Rheinpfalz Wir haben verstanden

„Euer Luxus ist unsere Armut“ steht auf einem Plakat vor einem Luxushotel in Berlin. Geht die soziale Schere zu weit auseinander
»Euer Luxus ist unsere Armut« steht auf einem Plakat vor einem Luxushotel in Berlin. Geht die soziale Schere zu weit auseinander, ist die Stabilität dahin.

Es läuft bei VW. Im Jahr 2017 machten die Wolfsburger satte 11,4 Milliarden Euro Gewinn – Rekord, trotz Dieselskandals. Aber die teure Nachrüstung mit Hardware übernehmen? Sorry, zu teuer. Konzernchef Matthias Müller kassiert dafür 10,1 Millionen Euro. Leistung muss sich wieder lohnen! Jens Spahn gilt als konservative Zukunftshoffnung der CDU. Das hat dem 37-Jährigen das Amt des Gesundheitsministers eingebracht. Hartz IV bedeute nicht Armut, sagte er. Sorry, aber hierzulande müsse niemand darben. Dass sich der Aufschrei darüber in Grenzen hält, sagt nichts Gutes über den Gemütszustand der Gesellschaft. Und erst recht nicht über die Denkweise von Menschen, die in ihr wichtige Führungspositionen einnehmen. VW hat Kunden getäuscht und lässt sie nun im Stich. Der Vorstandsvorsitzende indes greift ungerührt ab, was ihm rechtlich zusteht, statt Verzicht zu üben. Der alimentierte Minister-Azubi hingegen meint offenbar, es genüge, wenn der Regelsatz Hunger verhindert, dann sei in Deutschland alles gut. Von Demut keine Spur. Das kann nur heißen, dass beiden die Lebenssituation sowie das Empfinden vieler Menschen hier, seien es Kunden oder Bürger, schlicht egal ist. Schließlich haben es beide aus eigener Kraft nach oben geschafft, sie verstehen sich als Leistungsträger der Gesellschaft. Sind sie das wirklich? War denn sonst niemand beteiligt an ihrem Erfolg – keine glückliche Fügung, keine helfende Hand, kein stabiles soziales Umfeld, kein Bildungssystem und keine Gesellschaft, die Leistung schätzt, gewiss, aber vor allem Werte wie Mitmenschlichkeit, Respekt, Solidarität? Eine Gesellschaft, die es hochhält, dass man füreinander einsteht? Noch ist es so, mehrheitlich zumindest. Und diese Gesellschaft hätte es verdient, dass man ihr in gleicher Weise begegnet, statt viele ihrer Mitglieder offenkundig geringzuschätzen. Diese abwertende Haltung von Führungspersonen ist es, die den sozialen Kitt ebenso bedroht wie übermäßige Zuwanderung und wirtschaftliche Not. Mit Aushängeschildern wie ihnen muss jeder Appell an den Zusammenhalt verpuffen. Man kann dankbar sein, wenn sich nur wenige solches Denken zum Vorbild nehmen.

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