Wirtschaft Der Lockruf des Kuckucksbähnels

Die heutige Tour führt von Elmstein nach Lambrecht entlang des Speyerbachs und des Kuckucksbähnels. Die beliebte Museumsbahn, die heute dem Ausflugsverkehr dient, wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem für den Holztransport gebaut.

Unsere Wanderung beginnt am Bahnhof Elmstein. Wir folgen der Markierung Gelbes Kreuz des Pfälzerwaldvereins in Richtung Osten. Am östlichen Ende des Bahnhofs kommen wir an der Gaststätte „Zum Lokschuppen“ vorbei, die leider geschlossen ist. Ein Schild „Zu vermieten oder zu verkaufen“ deutet auf ungewisse Zukunftsperspektiven hin. Der Lokschuppen spielte bei der Eröffnung der Bahnstrecke am 23. Januar 1909 eine unerfreuliche Rolle. Der feierlich geschmückte Eröffnungszug um 6.20 Uhr ab Elmstein fuhr wegen einer falsch gestellten Weiche statt auf die Strecke in den Schuppen, rammte das Eisentor und durchbohrte eine Wand. Der Wanderweg überquert am östlichen Ortsende von Elmstein zweimal die Bahnstrecke, zuerst auf einer Brücke der Mühlstraße. Hier sieht man gut die relativ starke Steigung der Strecke von 1,4 Prozent bei der Fahrt durch einen Einschnitt, der im lokalen Eisenbahnerjargon „Canyon“ genannt wird. Diese Steigung ist ein Grund dafür, dass bei Fahrten des Kuckucksbähnels manchmal in Neustadt zwei Wagen aus der Bundesbahnzeit, die an ihrer grünen Farbe erkennbar sind, zurückbleiben. Fehlen die beiden Wagen, schafft die auf den Namen „Speyerbach“ getaufte Dampflok den Zug alleine, fahren sie dagegen wegen starken Fahrgastandrangs mit, muss eine zweite Lok den Zug nachschieben. Weil das mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, wird meist erst kurzfristig entschieden, ob die Zusatzwagen samt der zweiten Lok in Neustadt stehen bleiben oder mit nach Elmstein fahren. Kurz bevor der Weg am Elmsteiner Sportplatz erneut die Bahnstrecke kreuzt, überqueren wir auf einer kleinen Brücke den Speyerbach. Er war bis zum Bau der Eisenbahn der bedeutendste Verkehrsweg für das wichtigste Produkt des Elmsteiner Tals, das Holz. Der Speyerbach ist einer der klassischen Triftbäche, auf denen das Holz bachabwärts trieb. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Trift nach und nach aufgegeben. Zu den Gründen gehörten die Probleme, die die Trift den zahlreichen Mühlen am Speyerbach bereitete. Wegen der nachteiligen Auswirkungen speziell auf die Industriebetriebe im Neustadter Tal wurde ab 1883 die Trift unterhalb von Frankenstein eingestellt, obwohl sie als Verdienstmöglichkeit für die Bevölkerung im Elmsteiner Tal einige Bedeutung hatte. Dies spielte in der Diskussion um den Bau der Eisenbahn im Elmsteiner Tal eine nicht unwesentliche Rolle. In der bayerischen Abgeordnetenkammer sagte der Abgeordnete Kuby aus Edenkoben am 5. April 1892, die Elmsteiner Talbahn müsse auch als Ersatzmaßnahme für die eingeschränkte Trift gesehen werden, die ursprünglich auf ihrer ganzen Länge betrieben, der Bevölkerung Arbeit und Brot gegeben habe. Da die Trift jetzt aber auf den obersten Teil des Speyerbachs beschränkt sei, sei der Bevölkerung ein großer Teil des bisherigen Verdienstes entzogen. Umso dringender sei nun die Eisenbahnstrecke im Elmsteiner Tal. „Durch den Bau wird neues Leben kommen, die Fabriken werden prosperieren, neue entstehen, neue Gewerbe gegründet“, prophezeite der Abgeordnete. Ein weiteres Argument, das in der Denkschrift „Die Nothwendigkeit einer Elmstein-Neustadter-Thalbahn“ von 1895 angeführt wurde, war, dass die Trift und die wegen ihr erforderliche lange Lagerung des Holzes zu so großen Einbußen bei dessen Qualität führte, dass es nur zu schlechten Preisen absetzbar war oder teilweise sogar unverkäuflich wurde. Bis die immer wieder geforderte Eisenbahn schließlich Realität wurde, sollte allerdings noch viel Wasser den Speyerbach hinunterfließen, dem unser Wanderweg nun einige Kilometer folgt. Immer wieder ergeben sich vom Hang schöne Blicke auf Bach und Gleis der Elmsteiner Talbahn, deren Bau der bayerische Landtag im August 1904 genehmigte. Im Januar 1909 wurde die Strecke eröffnet – als erste in der Pfalz von der Königlich Bayerischen Staatsbahn, in der die zum Jahresende 1908 verstaatlichte Pfalzbahn aufgegangen war. Der Personenverkehr spielte als Motiv für den Bau der Strecke im Vergleich zu dem klar dominierenden Holztransport zwar nur eine Nebenrolle, aber immerhin wurde schon kurz nach der Inbetriebnahme der Fahrplan aufgestockt – von drei Zugpaaren auf vier an Werktagen und bezeichnenderweise fünf an Sonntagen. Von Anfang an war die neue Bahnstrecke ein großer Erfolg im Ausflugsverkehr. Am Himmelfahrtstag 1909 wurden 2000 Gäste gezählt, die mit der Bahn nach Elmstein gefahren waren. Darunter waren allein zehn Vereine. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Strecke das gleiche Schicksal wie viele andere Nebenbahnen. Das Verkehrsaufkommen ging zurück, die Bundesbahn machte den Zügen selbst Konkurrenz durch Busse. 1960 wurde der Personenverkehr eingestellt, 1977 dann auch der zuletzt nur noch sporadische Güterverkehr. Die Strecke verfiel in eine Art Dornröschenschlaf, wurde aber immerhin nicht abgebaut, weil es schon früh Bestrebungen gab, sie für einen touristischen Verkehr wiederzubeleben. Wir sind am Forsthaus Breitenstein angekommen, das etwa auf der Hälfte unserer Wegstrecke von Elmstein nach Lambrecht liegt und sich deshalb für die Mittagspause anbietet. Der Bahnsteig des Haltepunkts Breitenstein befindet sich heute unmittelbar neben der Gaststätte. Wer dort reichlich dem Pfälzer Riesling zugesprochen hat, hat es also nicht weit zum Zug. Früher war das etwas anders. Ursprünglich lag der Bahnsteig etwas weiter weg auf der anderen Seite des Bahnübergangs. Er wurde zur Aufnahme des Museumsbahnbetriebs direkt neben das Gasthaus verlegt und symbolisiert so in gewisser Weise die Umwidmung der Strecke zur Ausflugsbahn. Eine Rast in der idyllisch gelegenen Gaststätte ist deshalb die optimale Gelegenheit, kurz darauf einzugehen, wie es nach langen Bemühungen gelang, die Elmsteiner Talbahn für einen Museumsbetrieb zu reaktivieren, der inzwischen zu einer Pfälzer Institution geworden ist und die Frage zu klären, wie das Kuckucksbähnel betriebswirtschaftlich funktioniert. Die rund 10 Kilometer lange Schienenstrecke zwischen Frankeneck und Elmstein wurde 1984 vom Landkreis Bad Dürkheim, der Stadt Neustadt und der Verbandsgemeinde (VG) Lambrecht gekauft. Betrieben wird sie heute von der Kuckucksbähnel Bahnbetriebs (KBB) GmbH. Am Stammkapitel der Kuckucksbähnel Bahnbetriebs GmbH von 89.500 DM beteiligten sich 1984 die Stadt Neustadt und die VG Lambrecht mit je 30.000 DM, der Rest entfiel auf mehrere Privatleute, Firmen und Vereine. Die im Eisenbahnmuseum Neustadt stationierten Fahrzeuge und das Personal für die Züge stellt die Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (DGEG). Das Kuckucksbähnel ist ein schönes Beispiel dafür, wie kommunales Engagement und ehrenamtliche Arbeit gemeinsam zum Erfolg führen können. Die Züge fährt die DGEG auf eigene Rechnung, was nur dank des Engagements vieler Ehrenamtlicher möglich ist. Zuschüsse der öffentlichen Hand gibt es dagegen für die Erneuerung der Infrastruktur, die einen langen Atem erfordert. In den 30 Jahren seit 1984 hat die Kuckucksbähnel GmbH alles in allem 1,84 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert, davon waren rund 900.000 Euro Zuschüsse des Landes und rund 650.000 Euro Zuschüsse der Kommunen. An Eigenmitteln flossen rund 280.000 Euro in die Infrastruktur. Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise 60.000 Euro in den Austausch von Schwellen investiert, für die es einen Landeszuschuss von 50 Prozent gab. Je 12,5 Prozent steuerten die Verbandsgemeinde Lambrecht, die Stadt Neustadt und der Kreis Bad Dürkheim bei, den Rest trug die Kuckucksbähnel GmbH als Eigenanteil. Von der DGEG erhält die KBB pro Jahr rund 8500 Euro als Trassenentgelt für die KBB-Strecke und rund 20.000 Euro als Entgelt für die Betriebsführung. Der Rest der Fahrgeldeinnahmen bleibt bei der DGEG, die davon die Unterhaltung der Fahrzeuge finanzieren muss. Vor allem die Hauptuntersuchungen der Dampflokomotiven sind ein großer Kostenfaktor. Die Fahrgastzahlen schwankten in den vergangenen 30 Jahren – wohl nicht zuletzt abhängig vom Wetter und der Anzahl der Sonderzüge – zwischen rund 16.000 und über 40.000 im Jahr. Der Wanderweg verläuft auch nach dem Forsthaus Breitenstein noch ein Stück parallel zum Gleis des Kuckucksbähnels. Wann sich für die Elmsteiner Talbahn der Name „Kuckucksbähnel“ einbürgerte, ist nicht mehr eindeutig festzustellen. Die Bewohner von Elmstein tragen den Spitznamen „Kuckucke“, im Volksmund wurde er offenbar bald auch für die Bahnstrecke nach Elmstein und die Züge, die sie befuhren, verwendet. Mit dem Museumsbahnbetrieb wurde „Kuckucksbähnel“ schließlich vom inoffiziellen zum offiziellen Namen der Strecke. Beim Lambrechter Ortsteil Iptestal steigt unser Weg aus dem Tal hoch bis zu den höher gelegenen Teilen von Lambrecht. Bevor der Weg in Lambrecht wieder hinunter ins Tal führt und unsere Wanderung schließlich am Bahnhof Lambrecht endet, haben wir von der höchsten Stelle einen Blick auf die Brücke der Elmsteiner Talbahn über die Bundesstraße 39 von Neustadt nach Kaiserslautern. Diese Brücke gehört allerdings nicht zum an Kreis und Kommunen verkauften Teil der Strecke, sondern wird nach wie vor von der Deutschen Bahn (DB) unterhalten. In Frankeneck befindet sich ein Anschlussgleis der Papierfabrik Julius Glatz.

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