Rheinpfalz Sind die Beschlüsse überhaupt wirksam?

„Wir brauchen eine neutrale Wirtschaftlichkeitsberechnung. Die wurde schon oft gefordert, liegt aber bis heute nicht vor. Eine Berechnung, die nicht von persönlichen Interessen beeinflusst ist“, sagt Hans-Peter Peifer, der Vorsitzende der Freien Wählergruppe Bürgerblock Holzland-Sickingerhöhe (Bürgerblock) mit Blick auf die enormen finanziellen Probleme der Verbandsgemeinde Waldfischbach-Burgalben, die aus den Erneuerbare-Energie-Projekten resultieren. „Die Zeche zahlen die Ortsgemeinden und die Bürger“, steht für den Bürgerblock fest.

Millionenverluste bescheren die Hackschnitzelanlage in Steinalben, das Strohheizkraftwerk in Hermersberg sowie die Biogasanlage in Höheinöd, inklusive angeschlossenem Nahwärmenetz der Verbandsgemeinde. Den Ortsgemeinden drohen Umlageerhöhungen von fast zehn Prozentpunkten (die RHEINPFALZ berichtete). Es sei „ein Witz“, wenn Verbandsbürgermeister Winfried Krämer (CDU) sage, dass er abwarte, welche Vorschläge die Fraktionen bringen. „Das können die Fraktionen gar nicht, weil ihnen grundlegende Informationen fehlen, die trotz Nachfrage nie gegeben wurden“, nimmt Peifer gemeinsam mit den Verbandsgemeinderatsmitgliedern Georg Spieß, Karin Fröhlich-Hensel und Bruno Weidler Stellung. Wenn Krämer behaupte, dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgelegen und dem Rat zur Verfügung gestellt worden seien, sage er nicht die Wahrheit. Die Kommunalaufsicht habe bereits 2011 eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gefordert und dann angemahnt. Erst im Februar 2014 habe Krämer dem Kreis mitgeteilt, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung nun vorliege. „Also über zwei Jahre später“, sagt Peifer und ergänzt: „Uns liegt sie immer noch nicht vor.“ Was die Verbandsgemeinderäte bekommen hätten, ergänzt Fraktionssprecher Spieß, seien Wirtschaftspläne gewesen: „Dass die das Papier nicht wert waren, auf denen sie gedruckt wurden, sehen wir jetzt.“ Der Grundsatzbeschluss für die Projekte sei einstimmig mitgetragen worden, weil damals nicht auf die Risiken hingewiesen worden sei. Bereits 2010 hat der Bürgerblock laut Peifer erste Anfragen zu den Projekten gestellt. Probleme seien stets mit Verzögerungen in der Bauphase begründet worden. Genauere Begründungen habe es nie gegeben. „Selbst auf konkrete Fragen hat es keine Antwort gegeben oder es wurde nicht die ganze Wahrheit gesagt“, sagt Karin Fröhlich-Hensel. So sei, trotz Nachfragen, für Ratsmitglieder bis heute nicht nachvollziehbar, wem das fast verrottete, mittlerweile abtransportierte Stroh, das lange bei Hermersberg lag, wirklich gehört. Die Verträge vorzulegen, hätte genügt. Auch mehrfache Anfragen, wie viel Öl statt Stroh in Hermersberg verheizt werde, seien in der Regel unbeantwortet geblieben. 2012, sagt Peifer, habe es einmal einen Zwischenbericht gegeben. Da waren in den ersten neun Monaten des Jahres 60.000 Euro für Heizöl ausgegeben worden, das in Hermersberg in das Strohheizkraftwerk geliefert wurde. „Es kann sich jeder selbst ausrechnen, wie viel zehntausend Liter Öl das waren und sich die Frage stellen, was da überhaupt noch an Stroh verbrannt wurde“, sagte Peifer. Genauere Zahlen habe es im Nachgang nie mehr gegeben. Die fehlende Transparenz, sagt Spieß, sei eine der Ursachen für die Misere. Wenn Ratsmitglieder nicht informiert würden, ihnen die Wahrheit vorenthalten werde, stelle sich die Frage, ob Beschlüsse überhaupt rechtswirksam seien. „Es ist wichtig, dass wir endlich mal klipp und klar sehen, wo genau die Verluste herkommen, wie es bei jeder Anlage monatlich aussieht“, unterstreicht Weidler. Die gebe es nicht. Stattdessen werde weiter verzögert und taktiert. „Jeder Tag, der verstreicht bis wir eine Lösung finden, kostet uns, das heißt die Bürger, eine Menge Geld“, verdeutlicht Peifer. Die Ortsgemeinden seien finanziell am Ende und handlungsunfähig, Haushaltsdefizite programmiert. Die Aufsichtsbehörde werde „mit Sicherheit“ darauf drängen, Gebühren und Beiträge weiter zu erhöhen, um, wie gesetzlich vorgeschrieben, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Es gehe unausweichlich direkt an die Geldbeutel der Bürger. „Da ist es ein Hohn, dass die, die Solidarität mit Füßen getreten haben, diese Solidarität nun einfordern“, wirft Spieß Krämer vor. Er sei als Verbandsbürgermeister in der Pflicht, Schaden von den Gemeinden abzuwenden. Deshalb müsse der Weg der Sonderumlage zumindest geprüft werden. Eine entsprechende Anfrage habe er an die Kommunalaufsicht gestellt. Mit der Antwort von Landrat Hans Jörg Duppré „kann ich nichts anfangen“, sagt Spieß. Dort heiße es lapidar, wenn die Verbandsgemeinde die Umlageerhöhung beschließe, werde das kommunalaufsichtlich nicht beanstandet. „Das war gar nicht meine Frage“, behält sich Spieß vor, ADD und Innenministerium direkt einzuschalten. Dass nicht mit offenen Karten gespielt werde, zeige sich bei der Erhöhung des Nahwärmepreises. „Die Bürger, die angeschlossen haben, sind geködert worden. Der Preis war von vornherein nicht realistisch“, steht für Peifer fest. Als der Nahwärmepreis angehoben wurde, sei das mit dem hohen Strohpreis begründet worden. Wenn man sehe, wie viel Öl verbrannt worden sei, „passt das doch überhaupt nicht“, sagt Peifer. Auch die Nahwärmenutzer, die darauf vertraut hätten, dass sie bezahlbar Nahwärme beziehen können, „lässt die Verwaltung allein“. Die Frage, ob die Preiserhöhung rechtlich zulässig ist, sei schon bei der Beschlussfassung gestellt worden. Es gab Zweifel, deshalb angeblich ein fachanwaltliches Gutachten. „Das wurde uns bis jetzt nicht vorgelegt“, sagt Peifer, obwohl dies den Fraktionen in der Ratssitzung im April zugesagt worden sei. Weitere Leidtragende seien Mitarbeiter der Verwaltung. „Die Verwaltung ist weder technisch noch personell in der Lage, diese Projekte zu stemmen. Damit überfordert man die Leute und macht sie kaputt“, sieht Spieß die Fürsorgepflicht, die ein Arbeitgeber habe, nicht eingehalten. Es gelte jetzt, unverzüglich Lösungen zu finden, steht für den Bürgerblock fest. Alle Zahlen müssten auf den Tisch. Alleine könne die Verbandsgemeinde das nicht stemmen. Es brauche eine Art Untersuchungsausschuss, der die Sache parteiübergreifend aufarbeite. Der Gemeinde- und Städtebund könnte unterstützend begleiten, schlägt der Bürgerblock vor. (add)

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