Kultur Kontroverse hält an

Vor der Verleihung der Carl-Zuckmayer-Medaille an den österreichischen Schriftsteller Robert Menasse (64) am Abend im Staatstheater Mainz setzte sich gestern der Streit über den Preisträger fort.

Menasse wird kritisiert, weil er dem ersten EU-Kommissionspräsidenten Walter Hallstein (CDU) Zitate zugeordnet hat, die dieser so nicht gesagt hatte. Außerdem hatte er Hallsteins Antrittsrede als Kommissionspräsident nicht nur in seinem literarischen Werk nach Auschwitz verortet, sondern dies auch als Tatsache in Essays, die in Tageszeitungen erschienen sind, oder in Reden dargestellt. Dafür hat er sich in der vorletzten Woche entschuldigt. Die CDU bleibe der Verleihung geschlossen fern, hieß es aus der Landtagsfraktion. Fraktionschef Christian Baldauf bezeichnete die Verleihung als einen schweren Fehler. „Gerade Repräsentanten des Staates sollten verantwortungsvoll für Wahrheit im öffentlichen Diskurs einstehen“, sagte er. Mit der Auszeichnung an den österreichischen Schriftsteller verlasse Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) diesen Grundsatz. Bei der Begrüßung Menasses am Nachmittag im Gästehaus der Landesregierung verteidigte Dreyer den Preisträger – und ihre Entscheidung, an der Verleihung festzuhalten. Es sei ihre Lebenshaltung, dass sie es annehmen könne, wenn Menschen Fehler eingestehen. Es sei klar, dass man sich im politischen Diskurs an Fakten halten müsse, aber umgekehrt „leben wir auch davon, dass Menschen großartige Literatur schreiben“, sagte Dreyer. „Der Schock, den diese Debatte ausgelöst hat, wird sicher dazu beitragen, dass mir dieser Fehler nicht noch einmal unterläuft. Aber ich will mich auch nicht noch Tausend Mal dafür entschuldigen müssen“, sagte Menasse. Er betonte, nichts verfälscht zu haben. „Zum Fälschen gehört Absicht, die hatte ich nicht.“ Zur Verortung der Rede nach Auschwitz räumte er ein: „Als ich die Geschichte mit Hallstein in Auschwitz erfahren habe, ist mir schon klar gewesen, dass das kaum möglich gewesen sein kann. Aber ich habe sofort gewusst, das muss in meinen Roman rein als ein ganz starkes Symbol.“ Es vereine den Schwur „Nie wieder Auschwitz“ und die Befriedung Europas.

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