Donnersbergkreis Aushängeschild in die Jahre gekommen

Die prachtvolle Orgel in der Paulskirche – hier bei einem Konzert des Nordpfälzer Oratorienchors aufgenommen – ist ein Meisterwe
Die prachtvolle Orgel in der Paulskirche – hier bei einem Konzert des Nordpfälzer Oratorienchors aufgenommen – ist ein Meisterwerk der Orgelbaufamilie Stumm und wurde 1745 fertiggestellt. Sie ist die größte pfälzische Denkmalorgel aus dem 18. Jahrhundert.

Die Restaurierung des Instrumentes aus der Werkstatt der Orgelbauerfamilie Stumm aus dem Hunsrück, 1745 fertiggestellt, ist alles andere als eine Kleinigkeit: Dekan Stefan Dominke spricht von rund 600.000 Euro, die das kosten könnte, doch das ist nur eine ungefähre Hausnummer. „Wenn die Orgel abgebaut und zerlegt ist, dann wird man erst genau sehen, was erforderlich ist.“ Zwanzig Prozent der Kosten wolle die Landeskirche übernehmen. Für den Rest hofft Dominke auf Unterstützung durch Land und Kommunen, durch die Stiftung Orgelbau, die Denkmalschutzbehörden, durch Sponsoren und Spender. Denn mit einem Projekt solcher Größe sei eine Kirchengemeinde klar überfordert. „Es geht hier um ein zu bewahrendes Erbe und Kulturgut“, betont Dominke die über das kirchliche Geschehen weit hinausreichende Bedeutung des Instruments. In diesem Sinne freue es ihn, dass mit Kirchenpräsident Christian Schad und Landrat Rainer Guth Vertreter von Kirche und Politik gemeinsam die Schirmherrschaft über das Orgeljubiläum übernommen haben. Eine kleinere Spendenaktion, die einer Wärmedämmung im Bereich der Organistenloge zugedacht ist, läuft bereits und hat mit 15.000 Euro die Hälfte der voraussichtlichen Kosten schon eingebracht. Die wesentlichen Entscheidungen über die eigentliche Orgelrestaurierung sollen noch dieses Jahr im Presbyterium fallen. Um Auftragsvergaben gehe es da aber noch nicht. „Wir wollen kein Flickwerk betreiben. Vielmehr muss ein Gesamtkonzept her. Es geht um die Frage: Wie soll die Orgel für die Zukunft gestaltet sein“, so Dominke. Als Grundlage dazu liegt bereits ein Gutachten des Orgelsachverständigen der protestantischen Landeskirche, Gero Kaleschke, vor. In mehrmonatiger Arbeit hat er den Bestand erfasst und bewertet sowie die Wartungs- und Sanierungsarbeiten in der Geschichte dieses Instrumentes aufgearbeitet. Und diese Arbeiten, insbesondere die letzten aus den 30er und den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, sind Gegenstand sehr grundsätzlicher Überlegungen und Empfehlungen des Fachmannes – der immerhin betont, dass es hier um die größte Denkmalorgel der Pfalz aus dem 18. Jahrhundert geht. Der „beeindruckende, wohlproportionierte Orgelkörper“ sei in der Pfalz allenfalls noch vergleichbar mit dem Orgelensemble der Speyerer Dreifaltigkeitskirche. Feststellungen, in denen Dominke den Rang dieses kulturhistorischen Erbes deutlich unterstrichen sieht. „In höchstem Maße bedenklich“ Was die „Restaurierung“ – von ihm selbst bezeichnenderweise in Anführungsstriche gesetzt – vor allem der Jahre 1963 bis ’66 angeht, kommt Kaleschke zu einem schroffen Urteil. Sie sei „keinesfalls nach denkmalpflegerischen Grundsätzen vorgenommen worden“, die Arbeit der damals beauftragten Firma Oberlinger sei sogar „in höchstem Maße bedenklich“. Schonender sei in den 30er Jahren vorgegangen worden – auch wenn in dieser Zeit die ursprüngliche mechanische Spiel- und Registertraktur entfernt und durch eine elektrische ersetzt wurde, was laut Kaleschke „vehement verurteilt“ werden müsse. Die Trakturen wurden 30 Jahre später wieder teilweise remechanisiert, der zweite, elektrischer Spieltisch von der Fürstenloge an seinen heutigen Ort verlegt. Insgesamt aber beanstandet der Orgelsachverständige an den Eingriffen vor allem der 60er Jahre Umfangserweiterungen, Eingriffe in die innere Struktur des Orgelwerks, Veränderungen an Windladen und Pfeifenwerk, die Verwendung unpassender Materialien, Veränderungen der Temperierung und der Tonhöhe und vieles andere mehr. Vieles sei dem Zeitgeist und seinem Verlangen nach Modernisierungen geschuldet sowie dem Wunsch, mehr jüngere Orgelliteratur spielbar machen zu können. Dagegen meint Kaleschke: „Es besteht die Verpflichtung, dieses Instrument konsequent einer behutsamen Restaurierung zu unterwerfen und seiner Bedeutung gemäß in uneingeschränktem Maße zurückzugewinnen, so dass Optik, Technik und Klang wieder als Einheit empfunden werden.“ Dominke: Mittelweg möglich Eine Expertenmeinung, die schon für etwas Unruhe im Presbyterium gesorgt hat. Zumal eine Wiederherstellung der historischen Situation Auswirkungen auf das Konzertgeschehen in seiner jetzigen Form haben würde, das eben über die Barockzeit weit hinausreicht in jüngere Musikepochen mit ihren ganz anderen Anforderungen an das Instrument. Dekan Dominke hält allerdings selbst eine „reine Historisierung“ für wenig plausibel. Sie müsste auch mit einer Entfernung des zweiten, elektrischen Spieltisches hinter den Bankreihen vis-a-vis dem Altar einhergehen, der gegenüber der Spielposition in der Loge im Orgelprospekt klare Vorteile hat. Mit einer reinen Ausreinigung sei es aber auch nicht getan. Im Gutachten Kaleschkes sieht Dominke indes einen Weg angelegt, der beiden Grundtendenzen gerecht werden könnte. Es könnte der alte, obere Spieltisch wieder an den ursprünglichen Zustand angenähert werden, während alle jüngeren Erweiterungen und Veränderungen von einem neuen unteren Spieltisch dem Organisten zugänglich blieben. Was am Ende umgesetzt wird, das hat das Presbyterium zu entscheiden, und diese Entscheidung soll laut Dominke noch in diesem Jahr fallen. Dazu werden Kaleschke selbst und Kirchenmusikdirektor Steuerwald noch eingeladen zur Diskussion mit dem Kirchheimbolander Kirchenparlament. Danach werde es an die Ausschreibung gehen, für die Kaleschke bereits drei bewährte Firmen vorgeschlagen hat. Es sei im übrigen nicht zu erwarten, dass die Restaurierung bis zum Jubiläum umgesetzt, ja auch nur begonnen sein wird – zumal die Orgel gerade im Jubiläumsjahr 2020 mit seinem hochanspruchsvollen Konzertprogramm gebraucht wird. „Das wird ein Thema der 2020er Jahre“, denkt Dominke dafür in größeren Zeiträumen.

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