von Fabrikanlagen musste von der Stadt vororganisiert werden. Die Lebensmittelrationen waren knapp bemessen. Mit 50 Gramm Fleisch und 20 Gramm Käse pro Woche für einen Erwachsenen begannen die Hungerjahre. Schon einige Tage nach dem Einzug der Amerikaner entstand zunächst im Umfeld des Fackelrondells ein Schwarzmarkt, der bald die ganze Stadt überzog. Die Schmuggler tauschten alles gegen alles, Tafelsilber gegen Brot, Kleidung gegen Kartoffeln, und die Währung waren Chesterfield, Marlboro und Camel, „Amizigaretten“. Unter der französischen Besatzung trieb der Schwarzmarkt üppige Blüten. Schafe, Hühner und Schweine waren hinter dem Rücken der Franzosen und des aufmerksamen städtischen Ernährungsamts im Angebot. Die Amerikaner kamen offiziell am 10. April 1951 in die Stadt und die Region zurück. Doch bereits 1950, vor 65 Jahren, liefen Verhandlungen mit der Stadt wegen der Geländeansprüche. Der erste Spatenstich für den ersten amerikanischen Wohnblock auf der Vogelweh wurde bereits am 15. Oktober 1950 vollzogen. Dann kam die Zeit des Goldenen Westens. Bis 1950 nahm die Bevölkerung erheblich zu. Die Evakuierten waren zu-rückgekehrt, standen vor ihren zerbombten Häusern, und die Stadt musste ihren Teil der zunächst 36.500 Rheinland-Pfalz zugewiesenen Flüchtlinge und Vertriebenen aufnehmen. Der Grundstein für ein Projekt, das Kaiserslautern einen Zugewinn an Bedeutung und Atmosphäre brachte, wurde am 13. Juni 1970, vor 45 Jahren, gelegt: der Grundstein der Universität. An diesem Tag verabschiedete der Landtag das Gesetz über die Errichtung der Universität Trier-Kaiserslautern. Mit Ratsbeschluss vom 25. November 1985, vor 30 Jahren, wurde entschieden, das Obussystem abzubauen und zwar mit 28 Stimmen der SPD und der Grünen gegen 24 Stimmen der CDU und der FDP. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Hans Jung schlugen die „Verkehrsamateure“ vor, einen Obus im Rahmen der Maikerwe einzusetzen. Vor 30 Jahren, 1985, schrieb Oberbürgermeister Theo Vondano zum Jahreswechsel einen Brief an die Kaiserslauterer im Ausland: Corning ist nach Kaiserslautern gekommen. Die Mitarbeiterzahl bei Opel ist weiter gestiegen. Pfaff expandiert. Die Arbeitsplätze im Bundesbahn-Ausbesserungswerk bleiben erhalten. Die Stadt feierte 1000 Jahre Marktrechte, und über 90.000 Besucher seien auf der Ausstellung Pfälzer Land zu Gast gewesen. Am 3. Oktober 1990, vor 25 Jahren, feierte Kaiserslautern die wiedergewonnene deutsche Einheit. Kaiserslautern war in seiner ganzen Vielfalt vertreten. Die Amerikaner waren da, die Franzosen, Studenten aus Moskau und eine Delegation aus Brandenburg. Als im Rathausfoyer die Nationalhymne angestimmt wurde, griff mancher zum Taschentuch. Im Jahr 1995, vor 20 Jahren, waren die Bauarbeiten am Pfalztheater beendet. Am 30. September 1995 gab es im neuen Haus die erste Vorstellung. Durch die Arbeiten am Fundament des Hauses auf dem Rittersberg kamen Siedlungsspuren aus der Jungsteinzeit, 5000 Jahre vor Christus, zu Tage. Die Geschichte der Stadt musste ergänzt werden. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg begann eine so rege Bautätigkeit, dass bereits 1925, vor 90 Jahren, neue Stadtviertel den alten Stadtkern ergänzten, so beispielsweise das heutige Königsviertel. Damals, 1925, bot sich die Gelegenheit, Ausstellungshallen, die „Ausstellung“, zu bauen, umgeben von einem Park. Der Grund: Die Pfälzische Handwerkskammer feierte 1925 ihr 25. Jubiläum und das damalige Gewerbemuseum, die Pfalzgalerie, das 50. Jubiläum. Am 1. August 1925 konnte die Ausstellung eröffnet werden; die 90 Meter lange Zentralhalle, die kleinen Hallen, Restaurants, der Tanzpavillon am Schwanenweiher und die Skulpturen waren fertig. Die Ausstellungshallen fielen am 1. Januar 1945, vor 70 Jahren, einem Bombenangriff zum Opfer. Der Traum, als Messestadt an die Ausstellungstradition anknüpfen zu können, war zu Ende. Der Wohnsiedlungsbau begann in größerem Umfang 1935, vor 80 Jahren. Die Stadt erschloss den Bereich Grübentälchen. Die damalige erste „Frontkämpfersiedlung“ in der Pfalz war 1935 mit 43 Siedlerstellen bezugsfertig. Dieser Wohnbezirk sollte Dank der Stadt an die Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs sein. Dieses Areal war der westlichste Teil der Siedlung Belzappel südlich der heutigen Pariser Straße. Die Siedlung Belzappel war mit 115 Einheiten, meist Einfamilienhäuser, ab 1935 entstanden. Die Bebauung der Bännjerstraße − meist Einfamilienhäuser mit Kleingärten − begann ebenfalls 1935, vor 80 Jahren, als Arbeitersiedlung für die Beschäftigten des Pfaff-Werks. Nach dem Zweiten Weltkrieg liefen ab 1950, vor 65 Jahren, Wiederaufbau und Neubau auf Hochtouren. Die Stadt hatte 1950 rund 62.700 Einwohner, 1945 waren es nur noch 52.800. Unter diesem Druck musste die Stadtentwicklung Fortschritte aufweisen. Der Rat fasste 1950, vor 65 Jahren, den schon lange fälligen, viel diskutierten Beschluss, das leicht zu erschließende Gelände des Alten Friedhofs zu bebauen. Im Umfeld der Pariser Straße entstanden rund 100 Wohnungen. Und 1955, vor 60 Jahren, waren die Baustellen von der Altenwoogstraße bis zur Zollamtstraße kaum zu zählen. Damals wurde auch das Siedlungsgebiet Grübentälchen stark verdichtet. Viele Grundstücke wurden halbiert und neue Straßen angelegt. Das Wohngebiet Auf dem Seß wurde 1960, vor 55 Jahren, erschlossen. Das war ein wichtiger Beitrag zur Zufriedenstellung der einheimischen Kaiserslauterer; war doch der vorausgegangene öffentliche Wohnungsbau fast ausschließlich für Ostzonenflüchtlinge und Vertriebene. Symbolisch für die Altstadtsanierung steht das Jahr 1980. Vor 35 Jahren war das die Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Das 17 Hektar große Sanierungsgebiet war festgelegt. Ab 1980 galt es, die sieben Teilbebauungspläne umzusetzen.

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