Rheinpfalz „Wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand“

Manfred Seibel gilt als politisches Urgestein der Grünen. Er managte auch am Freitag die nicht leichte Aufgabe , eine sehr kontroverse Diskussion zu leiten. Seibel gehört dem Verbandsgemeinderat seit 1984 an und war Abgeordneter im Landtag von 1987 bis 1996. RHEINPFALZ-Mitarbeiter Willy Schächter unterhielt sich mit ihm.

Sie waren mit ihrer Verbandsgemeinderatsfraktion in dieser Wahlperiode in einer ungewöhnlichen Koalition mit CDU und SPD. Wie erfolgreich waren Sie bei der Energiewende vor Ort?

Anfang 2009 hatte der VG-Rat auf unseren Antrag hin einstimmig den Beschluss gefasst, bis 2030 energieautark werden zu wollen. Wir haben dann einen ganz guten Start hingekriegt. Auf unsere Initiative hin wurde eine Energiegesellschaft gegründet und mit dieser wurden für 1,2 Millionen Euro Fotovoltaikanlagen unter anderem auf der Real- und Grundschule in Hauenstein und der Kläranlage im Queichtal realisiert. Dies übrigens auch mit Bürgeranleihen. Aber dann ging es nur noch schleppend oder gar nicht mehr weiter. Immerhin konnten wir noch mit sehr viel Mühe durchsetzen, dass die neue Feuerwache in Hauenstein eine Holzhackschnitzelheizung statt einer Gasheizung bekommen hat und dass das Tourist-Info-Zentrum Pfälzerwald als Null-Energie-Gebäude konzipiert wurde. Übrigens konnte ich bei „meiner“ Ministerin auch deshalb eine sehr hohe Zuschussquote erreichen. Leider blieb die Gründung einer Bürgersolargesellschaft bei Verbandsbürgermeister Ulrich Lauth in der Schublade. Bei Ortsbürgermeister Bernhard Rödig liegt die Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmenetz in Hauenstein auf Holzbasis. Die Bilanz ist: Wir können einiges vorweisen, aber zufrieden stellt es mich nicht. Was sind die Ziele für die kommenden fünf Jahre? Das knüpft direkt an dem Begonnenen an. Wir wollen verstärkt die Frage thematisieren, wie wir unabhängiger von russischem Gas und Öl werden können, denn das bedeutet neben den ökologischen Problemen auch erhebliche Wertschöpfungsabflüsse aus unserer Verbandsgemeinde. Für den Bezug von Energie – Strom, Wärme, Mobilität – verliert unsere Verbandsgemeinde jährlich sicher gut zwölf Millionen Euro an Kaufkraft. Davon wollen wir Schritt für Schritt einen Teil umdrehen und als Wertschöpfung hierbehalten. Unsere Potenziale aus Wind, Sonne und Biomasse sind groß und bei weitem nicht ausgeschöpft. Initiativen wie das Dorfheizungsprojekt in Darstein, Dimbach und Schwanheim finde ich hervorragend. Das ist der richtige Ansatz und da können sich Hauenstein und Wilgartswiesen – auch da liegt eine Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmenetz in der Schublade von Ortsbürgermeister Jürgen Brödel – mal eine Scheibe abschneiden. Wir werden auf jeden Fall solche Initiativen und Projekte im VG-Rat nach Kräften unterstützen. Stichwort und Reizwort Windenergie: Befürchten Sie nicht, dass die touristischen Anstrengungen der Verbandsgemeinde durch Windräder im Pfälzerwald konterkariert werden? Definitiv nein. Erstens wird und kann es nur um eine einzige Konzentrationsfläche in Verbindung mit der Konversionsliegenschaft „Langerkopf“ gehen und damit aus heutiger Sicht um maximal sechs Windräder in unserer insgesamt 100 Quadratkilometer großen VG. Ich glaube nicht, dass uns das vom Landschaftsbild her überfordert. Ich bin fest davon überzeugt, dass zu einer Tourismusregion in einer Naturlandschaft auch eine nachhaltige Energieerzeugung gehört. Dabei können wir eben auf Wind nicht verzichten. Ohne Windenergie gibt es keine Energiewende, schon gar nicht erreichbar ist unser Ziel, energieautark zu werden. Jeder, der sechs Windräder für unerträglich hält, muss mir die Alternativen aufzeigen. Im Übrigen gibt es keine verifizierbaren Belege dafür. Nirgendwo, auch an der Ostseeküste nicht, ist erwiesen, dass Windräder zum Einbruch bei den Übernachtungszahlen führen. Andererseits gibt es mittlerweile sogar Reiseführer zu Windparks und Erneuerbare-Energien-Anlagen. Dies ist auch Ausdruck von einer Wandlung der Einschätzung und von Modernität. Der Widerstand gegen Windräder im Pfälzerwald ist aber offensichtlich sehr groß. Warum halten Sie dennoch an der Absicht fest, am „Langerkopf“ einen Windpark errichten zu wollen? Wir wollen und werden nicht mit dem Kopf durch die Wand. Wir fordern seit Monaten den Beginn eines Dialogprozesses. Leider ist Bürgermeister Lauth dem nicht gefolgt. Jetzt hat Theo Wieder vom Bezirksverband ein Moratorium vorgeschlagen. Ich will das aufgreifen und in Übereinstimmung mit meinen Kollegen aus Rodalben und Annweiler unsere Bereitschaft zum Diskurs über die Frage Windräder im Pfälzerwald gerne erklären. Nur zwei Dinge wird es mit uns nicht geben: Erstens werden wir nicht zwei Jahre einfach Nichts tun und zweitens müssen in den Dialog alle Beteiligte, auch die Standortkommunen, mit einbezogen werden. Wir glauben, dass eine einvernehmliche oder zumindest breit getragene Lösung gefunden werden kann.

x