Wirtschaft Milliardengrab Bankenrettung
Die Kosten für die Rettung deutscher Banken während der Finanzkrise belaufen sich auf mindestens 68 Milliarden Euro. Das geht aus Berechnungen des Grünen-Politikers Gerhard Schick hervor, der zehn Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers eine vorläufige Bilanz der Kriseninterventionen veröffentlichte.
Weitere 12 Milliarden Euro an Steuergeldern stünden noch im Feuer, schreibt der Mannheimer Bundestagsabgeordnete auf seiner Website. In der Tabelle darunter sind sogar offene Risiken in Höhe von 13 Milliarden Euro ausgewiesen – hier wurden aber noch schwebende Garantien für die Sachsen LB aufgenommen, deren Abwicklung mittlerweile abgeschlossen ist. Die übrigen Restrisiken entstehen durch zwei Faktoren: Die Abwicklung der in der Krise untergegangenen Landesbank West LB ist noch nicht abgeschlossen. Außerdem ist der Bund über den Finanzmarktstabilisierungsfonds FMS noch an der Commerzbank beteiligt. Wann und ob der Staat die für das Aktienpaket gezahlten 1,8 Milliarden Euro zurückbekommt, ist angesichts der schlechten Kursentwicklung fraglich: „Es bestehen weiterhin Kursrisiken aus der Aktienbeteiligung an der Commerzbank AG“, heißt es dazu in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage Schicks, auf der die Zahlen basieren. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Am teuersten kam die Steuerzahler die Rettung des Immobilienfinanziers Hypo Real Estate zu stehen, die nach Schicks Berechnungen über 20 Milliarden Euro verschlang. Auf Platz zwei rangiert mit 11 Milliarden Euro die HSH Nordbank, dicht gefolgt von einer weiteren Landesbank – der Bayern LB mit rund 10 Milliarden Euro. Knapp 9 Milliarden Euro kostete die Stabilisierung der Industriekreditbank IKB, des ersten Opfers der Finanzkrise in Deutschland. Die LBBW erhielt vom Land Baden-Württemberg, den Sparkassen der Region und der Stadt Stuttgart 2009 Kapitalspritzen von zusammen 5 Milliarden Euro. Davon zahlte die LBBW im April 2014 aber 1 Milliarde zurück. Da die Kapitalgeber für ihre Anteile zudem Dividenden einstreichen, beziffert Schick die Kosten für den Steuerzahler zum aktuellen Zeitpunkt auf 3,2 Milliarden Euro. Nicht eingerechnet sind Garantien, die von Land und Stadt vorsorglich gestellt, aber nie benötigt wurden. Profitiert hat die LBBW auch von Garantien für die Sachsen LB, die 2007 von den Stuttgartern übernommen wurde. Der Freistaat Sachsen hatte damals für den Ausfall riskanter Papiere einen Garantiefonds über 2,75 Milliarden Euro eingerichtet, von denen 1,9 Milliarden Euro in Anspruch genommen wurden. Für LBBW und Sachsen LB zusammen belaufen sich die Kosten demnach auf gut 5 Milliarden Euro. Die Zahlen sind angreifbar, weil umstritten ist, ob Kapitalspritzen überhaupt mit Kosten gleichzusetzen sind – schließlich erhielt die öffentlichen Hand dafür größere Anteile an den Landesbanken oder auch der Commerzbank. Experten zweifeln zudem die von Schick angesetzten Kosten für das Aufbringen zusätzlichen Kapitals durch Bund, Länder und Kommunen an. Der Grünen-Politiker wiederum betont, weitere Nebenkosten seien mangels Informationsgrundlage noch gar nicht berücksichtigt – etwa die Personalaufwendungen der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FSMA). Auch die Stabilisierung der Nord LB werde nochmal die Steuerzahler in den beteiligten Bundesländern etwas kosten, schreibt Schick mit Blick auf die aktuellen Probleme der Landesbank für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Das Institut leidet unter seinem großen Engagement bei Schifffahrtskrediten. Schick war bis 2017 zehn Jahre lang finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. Am Mittwoch hatte er angekündigt, zum Jahresende sein Mandat niederzulegen, um sich ganz der neuen „Bürgerbewegung Finanzwende“ zu widmen. Kommentar