Rheinpfalz Stellvertretend für Land gekämpft

Kommunen dürfen bei der Ausschreibung von Aufträgen fordern, dass Anbieter einen Mindestlohn zahlen. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Geklagt hatte die Regiopost gegen die Stadt Landau. Inzwischen hat das private Unternehmen den Auftrag erhalten – obwohl (und weil) es jetzt Mindestlohn zahlt.

„Wir haben für das Land den Kopf hingehalten“, sagt Landaus Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer (SPD) nach dem Rechtsstreit. Der Kopf ist nicht nur drangeblieben, sondern jetzt auch hoch erhoben. Was war geschehen? Im April 2013 hatte die Stadtverwaltung Postdienstleistungen für zwei Jahre in zwei Losen ausgeschrieben – europaweit, weil das Auftragsvolumen 200.000 Euro überschritten hat. Den Vergabeunterlagen lag eine Mustererklärung bei, dass sich die Bieter an das Landestariftreuegesetz (LTTG) zu halten und einen Mindestlohn von 8,70 Euro zu zahlen hätten. Dagegen hat sich die Regiopost gewehrt und Angebote ohne diese Erklärung abgegeben. Als diese Erklärung auch auf Nachforderung nicht eingereicht wurde, hat die Stadt das Unternehmen vom Verfahren ausgeschlossen. In der Folge bekamen die Deutsche Post AG und die private Postcon Deutschland GmbH (eine Tochter der niederländischen Post) die Zuschläge für die Postabwicklung der Stadt Landau. Die Regiopost leitete ein Vergabenachprüfungsverfahren ein, unterlag im Oktober 2013 vor der Vergabekammer in Mainz und legte Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz ein. Das hat den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt, der nun am 17. November sein Urteil in dieser Angelegenheit verkündet hat (Aktenzeichen C-115/14). Der EuGH hat festgehalten, dass es nicht gegen das Unionsrecht verstößt, wenn Bieter, die sich nicht zur Zahlung eines Mindestlohns verpflichten wollen, von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Mehr noch: Der Gerichtshof hat auch festgestellt, dass der Mindestlohn durch das Ziel des Arbeitnehmerschutzes gerechtfertigt sei, auch wenn er geeignet sei, den freien Dienstleistungsverkehr zu beschränken. Seit 2015 gilt das generelle Mindestlohngesetz, das einen Stundensatz von 8,50 Euro vorschreibt. Zum Zeitpunkt der Landauer Ausschreibung gab es keinen allgemeinverbindlichen, per Tarifvertrag geregelten Mindestlohn für Postdienstleistungen. Das bereits 2010 in Kraft getretene LTTG für Rheinland-Pfalz sah aber schon 8,70 Euro (jetzt 8,90 Euro) vor. Das Landesgesetz regelt die Mindestentgelte bei öffentlichen Aufträgen in Rheinland-Pfalz. Ziel ist es, Verzerrungen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge zu verhindern, die durch den Einsatz von Niedriglohnkräften entstehen. Außerdem soll es Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme verhindern, die dann entstehen, wenn Niedriglohnempfänger zusätzliche Sozialleistungen erhalten müssen, um über die Runden zu kommen (sogenannte Aufstocker). Laut LTTG dürfen öffentliche Auftraggeber Aufträge nur an Unternehmen vergeben, die ihren Beschäftigten das festgesetzte Mindestentgelt bezahlen. Das gilt auch für Subunternehmen und Leiharbeiter. Nach Angaben von Oberbürgermeister Schlimmer hat es inzwischen eine neuerliche Ausschreibung gegeben. Die Regiopost hat sie für sich entschieden - mit oder trotz Mindestlohns. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler hat das Urteil begrüßt, weil es soziale Mindeststandards stärke und verhindere, dass solche Unternehmen bestraft werden, die faire Löhne zahlen. (boe)

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