Rheinpfalz Notaufnahmen in Not

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Ärzte in den Kliniken entlasten. In Mannheim wird geprüft, was man verbessern kann
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Ärzte in den Kliniken entlasten. In Mannheim wird geprüft, was man verbessern kann.

«Mannheim.» Wenn es bei einem medizinischen Notfall um Leben und Tod geht, ist Tempo gefragt. Rettungsdienst und Notfallaufnahme der Kliniken haben immer mehr mit Patienten zu kämpfen, die gar keine Notfälle sind. „Das ist in Mannheim nicht anders“, sagt Andreas Pitz. Der Professor für Gesundheitsrecht an der Hochschule Mannheim berichtete bei einer öffentlichen Diskussionsrunde im Ratssaal über eine schockierende Entwicklung. Die Frage, um die sich der Abend drehte: Wer hilft im Notfall? Statt den ärztlichen Bereitschaftsdienst als „Hausarzt außerhalb der üblichen Öffnungszeiten“ unter der bundesweit einheitlichen Nummer 116117 anzurufen, würden die meisten die 112 wählen oder sich gleich selbst als Patient in einer Kliniknotaufnahme vorstellen. „Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass die 116117 und die Existenz von Notfallpraxen vor Ort vielen nicht bekannt ist“, meint Pitz und weist darauf hin, dass in Mannheim neben einem Allgemeinmediziner stets ein Kinder- und ein Augenarzt in Bereitschaft seien. Diese Notfallpraxis der Kassenärzte befindet sich in Haus 2 des Universitätsklinikums unmittelbar neben der Notaufnahme. Für das Uniklinikum bestätigt dessen Medizinischer Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes, dass in 60 bis 65 Prozent der Fälle, in denen Menschen die Notaufnahme ansteuern, eine ambulante Versorgung ausreiche. „Doch wer kommt, kommt als Patient und hat das Recht, angeschaut zu werden“, sagt er. Können Integrierte Notfallzentren, wie sie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorschlägt, Rettungsdienste und Notaufnahmen künftig personell und finanziell entlasten? „Allein in Baden-Württemberg steigen die Kosten der Notfallversorgung jährlich um 15 Prozent. Im Moment liegen wir bei 535 Millionen Euro pro Jahr, der Zuschuss des Landes ist mit zwei Millionen Euro unverändert geblieben“, sagt Andreas Schott, stellvertretender Rettungsdienstleiter des Roten Kreuzes. Zwar würde im seit Januar 2019 geltenden neuen Rettungsdienstbereich Mannheim die Hilfsfrist von 15 Minuten in 97 Prozent der Fälle eingehalten. Die Mitarbeiter seien leistungsbereit, aber am Limit. Sowohl sie als auch die Ärzte in den Klinik-Notaufnahmen will Spahn entlasten. Aufgabe einer künftigen zentralen medizinischen Notfall-Leitstelle wäre es, Patienten nach einer ersten Einschätzung der passenden Versorgung zuzuweisen. Diese könnte in Mannheim an die Integrierte Leitstelle in der Hauptfeuerwache angebunden werden. „Es wird wohl darauf hinaus laufen, dass dort 112 und 116117 zusammenlaufen“, glaubt Marco von Fürstenberg, Notfalldienstbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Technisch kein Problem. „Wir haben auf Vorrat gebaut“, sagt Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). Ein weiterer Kernaspekt von Spahns Reformidee, wonach nur noch bestimmte Kliniken Notfallpatienten aufnehmen, stieß hingegen auf Ablehnung. Das Uniklinikum könne dies aus Gründen der Platz- und Personalkapazität gar nicht leisten, erklärt Hennes. „Wir werden die Planung auf Bundesebene nur schwer beeinflussen können, aber wir müssen schauen, dass diese nicht am Menschen vorbei geht“, meint CDU-Stadtrat Steffen Ratzel. Eine solche Zentralisierung möge andernorts zwar passen. In Mannheim jedoch nicht.

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