EISENBERG/GRÜNSTADT Protestantische Kirche: Mystik ein Nischenthema

Das Thema „Mystik“ spielt in der protestantischen Kirche kaum noch eine Rolle.
Das Thema »Mystik« spielt in der protestantischen Kirche kaum noch eine Rolle.

Heilig gesprochen wurde sie nie, aber Mechthild von Magdeburg hat gleich drei Gedenktage: Am 15. August bei den Katholiken, am 19. November bei den Anglikanern und am 26. Februar ist sie im Evangelischen Namenskalender aufgeführt. Gefeiert wird die christliche Mystikerin in der protestantischen Kirche aber nicht.

Mechthild von Magdeburg, geboren wohl um 1207, gehört zu den weniger bekannten Kirchenpersönlichkeiten. Zu Unrecht. Manche Sprachwissenschaftler sind fasziniert von ihrer Abhandlung „Das fließende Licht der Gottheit“. Das aus sieben Teilbüchern bestehende Werk zählt zu den wichtigsten literarischen Dokumenten des 13. Jahrhunderts. Darin beschreibt Mechthild ihre mystischen Erfahrungen – als Streitgespräche, Sinnsprüche und an den Herrn gerichtete Lyrik.

Mystik sei in vorreformatorischer Zeit ein Thema gewesen, sagt Pfarrer Christopher Markutzik aus Sausenheim. In der Protestantischen Landeskirche der Pfalz von heute sei sie nicht von Belang. Ebenso wenig wie Mechthild von Magdeburg, deren Gedenktag nicht begangen werde. Markutzik mutmaßt, dass das im Osten der Republik, gerade in Sachsen-Anhalt, eventuell anders sei. „Der Evangelische Namenskalender hat keine Bedeutung“, sagt auch der Eisenberger Pastor Karl-Ludwig Hauth. Das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte Pendant zum katholischen Heiligenkalender habe sich bislang in der Liturgie nicht etabliert. Und Mystik spiele in der Frömmigkeit der Protestanten eher eine Nischenrolle.

Luthers mystische Phase

Pfarrer Andreas Funke aus Grünstadt erklärt, dass Martin Luther, bevor er sich in den Ablassstreit einließ, eine stark mystische Phase erlebt habe. Als wichtigstes Werk in diesem Zusammenhang nennt er die „Theologia Deutsch“, auch als „Der Frankfurter“ bekannt, die der Reformator 1516 in Teilen und 1518 vollständig herausgab. Das Kloster Helfta, wohin sich Mechthild von Magdeburg zuletzt zurückzog und wo ihr die Heilige Gertrud die Große begegnete, liege übrigens in einem Ortsteil der Lutherstadt Eisleben. Insgesamt sei die christliche Mystikerin jedoch eine „Person der Glaubensgeschichte am Rande“ gewesen, so Funke.

Nicht so für die kanadische Künstlerin Susan Turcot. Sie hat ein Buch über die 1282 verstorbene Begine und Zisterziensernonne geschrieben, die durch Selbstkasteiung innerlich frei werden wollte. Turcot hat auch eine 1,30 Meter hohe Skulptur von Mechthild geschaffen – in Anlehnung an deren Buch aus durchsichtigem Material, das wie Wasser fließt. Seit 2010 schaut die Plastik „Ich bin ein ausfließender Brunnen, den niemand erschöpfen mag“ vom Fürstenwall in Magdeburg auf die Elbe.

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