Bahnverkehr Streit um Struktur der Deutschen Bahn

Die aktuelle DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta könnte eine zentrale Rolle im Streit um die DB-Struktur spielen. Bei FDP und Grünen
Die aktuelle DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta könnte eine zentrale Rolle im Streit um die DB-Struktur spielen. Bei FDP und Grünen gibt es offenbar die Idee, der SPD die Zerschlagung des DB-Konzerns dadurch schmackhaft zu machen, dass Nikutta Chefin der Rest-DB (ohne Netz) werden könnte.

Die Parteien der künftigen Ampelkoalition im Bund nehmen eine altbekannte Debatte wieder auf: Sollen Netz und Betrieb bei der bundeseigenen Deutschen Bahn (DB) getrennt werden?

Zur Umsetzung der Verkehrswende in Deutschland beraten die Ampel-Parteien laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ auch über eine Zerschlagung der DB. Grüne und FDP wollen Netz und Betrieb trennen, die SPD ist nicht zuletzt unter dem Einfluss der größten Eisenbahnergewerkschaft EVG gegen eine Aufspaltung

Laut „Spiegel“ planen FDP und Grüne, der SPD im Gegenzug für eine Abtrennung des DB-Netzes bei der Besetzung der DB-Spitze entgegenzukommen. DB-Chef Richard Lutz solle abgelöst werden, ebenso der ehemalige CDU-Generalsekretär und DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla. Neue DB-Chefin könnte nach den Vorstellungen von FDP und Grünen dann Sigrid Nikutta werden, die als SPD-affin gilt und bei der im DB-Aufsichtsrat stark vertretenen DGB-Gewerkschaft EVG relativ gut angeschrieben ist. Nikutta ist derzeit DB-Logistikchefin.

EVG gegen Pläne von FDP und Grünen

Die EVG widersprach den Plänen von FDP und Grünen für eine Abtrennung des Netzes am Freitag jedoch entschieden. Jens Schwarz, der Vorsitzende des DB-Konzernbetriebsrates, betonte: „In Deutschland funktioniert der Wettbewerb auf der Schiene. Nirgendwo in Europa sind so viele Eisenbahnverkehrsunternehmen aktiv wie hier, hauptsächlich im Güterverkehr und im Nahverkehr. Nicht der Wettbewerb ist in Deutschland eine knappe Ressource, sondern die Infrastruktur, vor allem die Schienenwege.“ Die Eisenbahn sei jahrzehntelang vernachlässigt worden, klagte Schwarz. Seit Mitte der 90er Jahre sei zwar die Verkehrsleistung auf der Schiene im Personenverkehr um über 50 Prozent gewachsen, im Güterverkehr sogar um knapp 90 Prozent. Nicht jedoch das Schienennetz – „dieses ist im gleichen Zeitraum sogar deutlich geschrumpft“. Waren es 1994 noch 44.600 Kilometer, seien es aktuell rund 38.400 Kilometer.

Der DB-Betriebsratschef forderte von der neuen Bundesregierung „gewaltige Anstrengungen“, um das Schienennetz auszubauen. Weiterer Investitionsbedarf bestehe bei der Elektrifizierung der Bahnstrecken und bei der Digitalisierung. Mit der von FDP und Grünen geforderten Abtrennung der Infrastruktursparte habe man in Nachbarländern „schlimme Erfahrungen gemacht“. Schwarz betonte, den Wettbewerb kontrolliere die Bundesnetzagentur; sie reguliere den Zugang zur Infrastruktur und wache gemeinsam mit der EU-Kommission darüber, dass die Wettbewerber nicht benachteiligt werden.

VCD: Gleise und Stationen ohne Renditedruck

Differenziert äußerte sich zu der Frage Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Sie sagte: „Die zentrale Frage muss doch sein: Was trägt dazu bei, die Klimaziele besser und schneller zu erreichen? In anderen Ländern in Europa finden wir sowohl Beispiele für erfolgreich integrierte Eisenbahnkonzerne mit klarem, politischem Auftrag als auch für erfolgreiche Wettbewerbssysteme. Von Staatsbahnen wie der österreichischen ÖBB profitieren vor allem benachteiligte, schlechter angebundene Regionen und Menschen mit geringerem Einkommen. Wir brauchen ein System, das den Kunden höchstmögliche Qualitäts- und Angebotsstandards bei bezahlbaren Ticketpreisen bietet, damit wir den Umstieg auf die Schiene und eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 schaffen.“ Der VCD fordere, dass Gleise und Stationen nicht mehr wie bisher Dividenden für den DB-Gesamtkonzern erwirtschaften müssen. Statt das DB-Netz an Gewinnzielen auszurichten, sollten ausschließlich klare Gemeinwohlziele wie die umweltfreundliche und kundenorientierte Erhaltung und der Betrieb des gesamten Bahnnetzes Priorität haben.

Kommentar: Keine Zeit für langen Streit

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