Rheinland-Pfalz Libellen haben Oberwasser

Zugewandert: Östlicher Blaupfeil.
Zugewandert: Östlicher Blaupfeil.

«MAINZ.» Die Libellenbestände in Rheinland-Pfalz haben sich zum überwiegenden Teil erholt. Dies geht aus der gestern veröffentlichten „Roten Liste“ dieser Fluginsekten hervor. Danach sind heute 65 Prozent der aktuell im Land vorkommenden Libellenarten nicht mehr gefährdet. „Das ist ein großer Erfolg“, sagt Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). 1992, als die Arbeiten an der Vorgänger-Liste abgeschlossen wurden, habe dies nur für 17 Prozent der Arten gegolten.

Die bessere Gewässerqualität, die nicht zuletzt dem Ausbau der Kläranlagen zu verdanken ist, die Renaturierung von Flüssen und Bächen sowie den Klimawandel nennt Christoph Willigalla als Hauptgründe für diese Entwicklung. Der Landschaftsökologe, der in Mainz ein Gutachter-Büro betreibt, hat die an der Roten Liste beteiligten rund 200 ehrenamtlich tätigen Naturforscher koordiniert. In dem 64 Seiten umfassenden Werk, das vom Mainzer Umweltministerium herausgegeben wurde, werden 68 gegenwärtig in Rheinland-Pfalz lebende Arten aufgelistet. Das sind fünf mehr als vor einem Vierteljahrhundert. Darüber hinaus wird mit der Zwerglibelle eine seit über einem Jahrhundert ausgestorbene Art verzeichnet. Sie wurde zuletzt 1903 im Bereich des Maudacher Bruches in der Vorderpfalz beobachtet. Mit der Zwerglibelle führt die aktuelle Rote Liste also 69 Arten auf. Zu den „Neuen“ zählt der Östliche Blaupfeil. Der erste Fotonachweis dieser Art für Rheinland-Pfalz gelang einer Schülerin: Justina Lugenbühl hatte vor zwei Jahren ein Exemplar an einem Fischteich bei Ottersheim (Kreis Germersheim) aufgespürt. Christoph Willigalla hatte den Östlichen Blaupfeil zwar bereits 2008 in der gleichen Region gesichtet, damals aber keinen Fotoapparat zur Hand. Ebenfalls als neue Art in Rheinland-Pfalz aufgeführt wird die Östliche Moosjungfer: Diese Libelle hat der Trippstadter Biologe Jürgen Ott 2013 an einem Woog im Erlenbachtal bei Kaiserslautern entdeckt. Generell auf dem Vormarsch sind seit Jahren wärmeliebende Arten wie die aus dem Mittelmeerraum stammende Feuerlibelle oder die Gabelazurjungfer. Rote Listen dienen nach den Worten von Willigalla dazu, Bestandsrückgänge zu erkennen, um frühzeitig mit gezielten Maßnahmen gegensteuern zu können. Besondere Verantwortung habe Rheinland-Pfalz für drei Libellenarten, weil sie in Europa hier ihren Schwerpunkt aufweisen. So komme die rare Vogel-Azurjungfer nur an zwei Gewässern am Rande des Bienwaldes vor. Die Blaugrüne Mosaikjungfer sei zwar in Rheinland-Pfalz an stehenden Gewässern noch stark verbreitet. Allerdings konzentrieren sich 20 bis 25 Prozent des Weltbestandes auf dieses Bundesland. Letzteres gilt auch für die Gestreifte Quelljungfer, die an sauberen Quellen des Mittelgebirges lebt. Verschwinden ihre Lebensräume, sind die Fluginsekten bedroht. Dies gilt laut Jürgen Ott – zusammen mit Frank Schlotmann und Christoph Willigalla Hauptautor der neuen Liste – beispielsweise für Arten, die an Moorlandschaften angepasst sind. Dazu zählen die Kleine Moosjungfer, die eine der Leittierarten der Wooge des Pfälzerwaldes ist, die Speer-Azurjungfer sowie die Torf-Mosaikjungfer. Die Aktualisierung von Roten Listen ist Bestandteil des Koalitionsvertrages der rot-gelb-grünen Landesregierung. Mit Hilfe dieser Datensammlungen „soll nicht nur eine bessere Grundlage für naturverträgliche Planungen geschaffen, sondern auch das Wissen um Natur und Lebensräume gestärkt werden“, betont Umweltministerin Höfken. Ende dieses/Anfang nächsten Jahres soll nach Ministeriumsangaben eine neue Rote Liste für die Blütenpflanzen erscheinen. Geplant für 2019 ist auch eine Übersicht für Weichtiere und ein Jahr später für Wanzen. In den kommenden Jahren ist zudem eine Rote Liste Wildbienen vorgesehen. Bereits 2014 erschienen sind die Listen für Großschmetterlinge und Brutvögel. Info Die Rote Liste Libellen kann im Internet unter https://s.rlp.de/RoteListeLibellen eingesehen werden.

Bei Kaiserslautern gesichtet: Östliche Moosjungfer.
Bei Kaiserslautern gesichtet: Östliche Moosjungfer.
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