Wirtschaft Kommentar: Verbindung schaffen

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist ein komplexes, hochpolitisches Projekt. Und deswegen eine Chance, Russland stärker einzubinden.

Nord Stream 2 wird rein privatwirtschaftlich finanziert, unter anderem von der BASF. Dennoch ist das Pipeline-Projekt hochpolitisch, hochkomplex und hochumstritten. Hier treffen unterschiedlichste Interessen aufeinander. Da ist zum Beispiel die Ukraine, in deren Osten Russland einen Krieg steuert. Russland hat zudem die Krim besetzt. Durch die Ukraine fließt russisches Gas in die EU. Daran verdient das Land, und es verwendet den Versorgungsweg als politisches Faustpfand. Auch Polen ist ein Gegner von Nord Stream 2, weil es selbst an der Durchleitung russischen Gases verdient. Nord Stream 2 würde für beide Länder Einbußen bedeuten. Andere führen gegen Nord Stream 2 ins Feld, damit werde die EU abhängiger von russischem Gas. Dies erscheint aber nicht logisch. Russland liefert seit vielen Jahrzehnten zuverlässig. Und eine zusätzliche Versorgungsleitung unter der Ostsee bedeutet eine Versorgungsalternative mehr und mehr geliefertes Gas. Beides erhöht die Versorgungssicherheit – zumal die Abhängigkeit von der Leitung durch die politisch hochbrisante Ukraine verringert wird. Dann sind da die USA, die ausdrücklich auch Nord Stream 2 mit Sanktionen bedrohen, unter anderem um – ganz eigennützig – mehr Gas an die EU zu verkaufen. Die diplomatische Initiative der Bundesregierung ist der begrüßenswerte Versuch, Russland wieder stärker einzubinden, statt durch noch mehr Druck weiter zu entfremden. Um die komplizierten Zusammenhänge ist die Bundesregierung dabei nicht zu beneiden. Doch ist gerade das eine Chance: Denn wer mehr Stellschrauben hat, besitzt auch mehr Möglichkeiten, für Bewegung zu sorgen.

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