Rheinland-Pfalz Von wegen museumsreif: Trierer Ausstellung will auch Karnevalsverweigerer locken

Zahlreiche Karnevalskostüme sind in der aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift zu sehen.
Zahlreiche Karnevalskostüme sind in der aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift zu sehen. Foto: dpa

Helau und Alaaf: Zum Beginn der fünften Jahreszeit geht in Trier eine Ausstellung zum Karneval an den Start. Sie zeigt: Fasnacht war einmal ganz schön revolutionär.

Trier. Ein Berg von Konfetti-Schnipseln, eine Wand voller Krawatten und viele Kostüme aus Filz, Plüsch, Feder und Tüll: So bunt wie er ist, kommt er daher – der Karneval, dem das Stadtmuseum Simeonstift Trier pünktlich zum Start in die neue Narren-Session eine Ausstellung widmet. Ob Orden, Kopfschmuck oder Narrenkappen: Die Liebe zum Detail der Fasnachtsvereine ist überall sichtbar.

Doch die Sonderschau unter dem Titel „Die Welt steht Kopf“ bietet mehr als einen Gang durch die fünfte Jahreszeit vom 11.11. bis Aschermittwoch. Sie nimmt die Besucher mit auf eine Reise durch die Kulturgeschichte des Karnevals – von den Anfängen im Mittelalter bis heute. Anhand von Grafiken, Gemälden und historischen Kleidern wird vor allem der rheinische Karneval mitsamt des Trierer Karnevals behandelt.

Erst Revolution dann Maskenbälle fürs Bürgertum

„Die Geburtsstunde des Politischen Karnevals lag in den Jahren der 1848er-Revolution“, sagte Kuratorin Dorothée Henschel am Freitag bei einer ersten Vorstellung der Räume. Aber auch zuvor unter französischer Besatzung der Rheinlande habe man sich karnevalesk versammelt, um Kritik äußern zu können. Später gab es Maskenbälle mit prunkvollen Ballkleidern und Masken – für das Bürgertum. Und der erste Rosenmontagszug zog 1823 durch Köln, wie Henschel sagte.

Spannend ist auch, dass es Vorläufer des Karnevals bereits in der Antike gab: Bei mehrtägigen „Saturnalien“ im Dezember zu Ehren des Gottes Saturn bedienten Herren Sklaven. „Auch hier wurden für einige Tage traditionelle Regeln außer Kraft gesetzt“, sagte Museumssprecherin Kathrin Koutrakos. Und mit der Einführung der Fastenzeit um 600 nach Christus von Papst Gregor I. wurde der Grundstein für die Volksfastnacht gelegt.

200 Exponate warten auf den Besucher

Die Ausstellung ist nicht nur für Karnevalsfans gedacht. Ob Fasnacht, Fasching oder Karneval: Der kulturelle Reichtum der Bräuche werde auch „entschiedene Karnevalsverweigerer beeindrucken“, gab sich Koutrakos überzeugt. Insgesamt 200 Exponate sind ab dem 10. November, 11.11 Uhr, zu sehen. Museumsdirektorin Elisabeth Dühr sagte, es seien etliche Leihgaben darunter, beispielsweise vom Deutschen Fasnachtsmuseum im bayerischen Kitzingen oder vom städtischen Kunstmuseum in Luxemburg.

Heute zählt der Bund Deutscher Karneval (BDK) rund 2,6 Millionen Mitglieder in mehr als 5300 Vereinen: In den Hochburgen Köln, Mainz und Düsseldorf ist der Karneval zudem ein wichtiger Wirtschafts- und Tourismusfaktor: Allein in Köln führe der Karneval zu einem Umsatz von rund 460 Millionen Euro pro Jahr, hieß es in der Ausstellung.

Immer weniger Nachwuchs bei Vereinen

Auch auf neue Entwicklungen wie dem Sommerkarneval, der vor allem in Balkanländern gefeiert werde, gehe man ein, sagte Leiterin Dühr. Das Brauchtum sei über die Jahrhunderte immer wieder Wandel unterworfen gewesen. Auch jetzt, meinte Historikerin Jutta Albrecht, die die Ausstellung mit entworfen hat. Es gebe immer weniger Nachwuchs. Sie sehe kritisch, dass viele Jecken heute gar nicht mehr wüssten, wo die Ursprünge des Brauchtums lägen. Zudem vermisse sie einen kritischeren Karneval.

Erste Trainingseinheit für künftige Büttenredner

„Es ist, ehrlich gesagt, heute auf den Bühnen zu zahm geworden. Der Karneval ist zu angepasst“, sagte Albrecht, die mit Leib und Seele Karnevalistin ist. Und: Wenn man junge Leute erreichen wolle, müssten die Karnevalsgesellschaften „peppiger“ werden. Wenn der Nachwuchs schon mal üben will: In der Ausstellung gibt es Mitmachstationen, an denen man sich auch als Büttenredner versuchen kann. Die Schau ist bis zum 26. Februar 2020 (Aschermittwoch) zu sehen. Dann ist alles vorbei.

Ein Berg Konfetti liegt im Stadtmuseum Simeonstift vor einer Galerie von Karnevalskostümen.
Ein Berg Konfetti liegt im Stadtmuseum Simeonstift vor einer Galerie von Karnevalskostümen. Foto: dpa
Museumsmitarbeiterin Katrin Koutrakos fotografiert mit dem Smartphone ein Bild in der aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum Simeo
Museumsmitarbeiterin Katrin Koutrakos fotografiert mit dem Smartphone ein Bild in der aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift. Foto: dpa
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