Rheinpfalz Zu viele Fragen, zu wenig Antworten

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Mangelnde Transparenz und ein falsches Signal an die Bevölkerung: Dies beklagen Ortsbürgermeister aus der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn, nachdem sich Bürgermeister Andreas Alter (SPD) eigenmächtig einen Dienstwagen zugelegt hat. In einer Zeit, in der an allen Ecken und Enden gespart werden müsse, sei es nicht vermittelbar, wenn der Verwaltungschef sich ein luxuriöses Dienstfahrzeug leiste.

Ob die Anschaffung des Mercedes’, die eher zufällig bei einer Haushaltsvorberatung ans Licht kam (wir berichteten), rechtmäßig war, ist noch nicht geklärt. Unabhängig davon haben die Ortsbürgermeister Hans-Norbert Anspach (Hochspeyer, SPD), Michael Gasiorek (Waldleiningen, CDU), Eckhard Vogel (Frankenstein) und Sascha Leidner (Fischbach, beide FWG) ein „moralisches Problem“ damit. „Überall werden die Schrauben angezogen, wir drehen jeden Euro dreimal um, bevor wir ihn ausgeben“, schildert Vogel nicht nur seine Situation. Wenn sich dann ein Bürgermeister einen Dienstwagen anschaffe, sei dies ein „fatales Signal“ und sorge für Politikverdrossenheit. „Da wird man dann gefragt, wenn auch im Scherz: Und, wann kaufst du dir einen Mercedes mit weißen Ledersitzen?“, macht er die Außenwirkung deutlich. Anspach ergänzt: Wenn ihm bisher Leute gesagt haben, „die da oben“ hätten eine Selbstbedienungsmentalität und seien vom Volk völlig abgehoben, habe er immer entgegnet, Bundes- sei keine Lokalpolitik, „bei uns passiert sowas nicht“. „Jetzt muss ich mich plötzlich rechtfertigen.“ Mit seinem sozialdemokratischen Gewissen könne er das Handeln des Bürgermeisters nicht vereinbaren. „Wegen 40 Euro wird eine Beförderung in der Verwaltung nicht umgesetzt, aber ein Mercedes angeschafft“, skizziert Gasiorek die Diskrepanz. „Der Bürgermeister kann nicht Wasser predigen und Wein trinken.“ Zudem sei offenbar bei der Anschaffung kein Autohändler aus der Verbandsgemeinde, der hier seine Steuern zahlt, in Betracht gezogen worden, findet er einen weiteren Kritikpunkt. Jedem könne mal ein Fehler passieren, bekräftigt Vogel. „Aber dann erwarte ich irgendeine Erklärung, eine Äußerung, wie es dazu kam, eine Entschuldigung“, beklagt er unter Beipflichtung seiner Kollegen, dass seit dem Bekanntwerden der Dienstwagenanschaffung keinerlei Reaktion von Alter erfolgte. „Wenn er wenigstens den Rat involviert hätte“, sagte Vogel. „Dann hätte man über die wirtschaftliche Seite beraten können, über die Ausgestaltung des Vertrags, über die Ausstattung eines Wagens.“ Dazu erhofften sich die vier Ortsbürgermeister etwas Aufklärung in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der VG, die für gestern Abend (nach Redaktionsschluss) angesetzt war. SPD-Fraktionschef Thomas Wansch hatte bereits in der Sitzung, in der die Anschaffung bekannt wurde, Antworten auf diese Fragen bis zum nächsten Treffen verlangt. Frank Zimmermann (Grüne) schickte danach einen Fragenkatalog an Alter. Noch keine Antwort wurde hingegen zur rechtlichen Frage erwartet: Durfte Alter die Anschaffung ohne Gremium tätigen? Damit ist noch immer die Kommunalaufsicht beschäftigt, die vom Bürgermeister um Prüfung gebeten wurde. Alter rechtfertigt seine Handlung als „Geschäft der laufenden Verwaltung“. Sollte es dies nicht sein, steht die zweite Frage im Raum: Hat er die Wertgrenze überschritten, bis zu der er allein entscheiden darf – laut Hauptsatzung bis zu 10.000 Euro? Und wie bemisst sich diese bei einer Anschaffung per Leasing? Peter Keller, noch keinen Monat Chef der Kommunalaufsicht, erklärt auf Nachfrage, die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Eine weitere offene Frage, vor der die Ortsbürgermeister stehen: Hat niemand aus der Verwaltung den Bürgermeister, der sonst wegen jeder Kleinigkeit Abteilungsleiter konsultiert, gewarnt? Wurde er falsch beraten? Oder hat er Ratschläge ignoriert? Alle vier Ortsvertreter betonen immer wieder, dass Alter unbestritten „ein ganz liebenswürdiger Mensch ist“, doch in der Verwaltung laufe es nicht so, wie es sollte. Das bekommen sie als Ortsbürgermeister darin zu spüren, dass Verwaltungsaufgaben für die Gemeinden nicht rechtzeitig erledigt würden oder keine Information erfolge. „Wir stehen dann vor den Bürgern dumm da, weil wir nicht wissen, was in unserer Gemeinde gerade läuft“, verdeutlicht Anspach. Sollte Alter rechtens gehandelt haben und womöglich ein Dienstwagen sogar wirtschaftlicher sein als eine Kilometerabrechnung des Privatautos − können die vier Ortsbürgermeister dann Alters Handeln nachträglich absegnen? „Dies ist geringer zu werten als der moralische Aspekt“, meint Vogel. Leidner pflichtet ihm bei: „Der moralische Schaden bleibt beim Bürger länger haften.“ So steht Vogels Aussage wohl für viele Politiker und Bürger in der Verbandsgemeinde: „Ich hoffe, dass alle Beteiligten gelernt haben und Transparenz geschaffen wird.“ |gzi

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