Donnersbergkreis „Es fehlt die Planungssicherheit“

Fliegt und fliegt – trotz zahlreicher Diskussionen: der Intensivtransporthubschrauber „Air Rescue Pfalz“ der Johanniter Luftrett
Fliegt und fliegt – trotz zahlreicher Diskussionen: der Intensivtransporthubschrauber »Air Rescue Pfalz« der Johanniter Luftrettung.

Es ist dieser Moment. Das Team der Johanniter Luftrettung kennt ihn nur zu gut. Mehr als 600 Mal hat es diesen seit Ende Oktober hier in Sembach schon erlebt. Der Moment, in dem das Alarmsignal in dem Gebäude im Gewerbegebiet in Sembach ertönt. Nun muss es zügig gehen. Pilot Lennart Litzke eilt zum Hubschrauber, Dr. Michael Kinn und Rettungssanitäter Peter Beurschgens folgen ihm. Es geht ins rheinhessische Wörrstadt. „Akuter Herzinfarkt“ heißt es in der Alarmierung. Der Patient wird später in die Uniklinik Mainz geflogen. Es ist ein Beispiel dafür, dass der „Air Rescue Pfalz“ längst nicht nur im Rettungsdienstbereich Kaiserslautern – zu dem auch der Donnersbergkreis gehört – im Einsatz ist. Seitdem der Intensivtransporthubschrauber in Sembach stationiert ist, wird aber auch über ihn diskutiert. Ursprünglich vom Westpfalz-Klinikum beauftragt, um Patienten zwischen den Klinikstandorten zu transportieren, war der Helikopter von Beginn an auch bei Notfällen im Einsatz. Das führte zu Ärger, weil die Landesregierung die rettungsdienstliche Versorgung der Region für gedeckt hielt. Diskussion um Zweibrücken Später dann die Nachricht, dass Anfang Mai „ein den rettungsdienstgesetzlichen Vorgaben entsprechender Hubschrauber“ im Rettungsdienstbereich Kaiserslautern stationiert werden soll – zunächst im Interimsbetrieb. Eine Analyse soll dann über den Bedarf entscheiden. Die Johanniter haben sich für diesen Interimsbetrieb bei einem Bieterwettbewerb beworben. Dann die Mitteilung, dass die Bietergespräche abgesagt wurden, weil ein Bewerber – die DRF Luftrettung – einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Mainz eingereicht hatte. Schließlich die Nachricht, dass die Deutsche Stiftung Luftrettung (DRF) in Zweibrücken auf dem Flugplatz einen Intensivtransporthubschrauber stationieren möchte – verbunden mit einer Kritik von Christoph Gensch, Zweibrücker Abgeordneter im Mainzer Landtag und Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz. Er findet die Art und Weise, wie der „Air Rescue Pfalz“ in Sembach stationiert worden ist, fragwürdig. Und hält zudem Zweibrücken für den besten Standort. Viele Diskussionen, der „Air Rescue Pfalz“ aber fliegt und fliegt – und das auch, obwohl es nicht den vom Landesgesetz vorgeschriebenen Satz von 66 Euro pro Minute gibt. „Wir lassen die Bevölkerung nicht im Stich!“, hatte Günther Lohre, Geschäftsführer der Johanniter Luftrettung, zuletzt wieder betont. Diskussionen, die auch dem Team in Sembach nicht entgangen sind. „Mich belastet das sehr“, sagt Stationsleiter Peter Ziepser. „Wir haben uns hier eingearbeitet, haben uns in Sembach eingerichtet, haben ein klasse Team. Vielleicht wird das aufgelöst. Davor hat man Angst“, gibt der Imsweilerer, der in seiner Gemeinde auch Ortsbürgermeister ist, Einblick in seine Gefühlswelt. Auf der Straße würde zwar niemand sitzen – „ich fliege dann wieder in Gießen“, so Ziepser –, aber hier habe sich etwas entwickelt, in das alle Beteiligten viel Leidenschaft stecken. „Brauchen Hubschrauber“ „Es fehlt die Planungssicherheit“, sagt auch Dr. Marc Kumpch, der ärztliche Leiter. Er ist Oberarzt in der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern. Von dort kommen alle Ärzte, die mit dem „Air Rescue“ fliegen. Am nächsten Tag wird Kumpch wieder seinen Dienst in der Klinik antreten. „Die Ärzte, die hier fliegen, machen das freiwillig zur sonstigen Dienstbelastung.“ Er ist überzeugt: „Wenn wir uns hier in einer ländlichen Region aufstellen wollen, brauchen wir einen Rettungshubschrauber.“ Das sieht er gerade mit einem Blick in die Zukunft. „Die Medizin wird immer zentralisierter. Wir werden in Zukunft größere Fahrtstrecken in Kauf nehmen müssen, um schwerkranke Menschen zu transportieren. Es wird zudem mehr Verlegungen von kleineren in größere Krankenhäuser geben.“ Und da habe ein Hubschrauber einen entscheidenden Vorteil: Zeit. Nicht nur zum Einsatzort, vor allen Dingen auch von dort bis in ein Krankenhaus. „Mit dem Personal des Westpfalz-Klinikums, dem Team der Johanniter und der besonderen Ausstattung des ’Air Rescue Pfalz’ können wir jegliche Form der Schwerstkrankenverlegung machen“, betont Kumpch – und hebt hervor, dass der Helikopter unter anderem auch schwergewichtige Personen bis zu 350 Kilogramm oder Patienten mit Infektionskrankheiten transportieren kann. „Gestern hatten wir eine Verlegung vom Krankenhaus in Bad Kreuznach nach Heidelberg“, sagt Ziepser. Das zeige, dass die Johanniter nicht nur Patienten vom einen zum anderen Westpfalz-Klinikum-Standort fliegen. Auch wenn das Klinikum in Kaiserslautern mit seiner Maximalversorgung bei Notfällen oft das ideale Krankenhaus sei. Derzeit ist das Team aus fünf Rettungssanitätern der Johanniter, einem Pilotenpool und 13 Ärzten des Westpfalz-Klinikums von 7 Uhr bis Sonnenuntergang im Einsatz – in einer Schicht, deren Besetzung täglich wechselt. „Wichtig ist für uns, dem Patienten das Beste zu geben, was er braucht“, betont Kumpch. Gutes Zusammenspiel Auch deswegen stört ihn wie auch Ziepser so manch andere Diskussion. Etwa die, dass wegen des Hubschraubers Notarztstandorte abgemeldet werden könnten. Gerade im ländlichen Raum wäre das fatal, findet der Oberarzt. Hier muss es für ihn darum gehen, zeitkritische Patienten schnellstmöglich zu versorgen und in das richtige Krankenhaus zu bringen. In einem guten Zusammenspiel zwischen Rettungspersonal am Boden und in der Luft. „Bisher war die Zusammenarbeit auch wirklich sehr gut“, so Ziepser und Kumpch. Der Stationsleiter sieht auch nicht, dass dem Personal am Boden weniger Wertschätzung entgegengebracht wird. „Ich war selbst über 20 Jahre Rettungssanitäter und habe da immer Wertschätzung erfahren.“ Dass es derzeit einen Hype um den Hubschrauber der Johanniter gibt, hängt für Ziepser vor allen Dingen auch daran, „weil ihn die Bevölkerung nicht mehr weggeben will“. Der könnte sogar mit einem Löschwasser-Außenlastbehälter bestückt und für die Feuerwehr im Einsatz sein. Was die Standortfrage betrifft, so sieht sich das Personal in Sembach bestens aufgehoben. „Von hier aus fliegt der Hubschrauber in einem Radius von acht bis zehn Minuten in jeden Winkel der Westpfalz“, so Ziepser. Dass gerade in diesem Bereich ein Hubschrauber benötigt werde, zeigen für ihn die Einsatzzahlen. Alleine in diesem Jahr sind es schon über 400. Deswegen ist es auch sein Wunsch, dass es in Sembach weiterhin einen Intensivtransporthubschrauber gibt. „Wichtig ist für die Region, dass einer dauerhaft hier stationiert ist, auch, wenn es ein anderer wäre“, sagt er. Und der in Zukunft auch nachts fliegen kann, wie Kumpch ergänzt. „Aufgerüstet wäre der Platz hier mit Licht und einem Tank schnell.“

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