Rheinpfalz „Wahlkampf auf der Höhe der Zeit“

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Seit Mai ist der Daniel Stich (39) kommissarisch Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD, seit 2014 ist er Landesgeschäftsführer. Am Samstag stellt er sich auf dem Parteitag in Ludwigshafen den Delegierten erstmals zur Wahl. Wir sprachen mit ihm über die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern und über Wahlkämpfe im digitalen Zeitalter.

Franz Müntefering hat das Amt des SPD-Vorsitzenden mal als das schönste nach Papst bezeichnet. Wo verorten Sie die Position des Generalsekretärs?

Es wäre anmaßend zu sagen, es sei das schönste Amt nach Papst und dem Vorsitzenden der SPD. Es ist viel mit Kärrnerarbeit im politischen Alltag verbunden. Vor allem ist es eine Arbeit, die mich erfüllt und stolz macht. Das ist mehr als nur Spaß zu haben. Ihre Wahl zum Generalsekretär steht am Samstag an. Aufgeregt? Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich bin ganz cool. Wie vor jedem Parteitag gibt es eine gewisse Anspannung. Da ich nun selbst zur Wahl stehe, ist sie höher. Nicht erst seit der Trump-Wahl führen Sie eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema Populismus und mit der AfD. Wie sind die Reaktionen darauf? Unsere Linie, in dieser Frage eine klare Haltung zu zeigen, hat sich voll ausgezahlt – nicht nur am 13. März bei der Landtagswahl, sondern auch jetzt mit Blick auf die US-Wahl. Im November haben wir 130 Neueintritte gezählt, deutlich mehr als üblich. Dadurch fühlen wir uns bestätigt. Es ist mitunter auch nötig, sehr klare Kante zu zeigen. Wir erleben auch im Landtag, dass sich die AfD radikalisiert. Die Sprache wird radikaler, militärischer, nationalistischer, das ist etwas, was ich als höchst gefährlich ansehe. Auch der Ton auf der Straße wird ein anderer, wenn es solche politischen Vorbilder gibt. In der Pfalz haben viele ehemalige SPD-Wähler ihr Kreuz bei der AfD gemacht. Was tut die SPD, um diese zurückzugewinnen? Wir haben uns entschieden, das Thema Populismus entschlossen anzugehen, nicht nur in der Pfalz. Wir werden auf Basis einer sehr fundierten Wahlanalyse Gegenstrategien erarbeiten. Unsere Antwort ist das sozialdemokratische Aufstiegs- und Gerechtigkeitsversprechen. Wir wollen aber auch als Partei noch mehr vor Ort präsent sein, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Über den US-Wahlkampf wurde viel berichtet. Sie selbst haben sich 2008 die Obama-Kampagne von vor Ort angeschaut. Welche Anregungen bieten die USA, um den SPD-Wahlkampf in Rheinland-Pfalz zu revolutionieren? Revolutionieren wäre mir zu hochtrabend formuliert, aber ich will, dass wir weiterhin einen Wahlkampf machen, der auf der Höhe der Zeit ist. Wir haben im März schon richtig gut gezeigt, wie wir das Thema des datenbasierten Mobilisierungswahlkampfs im Vorfeld der Landtagswahl exemplarisch umsetzen konnten. Darauf wollen wir aufbauen. Da haben wir noch viel vor bis zum Superwahljahr 2021 mit Landtagswahl und Bundestagswahl in einem Jahr. Erklären Sie bitte kurz, was datenbasierter Mobilisierungswahlkampf bedeutet? Die Grundthese ist, dass Daten im Hinblick auf die Zielgruppen- und auf die Wähleransprache extrem hilfreich sein können. Wer Wahlergebnisse betrachtet und zugleich die Soziostruktur kennt, also beispielsweise die Verteilung der Bewohner nach Geschlecht oder Alter, kann herausfinden, wo ein sozialdemokratie-affines Umfeld ist. Je nach Altersdurchschnitt oder dem Familienanteil stehen bestimmte Themen stärker im Fokus als in einem anderen Stimmbezirk. Dann habe ich zu prüfen, welche Kanäle ich habe, um diese Menschen zu erreichen, zu mobilisieren für die Stimmabgabe bis hin dazu, dass sie ihr Kreuz bei der SPD machen. Welche Kanäle sind das? Es gibt verschiedene Kanäle, allen voran die Haustürbesuche, natürlich auch die sozialen Medien im Internet, die uns die Möglichkeit der direkten Kommunikation geben, die wir in der Vergangenheit nicht hatten. So lässt sich zielgruppenspezifisch eine Botschaft aussteuern, also versenden. Welche Möglichkeiten der Kampagnen bietet beispielsweise Facebook? Facebook gibt uns die Möglichkeit, regional oder nach soziostrukturellen Kriterien Botschaften auszusteuern. Das ist etwas, was wir mit großem Erfolg im März ausprobiert haben. Da wird die Zukunft noch einige Neuerungen bringen. Wir wollen immer ganz oben mit dabei sein. In den USA wissen die Wahlkämpfer, an welcher Haustür es sich lohnt zu klingeln. Geht das auch hier so weit? Der Datenschutz ist aus guten Gründen bei uns ein ganz anderer. Bei uns sind keine personenbezogenen Daten abrufbar. Es sind viel größere Einheiten, etwa auf der Basis eines Stimmbezirks. Zum Schluss noch drei Entscheidungsfragen aus der analogen Welt. 1. FCK oder Mainz 05? Ganz klar FCK. Glühwein oder Lebkuchen? Glühwein. Sigmar Gabriel oder Martin Schulz? Das werden wir zur gegebenen Zeit diskutieren. | Interview: Karin Dauscher

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