Rheinpfalz Regionaler Ausflug in die Biologie

Im Normalfall widmen sich die Westricher Heimatblätter regionalhistorischen Themen. Nun aber befasst sich das Periodikum fachbereichsübergreifend mit der Bedeutung der Mostbirne für die Westpfalz. Der historische Bezug wird zwar nicht gänzlich ignoriert, es kommen aber auch Botaniker, Pomologen oder Gärtner zu Wort.

Die Mostbirne war früheren Generationen ein täglicher Begleiter, sie war dem ländlichen Leben verhaftet. Und dies durchaus im Wortsinne, war sie doch als Obst, Brand, Latwerge und natürlich als Birnenwein täglicher Begleiter der Bevölkerung. Nicht zuletzt deshalb bezeichnet der Schriftleiter der Heimatblätter, Ernst Schworm, den Beerewein im Editorial als Nationalgetränk der Westpfalz. Den Hauptartikel schrieb Jan Fickert, er hatte auch die Redaktion des Heftes übernommen. Der Autor stellt ausführlich das BUND-Pilotprojekt zum Erhalt regionaltypischer Mostbirnen vor. Fickert befasst sich mit der Herkunft des Namens „Saubirne“ und dem Namen „Saubeertal“ im Kreis Kusel, das die Orte Wahnwegen, Hüffler und Schellweiler umfasst. Breiten Raum in Fickerts Text nimmt dann die Untersuchung der alten Mostbirnensorten rund um den Potzberg ein. Der Potzbergler Fickert ist da naturgemäß in seinem Element. Fotos, Statistiken und sehr viel Herzblut fließen ein, kenntnisreich stellt er Initiativen zum Erhalt der Mostbirne vor, nicht zuletzt die von Arnold Göddel aus Wahnwegen ins Leben gerufene Initiative „Lebendiges Saubeertal“. Wer kennt noch die volkstümlichen Namen der Birnen? Wer weiß, dass es in Glan-Münchweiler „Keddebeeere“ oder in Jettenbach „Arschbackebeere“ gab? Wer kennt die „Peersbeer“ vom Sangerhof (Henschtal) oder die „Straßburger Beer“ aus Kappeln? Fickerts Text schiebt auch eine Übersicht über die alten Namen ein. Der ausgewiesene Baumkenner und Naturfotograf Horst Ohliger stellt die Charakterbäume der Westpfalz in Wort und Bild vor. Landschaftsprägende Birnbäume und Baumveteranen mit Stammumfängen über drei Meter bebildern den Aufsatz des Liebsthalers eindrucksvoll. Ernst Segatz aus Quirnbach wiederum befasst sich mit der Wildbirne aus botanischer Sicht, stellt Standorte, Wuchsbedingungen und Verbreitung der Bäume vor. Die volkskundliche Bedeutung der Mostbirne ist Thema von Dieter Zengleins Aufsatz: „Mer esse Beere un trenke Beere un hann noch Beere fer uf’s Brot se schmeere…!“ Eine der ältesten Erwähnungen eines Mostbirnenbaums verortet Zenglein in das Jahr 1357, wo im „Kaiserslauterer Reichsspruch“ ein Wolfsbirnbaum bei Krottelbach als markanter Grenzbaum genannt wird. Obstmühlen und weiteres Kelterwerkzeug längst vergangener Tage werden in dem unterhaltsamen Text ebenso vorgestellt. Abgerundet wird das informative Heft durch Beiträge über die Benennung der Mostbirnensorten (Herbert Ritthaler), die Einteilung der Mostbirnen in Verwechslergruppen (Richard Dahlem), Mostbirnenprojekte in der Westpfalz (Martin Brügghofe) oder die Biodiversität bei Äpfeln und Birnen (Anette Conrad). (kör)

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