Frankenthal „Größte Herausforderung ist die räumliche Distanz“

Dass CDU-Mann Torbjörn Kartes (38) als Direktkandidat seiner Partei und Nachfolger Maria Böhmers den Bundestagswahlkreis 207 Ludwigshafen-Frankenthal gegen die erfahrene Sozialdemokratin Doris Barnett (64) würde verteidigen können, damit hatte kaum jemand gerechnet. Mit der RHEINPFALZ hat Kartes übers erste Vierteljahr in Berlin, die Regierungsbildung und den Spagat zwischen Parkinsel und Parlament gesprochen.

Ihr ganz persönlicher Eindruck: Finden Schwarz und Rot eine Basis für die Fortsetzung der GroKo?

Ich denke, dass der Ausgang offen ist. Nähere Hintergründe sind mir nicht bekannt, aber die derzeitigen Gespräche werden ja ganz bewusst im engsten Kreis der Parteispitzen geführt. Ich hoffe aber, dass es dann im neuen Jahr recht schnell gelingt, eine wirklich stabile Regierung zu bilden. Meinem Empfinden nach ist es das, was die Leute von den Beteiligten jetzt auch erwarten. Ich spüre da in vielen Reaktionen, die mich erreichen, schon eine deutliche Unzufriedenheit. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierung waren auch Neuwahlen in der Verlosung. Hätten Sie schon wieder Lust auf Wahlkampf gehabt? Naja, vor allem muss ich sagen, dass ich mich geärgert habe, als so schnell schon Neuwahlen ins Gespräch gebracht worden sind. Es ist aus guten Gründen so geregelt, dass darüber das Parlament nicht selbst zu entscheiden hat. Ich halte Neuwahlen für den falschen Weg. Wir sind für vier Jahre gewählt. Da kann man nicht sagen, nur weil es vielleicht gerade nicht so einfach ist mit der Regierungsbildung: Wählen wir halt noch einmal! Ob das Ergebnis dann wirklich besser ausfallen würde, lasse ich mal dahingestellt sein. Haben Sie überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, dass Ihr Mandat unter gewissen Umständen ein sehr kurzes sein könnte? Darauf bin ich relativ oft angesprochen worden. Aber ich mache jetzt schon recht lange Politik und weiß, dass Mandate immer ein Engagement auf Zeit bedeuten. Natürlich hätte es sicher stabilere Zeiten für meinen Einstieg in den Bundestag gegeben als die aktuellen. Es geht auch nicht um den einzelnen Abgeordneten, sondern darum, eine solide Regierung zu bekommen. Wie gesagt: Der Ausgang von Neuwahlen wäre aus meiner Perspektive derzeit unkalkulierbar. Direkt nach dem Gewinn des Direktmandats gab es einiges an Kritik daran, dass Sie Ihre Tätigkeit bei den Technischen Werken Ludwigshafen (TWL) zunächst nur wenig einschränken wollten. Fühlten Sie sich da zu Unrecht angegangen? Angegangen trifft es nicht ganz. Ich fühlte mich eher nicht richtig verstanden. Nach meiner Wahl habe ich gesagt, dass ich jetzt erstmal mein Leben neu organisieren muss. Bis dahin hatte ich alle Kraft und Konzentration in den Wahlkampf gesteckt. Meine Vorstellung war, dass ich dann erst einmal schaue, wie sich die Dinge – meine Verpflichtungen bei den TWL und in der Partei – miteinander vereinbaren lassen. Das ist bis zum Jahresende jetzt alles soweit geordnet – inklusive der Funktionen bei der Ludwigshafener CDU mit dem Wechsel vom Fraktions- in den Kreisvorsitz. Wie funktioniert der Spagat zwischen Parkinsel und Parlament? Die größte Herausforderung in dieser Hinsicht ist die räumliche Distanz. Ich habe großen Respekt vor Leuten, die das schon Jahre oder Jahrzehnte machen. Durch das Reisen gewinnt man zwar Zeit, die man sinnvoll nutzen kann, aber nicht immer klappt es ja auch reibungslos mit Flug oder Zug. Dieser Aspekt nimmt tatsächlich mehr Raum ein, als ich ursprünglich gedacht habe. Was war Ihr bisher eindrücklichstes Erlebnis im Bundestag? Zunächst einmal wirkt sich deutlich aus, dass noch keine Fachausschüsse gebildet worden sind. Dadurch kommt man nicht wirklich in die inhaltliche politische Arbeit und in die Themen rein, für die man sich im Sinne des Wahlkreises einsetzen möchte. Eindrücklich ist für mich, wie AfD und Linke im Plenum auftreten, welche Themen sie platzieren. Das ist sicher eine Folge der veränderten Mehrheitsverhältnisse. | Interview: Jörg Schmihing

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