Leininger Nachlese Rambazamba statt Uff-tata

Für viele gehört Blasmusik zur Tradition der Wiesn.
Für viele gehört Blasmusik zur Tradition der Wiesn.

O’zapft is! Das Münchener Oktoberfest ist in vollem Gange. Oder wie man am nördlichen Anfang der Weinstraße sagt: das Warm-up zum Bockenheimer Winzerfest. Mit viel Uff-tata und Jodeldüü wird das größte Volksfest der Welt – also das Oktoberfest, nicht das Winzerfest – auf der Münchener Theresienwiese begangen. Die Besucher kommen in Tracht, alles ist höchstfestlich geschmückt und es spielt zünftige Blasmusik. Also alles sehr traditionell – sollte man meinen.

Kapellmeister Josef Menzl und seine Musiker machten da andere Erfahrungen. Im Bräurosl-Festzelt, das zur Paulaner-Brauerei gehört, stimmten sie zünftige Blasmusik an. Doch das kam nicht bei jedem gut an. In den Abendstunden sollen sie ausgebuht worden sein, weil sie keine Stimmung verbreiteten. Die „Bild“-Zeitung zitierte Gäste, die sich über die „langweilige Blasmusik“ aufregten. Am Mittwoch wurde deshalb die Konsequenz verkündet: Josef Menzls Kapelle darf fortan nur noch tagsüber spielen, am Abend tritt die Coverband „Erwin und die Heckflossen“ auf.

Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert Kapellmeister Menzl: „Ich finde, man sollte da mehr Rückgrat haben und zeigen, dass zur bayerischen Bierzelttradition eben die Blasmusik gehört.“ Er bedauere, dass das Oktoberfest zu einer Partyveranstaltung verkommen sei.

Ähnliches in Tiefenthal

So schnell kann es gehen mit der Tradition. Eben noch zünftige Voralpenklänge, nun „Layla“ und „Malle ist nur einmal im Jahr“. Doch das ist keineswegs ein reines Oktoberfest-Phänomen: Die Gemeinde Tiefenthal musste einen dritten Kartenvorverkauf für das Konzert der Original Otterstädter Musikanten anberaumen, weil bei den ersten beiden Terminen nicht genug Karten verkauft wurden. Bei der Asselheimer Kerwe fand das Schubkarchrennen in diesem Jahr nur noch für Kinder statt, weil sich schon in der Vergangenheit zu wenige Teilnehmer für das Erwachsenenrennen fanden.

Dass das Bockenheimer Winzerfest nun ohne seinen großen Festzug stattfindet, liegt nicht am Verfall von Brauchtum. Hier sind es die Auflagen, die die Teilnehmer nicht einhalten können. Doch es kommt jetzt ganz darauf an, wie wichtig den Veranstaltern und Teilnehmern solche Umzüge noch sind. Sind sie es ihnen Wert, alles dafür zu geben, ihre Wagen verkehrssicher zu machen und von einem Sachverständigen abnehmen zu lassen? Oder verstehen sie sie nur als langweiliges Beiwerk der Party am Samstagabend?

Auf eine friedliche Wiesn

und ein zünftiges Winzerfest!

Timo Benß

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