Rheinpfalz Redefluss und Rhabarbersaftschorle

Nun sind die Zeiten ja ganz offensichtlich vorbei, in denen es vollkommen reichte, ein Programmheft zu drucken, es in einer gewissen Stückzahl unters Volk zu streuen und dann auf den Kaufreflex der Kulturfreunde zu vertrauen. Veranstaltungshäuser wie das Congress-Forum Frankenthal konkurrieren inzwischen in der Region (und darüber hinaus) um Besucher und um Künstler. Hinzu kommt ein klitzekleines demografisches Problem, das der Beigeordnete und CFF-Geschäftsführer Andreas Schwarz (SPD) so humorvoll wie treffend umschrieb: „Viele der Abonnenten haben ja noch den Umzug vom Feierabendhaus in die Stadthalle mitgemacht.“ Der liegt übrigens mehr als 20 Jahre zurück. Weil jüngeres Publikum fehlt und ein attraktives, abwechslungsreiches Kulturprogramm in der guten Stube der Stadt angesichts knapper Finanzmittel kein reiner Selbstzweck sein darf, muss wohl mehr passieren als das bisher Übliche, um die Hütte voll zu bekommen. Am besten klappt das mit einem Event, wie es neuerdings allüberall heißt. Am Montagabend hatte das CFF ein solches auf die Beine gestellt, um dem geneigten Publikum einen Eindruck der Fülle von Terminen ab September zu verschaffen. Gefolgt waren der Einladung zu dieser kostenlosen Präsentation rund 330 Besucher. Gewiss nicht nur, aber mancher dann gewiss doch auch, angelockt von einem prominenten Namen auf den Plakaten und der Aussicht, dessen Träger am Ende eines kurzweiligen Abends die Hand schütteln zu dürfen: „Christian Chako Habekost stellt die Spielzeit 2015/16 vor“ stand da drauf. Bekommen haben die Leute neben einer fulminanten Schlussviertelstunde mit dem Palatinator vor allem eine ganze Menge Hans-Jürgen Thoma. Dem Leiter der Städtischen Musikschule oblag es, den gefühlt größten Teil des CFF-Programms vorzustellen: die musikalischen Höhepunkte, die Angebote für Kinder. Überwiegend originell, zuweilen schwärmerisch und mit nicht wenig Sendungsbewusstsein verlas Thoma sein weitschweifiges Oeuvre. Wertvolle Informationen, gewiss – man mag den Sinnspruch mit der Kürze und der Würze bei soviel offensichtlichem Fleiß gar nicht bemühen. In die Tasten griff er im Verein mit Tochter Anna-Katharina (Geige), Sängerin Melanie Schlüter und Sohee Oh (Flöte) selbstredend auch noch. Sehr schön! Der als kulturjournalistischer Komplementär hinzugebetene Regionalfernsehredakteur Matthias Böhm warb im stilvoll-feierlichen Bühnenbild mit großer Ausdauer und heiligem Ernst für das anspruchsvolle Theater in der neuen Spielzeit: Ibsens „Volksfeind“ mit Rufus Beck, Zuckmayers „Des Teufels General“ mit Gerd Silberbauer. „Klassiker der Schullektüre“ seien das und deshalb ein „Pflichttermin“ für alle Frankenthaler Pennäler. Ja, und Herr Dr. Habekost? Dem hatte die Dramaturgie des Abends die Vorstellung der drei Termine auf seinem ureigenen Fachgebiet, der Comedy, zugedacht. Und die des Kommentatoren, der wohldosiert bis zu seinem Solo am Ende kleine humoristische Ausrufezeichen setzen durfte: „Was gab’s zu trinken? Rhabarbersaftschorle? Das wird ja eine tolle Spielzeit!“ Seinem Nebenmann Thoma attestierte er freundlich-spitz: „Ihm steht der Drang, Geschichten zu erzählen, auf die Stirn geschrieben.“ Wobei sich Comedian und Pädagoge Chako zufolge näher sind als gedacht: „Beide stelle sich vor die Leit, mache de Aff’ und hoffe, dass es was bringt.“ Hoffen, dass es was bringt – das dürfen die Programmplaner im Congress-Forum mit ihrem neuen Konzept der Eigenwerbung ganz gewiss. Sanfter Tadel sei erlaubt: Ein bisschen länglich war’s mit fast zwei Stunden bis zum „Meet & Greet“ mit Christian Habekost – also bis zur Chance, den Stargast kurz zu begrüßen, vielleicht ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Und: Ein bisschen mehr Bezug zur Spielzeit darf ruhig sein. Warum nicht eine kurze Passage aus einem der Theaterstücke rezitieren? Warum nicht einen kurzen Ausschnitt aus dem Barbier von Sevilla zeigen? Denn: lesen, das können Kulturinteressierte zur Not auch selbst.

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