Wirtschaft Taschen aus Lkw-Planen

Geldbeutel der Schweizer Firma Freitag – hergestellt aus gebrauchten Materialien wie Lkw-Planen.
Geldbeutel der Schweizer Firma Freitag – hergestellt aus gebrauchten Materialien wie Lkw-Planen.

Ob Jacken aus PET-Flaschen, Hosen aus Altreifen oder Taschen aus Lkw-Planen: Hersteller von Outdoor-Klamotten setzen verstärkt auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft, bei dem Abfall weiterverarbeitet und als Rohstoff für Produkte wieder eingesetzt wird.

Der Outdoor-Hersteller Vaude aus Tettnang am Bodensee will 2022 Trekking-Hosen auf den Markt bringen, die aus recyceltem Polyamid sind. Dieser vom Chemiekonzern BASF gelieferte Kunststoff stammt über einen Zwischenschritt aus Altreifen. Bei der US-Outdoor-Modefirma Patagonia werden aus recycelten Fischernetzen Mützen produziert.

Aus Alt mach Neu – dieser Devise folgt auch der Schweizer Taschen- und Accessoire-Hersteller Freitag. Die Firma aus Zürich hat farbenfrohe Taschen aus Lkw-Planen im Sortiment. „Wer heute zukunftsfähige Konzepte liefern will, muss den Kreis schließen“, sagt eine Unternehmenssprecherin mit Blick auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Seit 2014 hat Freitag eine Kleiderlinie aus Hanf und Leinen, die Firmenangaben zufolge samt Label und Hemdknöpfen vollständig biologisch abbaubar ist.

Polsterung aus Algenschaum

Auf einen möglichst nachhaltigen Umgang mit Ressourcen setzt auch die Outdoor-Firma Jack Wolfskin. „Wir arbeiten intensiv daran, einen Kreislauf in unserem Produktionsprozess herzustellen, in dem Abfälle wieder zu Rohstoffen werden“, sagt eine Sprecherin. In den Kollektionen kommen etwa recycelte Plastikflaschen zum Einsatz. Besonders nachhaltig sei eine Rucksack-Linie, in der alle Kunststoffe aus recycelten Materialien sind – die Polsterung zum Beispiel ist aus Algenschaum, einem nachwachsenden Rohstoff.

Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie erkennt generell einen Bewusstseinswandel bei Verbrauchern hin zu Kleidung aus recyceltem Material. Es habe ein „Jahrzehnt der textilen Kreislaufwirtschaft“ begonnen, heißt es vom Branchensprachrohr.

Bei Produktidee Entsorgung mitdenken

In der Abfallwirtschaft kommen solche Ideen gut an. Es sei jede Initiative gut, die helfe, Materialkreisläufe zu schließen, sagt ein Sprecher des Entsorgerverbandes BDE. Solche Vorhaben und Produkte dürften aber keine Ausnahmeerscheinungen bleiben. Er sieht die Industrie in der Pflicht, um beim Einsatz solcher Stoffe voranzukommen. „Es ist letztlich immer eine Frage der Produktpolitik – welches Material setzt der Hersteller ein? Ist es recyclingfähig oder sogar Recyclingmaterial? Das kann er ja nur alleine entscheiden.“ Zur idealen Kreislaufwirtschaft gehöre, „dass schon mit der Produktidee die Entsorgung mitgedacht wird“.

Der Textilverband betont hierzu: „Man muss unterscheiden zwischen der werthaltigen Textilindustrie, die Lösungen für die Kreislaufwirtschaft entwickelt, und ,Fast Fashion’.“ In ersterer gebe es zahlreiche Bemühungen, Rohstoffe so lange und häufig wie möglich zu nutzen. Mit „Fast Fashion“ ist der rasche Kollektionswechsel relativ günstiger Kleidung – vor allem bei großen Modeketten – gemeint. Dieses Geschäftsmodell führe dazu, dass die Menschen viel mehr Klamotten als früher kauften und dadurch die Umwelt belastet werde.

Die Lösung: einfach weniger

Die Initiativen der Outdoor-Branche finden Umweltschützer generell positiv. Indra Enterlein vom Nabu weist aber darauf hin, dass chemisches Recycling in der Textilbranche nicht unproblematisch sei. „Da werden unter hohem Energieaufwand Rohstoffe niedriger Qualität erzeugt, die mit „frischen“ fossilen Rohstoffen gemischt werden, um dann Kunststofftextilien herzustellen.“ Es sei fraglich, ob so ein hoher Aufwand bei so schnelllebigen Produkten wie Textilien sinnvoll sei. Enterlein schlägt eine bessere Lösung vor: „einfach weniger. Wenn man sich jede Saison komplett neu eindeckt, das Textil zwei-, dreimal trägt, dann ist es einfach per se nicht umweltfreundlich. Selbst wenn es aus Recycling-Material besteht“.

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