Meinung Deutschlandticket: Die 49er-Revolution

Pendler, die aus ländlichen Regionen in Ballungszentren wie Frankfurt pendeln, profitieren besonders stark von dem Deutschlandti
Pendler, die aus ländlichen Regionen in Ballungszentren wie Frankfurt pendeln, profitieren besonders stark von dem Deutschlandticket.

Das neue Deutschlandticket hat ein sehr gutes Preis/Leistungs-Verhältnis. Für viele Autofahrer kann das attraktive Ticket ein überzeugender Grund sein, umzusteigen – allerdings nur, wenn auch die Qualität des Angebots stimmt.

Ab kommender Woche gilt das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat. Das ist eigentlich eine Sensation, auch wenn das Publikum Zeit hatte, sich an dieses geradezu revolutionäre Angebot zu gewöhnen und im Moment diverse Komplikationen und Detailprobleme manchmal mehr Aufmerksamkeit finden als das neue Ticket selbst.

Dabei kann man das neue Angebot durchaus kritisch sehen. Berechtigt ist vor allem die Kritik, dass hier viel Geld für die Verbilligung von Konsum verplant wird, das vielleicht besser für Investitionen ausgegeben werden sollte. Das galt schon für das 9-Euro-Ticket im vergangenen Jahr, das seine Existenz einem typischen Kompromiss der Ampelkoalition verdankte. Weil die FDP mit dem Segen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) viel Geld für einen Tankrabatt aus dem Fenster werfen durfte, bekamen die Grünen zur Kompensation eine ebenfalls hohe Summe für ein Billigticket. An dem Tankrabatt hatte die FDP dann aber politisch eher wenig Freude, während das 9-Euro-Ticket trotz aller Schattenseiten zu einem Knüller wurde, der eine politische Eigendynamik entwickelte.

9-Euro-Ticket wertet Thema Nahverkehr auf

Ob es gerechtfertigt war, 2,5 Milliarden Euro für einen Fast-Nulltarif während drei Monaten auszugeben, darüber lässt sich durchaus streiten. Immerhin kam diese Summe – im Unterschied zu den Milliarden für den Tankrabatt – gerade Menschen mit geringem Einkommen zugute und es wurde ein Anreiz zu klimafreundlichem Verhalten geschaffen, auch wenn sich der erzielte Klimaschutzeffekt schwer exakt beziffern lässt und deshalb ganz unterschiedlich bewertet wird.

Eindeutig ist allerdings, dass der Anklang, den das 9-Euro-Ticket fand, das Thema Nahverkehr politisch enorm aufgewertet hat. Davon profitieren nun dank des Deutschlandtickets erst einmal viele, die den Nahverkehr jetzt schon nutzen. Hilfreich ist das natürlich vor allem dort, wo es einen Nahverkehr auf akzeptablem Niveau gibt.

Stadt/Land-Polemik aus CDU-Kreisen deplatziert

Der Versuch mancher Politiker vor allem aus der CDU, hier eine neidgenährte Stadt/Land-Polarisierung zu befeuern, ist allerdings völlig deplatziert. Die größten Nutznießer des neuen Angebots sind nämlich Bewohner ländlicher Regionen, die in ein Ballungszentrum pendeln. Vor allem dort, wo Jahreskarten viel teurer sind als im bisher schon vergleichsweise preisgünstigen Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), sparen Pendler dank des Deutschlandtickets künftig enorme Summen. Das gilt beispielsweise für Fahrten aus dem Kreis Fulda nach Frankfurt.

Die deutschlandweite Gültigkeit dürfte für viele ein Anreiz sein, sich eine derart attraktives Flatrate-Ticket zuzulegen, auch wenn es nicht regelmäßig für die Fahrt zum Arbeitsplatz genutzt wird.

Zwei unterschiedliche Szenarien möglich

Eine deutliche Preissenkung, die, anders als im Sommer 2022, nicht auf nur drei Monate beschränkt ist, kann allein schon erhebliche Effekte auf die Verkehrsmittelwahl haben. Deutlich größer werden sie im Sinne des Klimaschutzes aber nur dann sein, wenn auch Fahrplanangebot und Zuverlässigkeit verbessert werden. Das wird die künftig entscheidende Frage sein. In einem Negativ-Szenario wird mit dem Deutschlandticket viel Geld verbraten, das sinnvoller für die Verbesserung des Angebots eingesetzt werden könnte und es drohen im Extremfall sogar Einschnitte ins Angebot. In einem Positiv-Szenario wertet der Erfolg des Deutschlandtickets das Thema Nahverkehr politisch so stark auf, das endlich Mittel für eine Verbesserung des Nahverkehrs bereitgestellt werden, die im Klimaschutz-Kontext dringend geboten ist. Welches von diesen beiden Szenarien Wirklichkeit wird, hängt sicher nicht zuletzt auch davon ab, wie gut das neue Angebot ankommt.

Lesen Sie auch: 49-Euro-Ticket, aber keine Züge mehr?

x