Wirtschaft 1 Billion Euro Entlastung durch Niedrigzins der EZB

Die anhaltend niedrigen Zinsen haben den Mitgliedstaaten der Euro-Währungsunion seit dem Jahr 2008 annähernd 1 Billion Euro gespart. Das geht aus entsprechenden Berechnungen der Deutschen Bundesbank hervor.

Für Deutschland bezifferte die Notenbank in ihrem Monatsbericht für Juli die Entlastung auf zusammengerechnet 240 Milliarden Euro. Dafür verglich die Bundesbank den durchschnittlichen Zins, der vor dem Ausbruch der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt üblich war, mit den Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) seither. Die Bundesbank mahnt die Euro-Länder zugleich, sich nicht auf anhaltend niedrige Zinsen zu verlassen. Die aktuell sehr günstigen Konditionen dürften die Staatsfinanzen zunächst noch weiter entlasten. „Ungeachtet dessen ist der Finanzpolitik anzuraten, Vorsorge für wieder steigende Zinsen zu treffen“, schreiben die Experten. Die Bemühungen der Euroländer, ihre Haushalte zu konsolidieren, seien zuletzt weitgehend zum Erliegen gekommen. „Mit hohen Schuldenquoten bleiben die öffentlichen Finanzen aber anfällig“, warnte die Notenbank. Hohe Schuldenquoten wiesen den Angaben zufolge zuletzt unter anderem Italien mit 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), Portugal (130 Prozent) und Belgien (106 Prozent) auf. Spanien und Frankreich lagen knapp unter 100 Prozent. Deutschland überschritt mit gut 68 Prozent ebenfalls die im Maastrichter Vertrag festgelegte Marke von 60 Prozent. Italien profitierte laut Bundesbank-Berechnungen am stärksten von dem Niedrigzinsumfeld. In den vergangenen neun Jahren habe das Land Zinsausgaben von zusammengenommen etwa 10,5 Prozent des letztjährigen BIP eingespart. Ähnlich hoch fielen die Entlastungen für die Niederlande, Österreich, Frankreich und Belgien aus. Deutschland liege mit 7,5 Prozent des letztjährigen BIP im Mittelfeld, so die Bundesbank. Die Europäischen Zentralbank hält ihren Leitzins zur Versorgung der Banken mit Geld schon länger sehr niedrig. Aktuell liegt er auf dem Rekordtief von 0 Prozent. Zudem erwerben die Währungshüter in großem Stil Staatsanleihen und andere Titel. Diese Politik der weit offenen Geldschleusen drückt die Renditen europäischer Staatsanleihen. Bundesanleihen mit Laufzeiten bis zu sechs Jahren weisen aktuell sogar eine negative Rendite aus. Für private Sparer bringt die schon seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase einige Probleme mit sich. Die Rendite privater Finanzanlagen sind auf einem historisch niedrigen Niveau und machen das Sparen unter sonst gleichen Umständen weniger attraktiv. Aus der Sicht von Sparerinnen und Sparern seien dabei jedoch auch die Belastungen aus Inflation und Besteuerung zu berücksichtigen, meinen die Bundesbank-Experten. So stelle sich etwa die Entwicklung der kurzfristigen Realzinsen (Nominalzinsen bereinigt um die Geldentwertung) der hierzulande vielfach bevorzugten Finanzanlagen mit kurzer Bindungsfrist (etwa Sparkonten) aufgrund der in den vergangenen Jahren ebenfalls geringeren Inflation in längerfristiger Perspektive weniger außergewöhnlich dar, heißt es in dem Monatsbericht. Dies gelte noch stärker, wenn die Realzinsen nach Steuern betrachtet werden, die das Zusammenspiel von Rendite, Inflation und Besteuerung abbilden, erläutert die Bundesbank. Kommentar

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