Rheinpfalz Wiener Kranz, schwäbische Brezeln, Bexbacher Brötchen

„Bis ein Brot beim Kunden in der Tasche landet, hatten es unsere Mitarbeiter wenigstens neunmal in der Hand. Wir produzieren in großen Mengen, aber es ist und bleibt Bäckerhandwerk.“ Das sagt Arek Wallot, Geschäftsführer der größten Bäckerei in der Region: In der Bäckerbub-Produktionsstätte im Gewerbegebiet Bexbach wird die Ware des Homburger Bäckerhauses Ecker produziert, die 300 Mitarbeiter in 82 pfälzischen, saarländischen und Eifeler Filialen im Auftrag der Edeka Südwest verkaufen.

Wer die Großbäckerei am Hochrech in Bexbach besucht, tut gut daran, in großen Dimensionen zu denken. Zum Beispiel beim Mehl. Blitzblank glänzen drei neue Silos. Jeder der Edelstahlzylinder fasst 35 Tonnen unterschiedlicher Typen. 440er, 812er und 1150er Roggenmehl. „Wir werden alle drei Tage beliefert. Dann ist mein Mehllager leer“, sagt Markus Ranker. Der Bäckermeister ist der Betriebsleiter in Bexbach. Er verantwortet die Produktion von täglich 10.000 Broten, 60.000 Brötchen, 20 Sorten Kuchen, 17 Arten von Kaffeestückchen, 15 Torten und – Spezialität des Hauses – an die 500 mit Schokolade glasierten Wiener Kränzen. Genaue Zahlen sind Betriebsgeheimnis, verändern sich ständig. Alleine in diesem Jahr kamen fünf Ecker-Filialen hinzu. Von Ramstein bis Merzig, von Zweibrücken bis Treis-Karden an der Mosel. „Wir sind auf weiteres Wachstum eingestellt. 120 bis 130 Verkaufsstellen sind machbar“, so der Geschäftsführer. Das Wachstum war zuletzt rasant. 2010 kaufte Edeka Südwest über die hundertprozentige Tochter Bäckerbub GmbH (Offenburg) die von Hans Ecker 1949 gründete Homburger Bäckerei mit 37 Filialen. Ende 2013 waren es 77, aktuell 82. Vor einem Jahr zog Ecker um. Die Erbacher Produktion wurde stillgelegt, in Bexbach das Gebäude des ehemaligen Aldi-Lieferanten Bär-Brot übernommen. Statt 1000 stehen nun 3000 Quadratmeter Betriebsfläche zur Verfügung. Bei der Übernahme hatte Ecker 99 Mitarbeiter, nun sind es 130 alleine in der Produktion. Bexbach ist einer von fünf Standorten der Bäckerbub. Der Verkauf in den Filialen mit knapp 300 Verkäufern läuft weiter über Ecker. Die Expansion erklärt sich damit, dass Ecker viele Filialen in Edeka-Märkten übernommen hat. Wurden die Filialen zuvor von der Edeka gehörenden K&U-Bäckerei Neuenburg beliefert, so trat Ecker nach und nach in die Mietverträge ein. „Wobei jeder Edeka-Kaufmann selbst bestimmt, an wen er untervermietet“, betont Wallot. Zwei Drittel der 1350 zur Edeka Südwest gehörenden Märkte werden von selbstständigen Kaufleuten betrieben. Der Rest sind „Regiemärkte“, die direkt der Edeka gehören. In Bexbach wird rund um die Uhr gebacken. Ab 4 Uhr warten die firmeneigenen Lastwagen, die auf 16 Touren je drei, vier Filialen anfahren, auf ihre „Fütterung“. „In Rheinland-Pfalz haben wir Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr. Wir müssen sicherstellen, dass noch für die letzten Kunden frische Ware im Regal liegt. Deshalb fahren wir die Filialen im Nahbereich, also um Homburg, Zweibrücken, bis zu viermal am Tag an“, sagt Produktionsleiter Ranker. Die Planung sei so ausgefeilt, dass nur elf, zwölf Prozent der Waren als Retouren zurückkommen. Sie werden dann zumeist an Tafeln abgegeben, sagt ein Edeka-Sprecher. 2013 machte die Bäckerhaus Ecker GmbH 31 Millionen Umsatz. 2010 waren es 17,6. 90 Prozent der Brote, Brötchen, Kuchen und süßen Teilchen, die der Kunde in den Ecker-Filialen sieht, stammen laut Wallot aus Bexbach. „Teiglinge aus Polen gibt es bei uns nicht“, sagt er. Einzig die Brezeln seien keine Saarländer, sondern Schwaben. Am Bäckerbub-Standort Reutlingen wurde die Edeka-Südwest-Brezel-Produktion gebündelt. In die Filialen kommt das Laugengebäck im Rohzustand. Denn trotz der riesigen Öfen in Bexbach werden 40 Prozent der Waren heute in den Filialen vom Formteig zum verkaufsfertigen Gut gebacken. Tendenz: steigend. Wer gegenüber Arek Wallot von einer Backfabrik Bexbach spricht, beleidigt den Geschäftsführer. Auch wenn vier Instandhalter, zwei Schlosser, zwei Elektriker, gebraucht werden, um den Maschinenpark am Laufen zu halten. „Mag sein, dass nur noch ein Bäcker die automatische Teigzubereitung steuert, bei uns wird aber Frischteig angesetzt und bekommt Zeit zum Reifen. Fertigmischungen gibt es bei uns nicht “, sagt Wallot. Er duldet es nicht, die Inhaber geführten Handwerksbäckereien mit dem Etikett „gut“, die industriell produzierenden Großbäckereien mit „schlecht“ zu belegen. (cps)

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