Rheinpfalz Traum vom Fußballprofi

Ludwigshafen

. Es war bislang wohl das Länderspiel seines Lebens. Deutschland liegt Mitte Oktober im Weltmeisterschaftsqualifikationsspiel in Schweden 0:2 zurück. Eine Niederlage droht. Doch die Nationalelf dreht das Spiel und gewinnt letztlich mit 5:3. Drei tolle Tore erzielte dabei der Ludwigshafener André Schürrle – eine Galadarbietung. André Schürrle ist ein Vorbild, ein Idol vieler junger Fußballer. Fast alle kickenden Jugendlichen wollen Profifußballer werden. Doch nur weniger als ein Prozent schaffen das – sozusagen eine Glückssache. André Schürrle hat es geschafft. Der junge Mann aus Ludwigshafen ist ein weltweit bekannter Profifußballer. Er ist deutscher Nationalspieler und steht derzeit beim englischen Spitzenklub FC Chelsea London unter Vertrag. Schürrle verdient Millionen Euro mit seinem Beruf. Er kann sich ein gewisses Luxusleben leisten: schicke Autos, edle Uhren, noble Häuser – sofern er das überhaupt mag. Schürrle hat beim Ludwigshafener Sport-Club mit dem Fußballspielen begonnen. Später wechselte er als Jugendlicher in die Nachwuchsakademie des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05. Mainz gehört mittlerweile zu den besten Adressen in der Jugendausbildung in Deutschland. Fast jeder Profiverein leistet sich ein Nachwuchsleistungszentrum. Viele Millionen werden in die Jugend investiert. Seit Jahren wird mit harten Bandagen um die talentiertesten Nachwuchskicker gekämpft. Schon früh werden die jungen Menschen gelockt, quartieren sich eventuell in die Internate der Leistungszentren ein und ordnen alles ihrem Traum unter – Profi zu werden, Millionen zu verdienen, die Annehmlichkeiten eines Fußballstars auszukosten. Dabei verzichten die jungen Menschen auf einen Großteil ihrer Jugend. Manchmal gehen sie alleine in ein Internat, manchmal folgen die Eltern, weil der neue Verein einen neuen Arbeitsplatz hat besorgen können. Es folgen Jahre harter Arbeit, dessen Ende niemand vorhersagen kann. Am Ende dieses langen Weges kann der junge Fußballer im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, viel Geld verdienen, in hochmodernen Stadien spielen. Er kann aber auch irgendwo in den Niederungen des Fußballs kicken, weil er es nicht geschafft hat – oder irgendwo mittendrin. Was aber machen die jungen Menschen, deren Traum vom Profifußballer sich nicht erfüllt hat? Was machen diejenigen, die dabei fast alles auf diese Karte gesetzt haben, aber nicht das Glück hatten? Es gibt viele Beispiele solch eines missratenen Werdegangs. Aber es gibt deutschlandweit nur ein Modell, das sich auch mit der Eventualität eines möglichen Scheiterns auseinandersetzt – und dagegen etwas tut: „Anpfiff ins Leben“ der Dietmar-Hopp-Stiftung. Der Verein wurde 2001 gegründet. Er setzt auf eine ganzheitliche Ausbildung. Das heißt: Die Jugendlichen werden auch auf ein Leben außerhalb des Profisports vorbereitet. Auf vier gleichberechtigten Säulen fußt dieses Modell: Sport, Schule, Beruf und Soziales. Die Jugendlichen sollen dabei Werte lernen, die sie später im Berufsleben brauchen. „Wer an der Jugend spart, der kann sich die Jugend schenken“, sagt Dietmar Hopp, dessen Stiftung die Förderzentren größtenteils unterstützt. Elf Förderzentren gibt es mittlerweile. Diese konzentrieren sich alle auf die Metropolregion Rhein-Neckar. Das Einzige in Rheinland-Pfalz steht beim Ludwigshafener SC. Fast zwei Millionen Euro hat es gekostet. Die Hopp-Stiftung hat es spendiert. Den Großteil der Folgekosten hat die BASF SE übernommen. Der LSC-Stützpunkt ist mit Walldorf der größte. Über 300 Jugendliche spielen in 18 Mannschaften beim LSC. In den elf Förderzentren werden über 3200 Jugendliche in den Sportarten Fußball, Handball, Eishockey und Golf geschult. Über 250 Trainer kümmern sich um die sportliche Entwicklung der Talente. Hinzu kommen viele Mentoren und Lehrer, die sich auf die nicht-sportliche Komponente konzentrieren. Mehr als 320 Kooperationspartner unterstützen „Anpfiff ins Leben“. Das sind unter anderem Wirtschaftsunternehmen, Verbände, Universitäten, soziale Einrichtungen. Den Kindern wird bei Hausaufgaben geholfen, sie lernen, wie man eine professionelle Bewerbung schreibt, wie man sich in einem Vorstellungsgespräch gut präsentiert. Die Jugendlichen gehen in Altersheime, unternehmen Exkursionen mit dem Naturschutzbund, hören Vorträge über Drogen-, Sucht- und Gewaltprävention. „Ihnen sollen die Augen geöffnet werden, wie gut es ihnen geht. Wir sind aber kein Hort, in den man die Kinder einfach so abgibt“, betont Anton Nagl, Vorsitzender von „Anpfiff ins Leben“. Regelmäßig werden die Zeugnisse angeschaut. Gegebenenfalls wird mit Nachhilfe reagiert. „Alle sollen die gleiche Förderung bekommen“, sagt Nagl. Die Jugendlichen sollen durch diese Förderungen einen respektvollen, freundlichen, unvoreingenommenen Umgang mit Menschen sowie ein Team- und Fair-Play-Verhalten lernen. Eigenschaften, die sie auch im späteren Berufsleben brauchen. Aber: Die Angebote von „Anpfiff ins Leben“ dürfen nur diejenigen Jugendlichen nutzen, die zu einem der Kooperationsvereine gehören. Jedenfalls ist dieses Modell so einzigartig, dass das Bundesministerium für Arbeit und der Sozialfonds der Europäischen Union das Projekt drei Jahre lang mit einer Million Euro fördern.

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